Von: ka
Bozen – Wenige Veranstaltungen trafen auf so viel Publikums- und Leserinteresse wie „Fleischersatzprodukte: vom Wurm bis zum Laborfleisch“. Angesichts der Tatsache, dass es um Laborfleisch ging und kaum ein anderes Thema das Südtiroler Selbstverständnis und die heimische Kultur – man denke nur an den Speck – so stark berührt wie dieses, ist das auch wenig verwunderlich.
Auch wenn bei den Diskussionen reges Interesse am „neuen Fleisch“ herrschte und es viele Vorteile hat – neben der Vermeidung von Tierleid fällt vor allem der im Vergleich zur herkömmlichen Fleischerzeugung der sehr geringe Flächen- und Wasserbrauch auf –, dürfte das Laborfleisch es schwer haben, die Herzen der Südtiroler zu gewinnen. Die meisten Südtiroler lieben das klassische Fleisch. Gerade im Sommer und insbesondere während Fußballwelt- und -Europameisterschaften brutzelt es landauf, landab auf den Grillgittern.
Bei den ganzen Diskussionen darf auch nicht vergessen werden, dass viele einheimische Bauern, die für die Fleischerzeugung bestimmte Tiere halten, sich redlich um das Tierwohl bemühen. Diese Landwirte wollen zu Recht nicht mit den riesigen Großmastbetrieben, die auf industrielle Art und Weise Fleisch erzeugen, in einen Topf geworfen werden. Indem den einheimischen Bauern eine Erwerbsgrundlage geschaffen wird, unterstützen die Kunden zudem die heimische Berglandwirtschaft.
Aus vielen Gründen kann die Einführung von Laborfleisch nur begrüßt werden. Zugleich gilt bei den Fleischliebhabern für Fleisch und Fleischwaren zu werben, das nach den Prinzipien des Tierwohls erzeugt wird. Statements wie „Die Menschheit hat eine regelrechte Tötungsindustrie entwickelt“ mögen aus rein sachlicher Sicht zwar stimmen, tragen aber nur dazu bei, die Fronten weiter zu verhärten.
Der in den sozialen Netzwerken herrschende „Krieg“ zwischen militanten Fleischessern auf der einen sowie Vegetariern und Veganern auf der anderen Seite, wobei letztere ihre scheinbare moralische Überlegenheit wie eine Monstranz vor sich hertragen, verstellt den Blick auf einen „dritten Weg“, den ein geringerer und ressourcenschonender Fleischkonsum kennzeichnet. Ein solcher könnte auch viele Südtiroler für neue Fleisch-Wege begeistern.