Von: mk
Bozen – Der Fachbeirat für den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen hat bei seiner ersten Sitzung im neuen Jahr den vom Leiter des diözesanen Dienstes Gottfried Ugolini vorgelegten Jahresbericht begutachtet und das Projekt „Mut zum Hinsehen“ besprochen, dessen Umsetzung in den kommenden Wochen beginnt. Laut Jahresbericht sind 2022 bei der diözesanen Ombudsstelle 13 Meldungen zu innerkirchlichen Gewalterfahrungen eingegangen.
Der diözesane Dienst für den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen fördert und unterstützt die Präventionsmaßnahmen in der Diözese. Geleitet wird der Dienst vom Priester und Psychologen Gottfried Ugolini, der von einem interdisziplinären Fachbeirat beraten wird. Der Fachbeirat, der sich aus kircheninternen und kirchenexternen Mitgliedern zusammensetzt, trifft sich monatlich. Bei der ersten Arbeitssitzung im neuen Jahr, an der auch Diözesanbischof Ivo Muser und Generalvikar Eugen Runggaldier teilgenommen haben, standen sowohl ein Rückblick auf die Tätigkeit des Dienstes im Jahr 2022 als auch eine Vorausschau auf die anstehenden konkreten Projekte auf dem Programm.
Wie Dienstleiter Gottfried Ugolini berichtete, war seine Arbeit 2022 von der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema „Aufarbeitung und Prävention“ geprägt. Zwei Veranstaltungen mit dem von P. Hans Zollner geleiteten römischen Institut für Anthropologie haben dazu geführt, dass das Konzept für das Projekt „Mut zum Hinsehen“ auf den Weg gebracht werden konnte. Unter der Leitung von Dr. Peter Beer werden zurzeit die nötigen Vorbereitungen für dessen baldige Umsetzung getroffen.
Aufklärung, Aufarbeitung und Prävention im Projekt „Mut zum Hinsehen“
„Im Vergleich zu anderen bisherigen Ansätzen, zielt dieses Projekt auf einen Veränderungsprozess, der von einer Zukunftsvision ausgeht. Diese Vision erfordert einen ehrlichen Blick in die Vergangenheit kirchlicher und gesellschaftlicher Lebens- und Rahmenbedingungen, die Missbrauch ermöglicht, gefördert und vertuscht haben“, erklärt Ugolini. Die Diözese stellt sich mit dem vom Safeguarding-Institut von P. Hans Zollner ausgearbeiteten Konzept dem Machtmissbrauch und der sexualisierten Gewalt mit drei Ansätzen: Aufklärung, Aufarbeitung und Prävention. Die Durchführung des Projektes wird zwei bis drei Jahre dauern und geschieht in allen kirchlichen Bereichen, also in Pastoral, Bildung, Caritas und Verwaltung. Im Blick auf die Zukunft werden für die Prävention konkrete und wirksame Maßnahmen in allen Bereichen gemeinsam erarbeitet und umgesetzt.
Das Projekt ist ziel- und aufgabenorientiert angelegt mit einer möglichst breiten Beteiligung. Durch die Begleitung des Institutes von P. Zollner soll eine transparente und kompetente Arbeitsweise gewährleistet werden. Neben einer Steuerungsgruppe und den Projektgruppen in den einzelnen kirchlichen Bereichen ist ein externer Projektbeirat vorgesehen. Dieser besteht ausschließlich aus externen Personen aus verschiedenen fachlichen und gesellschaftlichen Bereichen. Die Bildung des Projektbeirates erfolgt in den nächsten Monaten.
Ombudsstelle: 13 Meldungen im Jahr 2022
Gottfried Ugolini berichtete auch, dass sich im abgelaufenen Jahr 16 Personen an die diözesane Ombudsstelle gewandt haben und 13 Meldungen zu innerkirchlichen Gewalterfahrungen gemacht worden sind. An die Ombudsstelle können sich jene Personen wenden, die innerhalb der Kirche einen Missbrauch durch einen Kleriker, einen Ordensmann, eine Ordensfrau oder durch eine im Dienst der Diözese stehende Person erlitten haben. Ombudsfrau ist seit 2018 Maria Sparber. Wie aus dem Jahresbericht hervorgeht, waren von den Menschen, die sich an die Stelle gewandt haben, acht Betroffene, während die übrigen Personen von Erfahrungen anderer berichteten oder einen Verdacht äußerten. Ein Verdachtsfall betraf eine aktuelle Situation. Alle anderen Fälle liegen weit zurück. Beschuldigt wurden sechs Diözesanpriester, fünf Ordenspriester und zwei Ordensfrauen. Die Diözese und die Ordensgemeinschaften wurden jeweils informiert. Beim aktuellen Verdachtsfall handelt es sich um unangemessenes Verhalten, entsprechende Maßnahmen wurden von den Verantwortlichen in die Wege geleitet.
Fachbeirat arbeitet an Vereinbarung mit Staatsanwaltschaft
Der Fachbeirat selbst hat im vergangenen Jahr mit der Standardisierung der Verfahrensweisen der Ombudsstelle begonnen und an einer Vereinbarung zur Zusammenarbeit der Diözese mit der Staatsanwaltschaft gearbeitet. Diese soll bis Mai vorliegen und hat eine rasche und unbürokratische Beratung bei unklaren und unvollständigen Meldungen zum Inhalt, damit entsprechend den rechtlichen Vorgaben vorgegangen werden kann.