Gletscherschwund im Osten stärker ausgeprägt

Südtirols Gletscher schrumpfen rasant: Zwei bereits verschwunden

Donnerstag, 20. März 2025 | 12:23 Uhr

Von: luk

Bozen – Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2025 zum Internationalen Jahr der Erhaltung der Gletscher erklärt und den 21. März zum Welttag der Gletscher. Damit soll weltweit auf die fundamentale Rolle der Gletscher im globalen Klimasystem und ihre Bedeutung für den Wasserkreislauf hingewiesen werden. “Im Laufe dieses Jahres werden zahlreiche internationale, aber auch nationale und lokale Veranstaltungen die Aufmerksamkeit auf diese Themen lenken. In Südtirol werden zahlreiche Initiativen vom Landesamt für Hydrologie und Stauanlagen in der Agentur für Bevölkerungsschutz, der für Glaziologie zuständigen Stelle des Landes Südtirol, koordiniert”, fasst der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz Klaus Unterweger zusammen: Dazu gehört etwa die Neuauflage der Wanderausstellung Goodbye Glaciers, die in Zusammenarbeit mit Eurac Research, der Universität Innsbruck und dem Museum der Wissenschaften Muse in Trient erstellt wurde und im Sommer in Trient, Bozen und Innsbruck zu sehen ist. Zudem wurde der Weißbrunnferner symbolisch in die weltweite Liste der Opfer des Klimawandels aufgenommen: glaciercasualtylist.rice.edu. Im Ultental wird ein Lehrpfad eingerichtet, der sich mit der von den Gletschern geformten Landschaft und ihrer jüngsten Entwicklung befasst.

“Gletscher sind Seismographen für den Klimawandel”, sagt Landeshauptmann und Bevölkerungsschutzlandesrat Arno Kompatscher und verweist auf Südtirols Klimaplan 2040: “Der Klimaplan ist ein wichtiger Wegweiser für eine zukunftsfähige Entwicklung. Er verknüpft zentrale Lebensbereiche wie Energie, Verkehr und Landwirtschaft auf dem Weg der notwendigen Veränderungen. In einem gemeinsamen gesellschaftlichen Prozess wird er kontinuierlich weiterentwickelt, damit wir unser Ziel, in 15 Jahren klimaneutral zu sein, auch erreichen.”

Neues Südtiroler Gletscherinventar

“Seit dieser Woche liegen die vorläufigen Ergebnisse des neuen Südtiroler Gletscherinventars 2023 vor”, berichtet der Direktor des Landesamtes für Hydrologie und Stauanlagen Roberto Dinale: “Erstellt hat ihn der österreichische Glaziologe Stephan Galos im Auftrag des Landesamtes für Hydrologie und Stauanlagen, ausgehend von zwischen dem 7. und 9. September 2023 aufgenommenen Luftaufnahmen und vor allem aus den Orthofotos und dem daraus abgeleiteten digitalen Geländemodell. Gleichzeitig wurden auch die Daten von 1997, 2005 und 2017 überarbeitet.”

Der Weißbrunnferner veranschaulicht den Zerfall der Gletscher in Südtirol. Der meiststudierte Gletscher in Südtirol zeigt sehr große Änderungen in wenigen Jahren – zum Vergleich Aufnahmen aus den Jahren 1983, 2020 und 2024 – und wurde in die Liste der Opfer des Klimawandels aufgenommen. (Fotoserie: LPA/Landesamt für Hydrologie und Stauanlagen in der Agentur für Bevölkerungsschutz)

Im Jahr 2023 hat sich die Fläche der Südtiroler Gletscher auf 72 Quadratkilometer reduziert, während sie 2017 noch 85,9 Quadratkilometer und 1997 122 Quadratkilometer betrug, was eine Flächenreduktion von 16,2 beziehungsweise 41,0 Prozent bedeutet. Der Rückgang der Gletscherflächen hat seit 2003 rasant zugenommen, in den vergangenen zehn Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit. Und das, obwohl sich die Gletscher in immer höhere Lagen zurückziehen, was darauf hindeutet, dass sie von einem Gleichgewicht weit entfernt sind.

Zwei Gletscher sind bereits verschwunden

Der Gletscherschwund ist in ganz Südtirol signifikant, aber im Osten stärker ausgeprägt, wo die Gletscher im Durchschnitt dünner und weniger strukturiert sind als im Westen. Die einzige Ausnahme bildet die Texelgruppe, wo sehr kleine Gletscher schneller auf den Klimawandel reagieren. Genau in diesen Gebieten hat der neue Gletscherkataster auch das Verschwinden zweier Gletscher offiziell festgehalten: des Rotsteinferners in der Rieserfernergruppe und des Blaulackferners im Zieltal. Das Schwinden der Gletscher geht mit ihrer fortschreitenden Fragmentierung einher und mit einem Anstieg der Anzahl der Gletscherteile von 325 im Jahr 1997 auf 549 im Jahr 2017 und auf 729 im Jahr 2023 sowie einem Anstieg des Anteils der Gletscherfläche in der kleinsten Größenklasse (unter 0,1 Quadratkilometer) von 5 Prozent (1997) auf 10 Prozent (2023).

Die Zunahme der Schuttbedeckung der Gletscher ist ebenfalls offensichtlich, was auch mit Hilfe der neuen Fernerkundungsmethoden von Eurac Research ermittelt wurde. Die größten Masseverluste treten auf Gletschern mit geringerer Schuttbedeckung auf. Die durchschnittliche Masseabnahme der Südtiroler Gletscher seit dem letzten Inventar im Jahr 2017 beträgt minus 8,7 Meter, das sind etwa minus 1,4 Meter pro Jahr. Der Obere Ortler Ferner, der höchstgelegene Gletscher Südtirols, hat in nur sieben Jahren einen Masseverlust von nicht weniger als 5,1 Meter erfahren.

Bezirk: Bozen

Kommentare

Aktuell sind 30 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen