Geht's nicht ohne Alkoholexzesse und Gewalt? – ein Kommentar

Was ist mit Südtirols Jugend los?

Donnerstag, 30. Januar 2025 | 01:17 Uhr

Von: ka

Bozen – Was waren das für Zeiten, als der Schreiber dieser Zeilen vor mittlerweile 35 Jahren seinen Maturaball feierte. Es brauchte weder einen Ordnungsdienst noch ein massives Aufgebot medizinischer Rettungskräfte. Es kamen nur so viele Gäste, meistens Angehörige und Freunde der Maturanten, wie der Saal vertrug. Die wenigen, die zu viel Flüssiges erwischt hatten, trugen ihren Rausch entweder stolz allein nach Hause oder wurden von ihren Eltern abgeholt. Für die schlimmen Fälle genügten zwei (!) Freiwillige der „Weißn“.

Wir jungen Tupfer waren fürwahr keine Heiligen, aber uns allen war bewusst, dass bei „Problemen“ welcher Natur auch immer unser Ziel, unsere Maturareise zu finanzieren, sich in Luft auflösen würde. Aber es lief alles glatt! Ohne auch nur eine Lira aus dem eigenen Sack hernehmen zu müssen, brachen wir für eine Woche nach Paris auf.

Quästur

Aber Maturaball 1990 und Maturaball 2025 scheinen zwei ganz verschiedene Bälle zu sein. Es ist vermutlich nur den Ordnungs- und Rettungskräften und nicht zuletzt der auf Anordnung des Quästors Paolo Sartori erfolgten Räumung des Saals zu verdanken, dass es zu keiner Tragödie kam. Ein Ballabend mit betrunkenen Jugendlichen, die einen Kordon aus Polizei, Carabinieri und Security-Personal zu durchbrechen versuchen, einer sich anbahnenden Schlägerei mit zerbrochenen Glasflaschen im Saal und einer zusammengebrochenen Minderjährigen auf der Toilette spricht Bände.

Den strengen Worten des Quästors – Die Schuld tragen die Veranstalter durch Improvisation und mangelnde Professionalität sowie das gewaltbereite Verhalten der Jugendlichen, von denen viele noch minderjährig sind – ist leider nichts hinzuzufügen. Wer von den Organisatoren des Maturaballs so „schlau“ gewesen war, mehr Tickets zu verkaufen, als Personen im Saal Platz finden können, werden die polizeilichen Ermittlungen weisen. Wie viel und vor allem an welchen Personen Alkohol ausgeschenkt wurde, werden Gegenstand derselben Untersuchungen sein.

Alto Adige

Es bedarf wenig Fantasie, um sich auszumalen, dass die Veranstalter viele unbequeme Fragen beantworten müssen. Welches Ziel die veranstaltenden Maturaklassen mit ihrem „Ball“ auch immer verfolgt haben sollten, sie können es abhaken: Der Maturaball im Forum Brixen war ein einziges Fiasko.

Zugleich muss man sich fragen, was mit Südtirols Jugend los ist. Nicht erst seit einigen Exzessen in Bozen und andernorts und dem brutalen Angriff auf einen 18-Jährigen in Brixen wundert man sich, ob es noch möglich sei, Feste ohne Alkoholexzesse und Gewalt zu feiern.

Der Quästor und wahrscheinlich auch die Justiz werden hart durchgreifen, aber dies wird nicht viel bringen, wenn Südtirol nicht imstande ist, wieder zu einer echten Fest- und Ballkultur zurückzukehren. Wenn dies nicht gelingen sollte, ist es besser, um „Bälle“ einen weiten Bogen zu machen.

Bezirk: Bozen

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