Von: ka
Rom – In Rom geht es bereist seit zwei Monaten drunter und drüber, aber seit einigen Tagen ist es noch komplizierter. Seitdem ein Gericht das Ämterverbot von Silvio Berlusconi aufgehoben hat, schwebt der „politische Schwiegeropa“ noch stärker als je zuvor als Damoklesschwert über die Regierungsverhandlungen. Vor wenigen Tagen hat er noch zähneknirschend zugestimmt, seinem „politischen Ziehsohn“ Salvini beim Versuch mit der Fünfsternebewegung eine Regierung zu bilden, keine Steine in den Weg zu legen, aber seit er nun seiner Wählbarkeit gewiss ist, will er wieder selbst das Ruder übernehmen. Trotz all dieser Hindernisse gelang es Salvini und Di Maio dennoch in letzter Minute, sich auf einen Entwurf für ein gemeinsames Regierungsprogramm zu einigen.
Aber die junge Liebe hat nicht nur im Inland Gegner. Argwöhnisch wacht die Europäische Union über die italienische Regierungsbildung. Di Maio und Salvini brachten in einem ersten Programmentwurf all ihre Wünsche und Träume wie Flat Tax und das vom M5S reddito di cittadinanza genannte Bürgergeld unter, während das politische Paar in spe zugleich die Fornero-Rentenreform zurücknehmen will. Alles in allem würden diese Wünsche Dutzende von Milliarden Euro kosten. Diese Milliarden gibt es aber nicht. Weit über Italien hinaus für besonders großes Stirnrunzeln sorgt die Forderung der beiden, dass die von Draghi geführte Europäische Zentralbank für 250 Milliarden Euro staatliche Schuldverschreibungen einfach „löschen“ solle.
Solches Ansinnen löst in Brüssel und Frankfurt nur Kopfschütteln aus. Mehrere EU-Kommissare ermahnten bereits die Verhandler und erinnerten sie an ihre hohe Verantwortung. Angesichts von mehr als 2.300 Milliarden Euro Staatsschulden und den strengen europäischen Regeln, dürften – sofern es über den Entwurf hinaus überhaupt zu einer gelb-grünen Regierung kommt – hehre Wünsche teure Träume bleiben.
Nichts ist so hart und desillusionierend wie die trübe Realität.