Von: mk
Bruneck – Emanuel Plaickner, genannt „Petz“, leidet seit seiner Geburt, genauso wie seine kleine Tochter, an der Glasknochen-Krankheit. Die Geschichte eines zwar oft beschwerlichen, aber doch von Optimismus geprägten Alltags.
„Petz“ und seine Lebensgefährtin Franziska sind ein echtes Powerpaar: Trotz ihres nicht einfachen Alltags strahlen sie Humor und Tatendrang aus – „was will man machen, lange darüber nachdenken, warum das Leben so und nicht anders ist, bringt nix“, meint Petz lapidar.
Als er zur Welt kam, waren die Eltern bereits mit der Erkrankung Glasknochen-Krankheit Osteogenesis imperfecta vertraut, da auch seine zwei Jahre ältere Schwester bereits darunter litt. „Menschen mit dieser Erkrankung haben extrem anfällige und teilweise verbogene Knochen, aber auch Gelenke und z.B. Zähne, es fehlt an Kollagen, das die Knochen zusammenhält. Meine Knochen sind wie aus Glas, eine Behandlung ist leider nicht möglich“, erklärt der Pusterer, der seit vielen Jahren im Rollstuhl sitzt. Was andere locker wegstecken, z.B. einen kleinen Sturz, eine heftige Umarmung, das kann bei Menschen mit diesem Krankheitsbild zu Knochenbrüchen führen. Unzählige Male waren Petz und seine Schwester, aber auch die fünfjährige Tochter Xena, die dieselbe Erkrankung hat, in den Krankenhäusern. „Manchmal nur für einen Gips, manchmal auch für Operationen. Dazu kommen immer wieder Zahnbehandlungen, Operationen am Gehör usw.“
Wilde Jugendzeit – trotz Erkrankung
Für die Eltern von Petz und seiner Schwester war es damals ein großes Glück, dass sich unter seiner Verwandtschaft ein Arzt befand – „der hat recherchiert und recherchiert und war uns eine wertvolle Stütze.“ Im Kindes- und Jugendalter folgten die meisten Brüche, zum einen, weil die Knochen im Wachstum sind, zum anderen, weil Petz natürlich seinen Freunden in nichts nachstehen wollte: „Ich habe alles gemacht, außer Skifahren, war mit dem Rollstuhl auf der Halfpipe, denn ich wollte leben – und habe manchmal auch draufgezahlt. Meine Eltern wissen bis heute nicht alles, aber das ist auch gut so…“
Besonders dankbar erinnert sich Petz an einen mittlerweile pensionierten Arzt im Krankenhaus Bruneck im Südtiroler Sanitätsbetrieb zurück, der immer als Ansprechpartner fungierte und mit der Zeit ein sehr großes Wissen zur Krankheit erwarb: „Wenn wir in die Notaufnahme kamen, wurde sofort Severino Pizzinini gerufen, er wusste wie kein anderer damals über unser Krankheitsbild Bescheid.“
“Man muss jemanden haben, mit dem man reden kann”
Heute sieht Petz dies auch von der Warte eines liebenden Vaters aus: „Ich bin sehr froh, dass wir im Krankenhaus Bruneck auch heute noch sehr gut betreut werden. Orthopäde Hubert Agreiter und seine Kollegen aus dem Gesundheitsbetrieb sind spitze, er selbst hat sich regelrecht in die Krankheit ‚reingefuchst‘ und wir können ihn immer sofort rufen, wenn wir ins Krankenhaus müssen.“ Nicht jeder Arzt würde das seltene Krankheitsbild kennen und falls ja, kommt für Petz und seine Lebensgefährtin noch etwas dazu: „Wir haben viele kompetente Fachleute erlebt, denen es jedoch an Menschlichkeit fehlte. Man muss einfach jemanden haben, mit dem man reden kann!“ Auch Reha-Arzt Konrad Steinhauser ist für die Familie immer erreichbar und hat sich weit über seine Rolle hinaus eingesetzt. Ein Handyanruf auch am Wochenende – und Steinhauser kümmert sich darum), dass es der kleinen Xena gut geht, etwas, das beide Eltern sehr zu schätzen wissen.
Eine selten dominante Form der Krankheit
Lebensgefährtin Franziska, selbst als Physiotherapeutin tätig, erklärt, dass Xena eine seltene dominante Form der Krankheit hat. Doch zu viel schonen wollen die Eltern das aufgeweckte Mädchen nicht: „Auch wenn es mich manchmal traurig macht, dass sie nicht alles tun kann, so versuchen wir doch, ihr so viel wie möglich zu erlauben, damit sie mit den anderen Kindern mithalten kann. Ein schmaler Grat, denn wir müssen natürlich trotzdem etwas vorsichtig sein“, so Franziska. So wurde für Xena ein eigenes Tri-Ride angekauft, damit sie mobiler ist, damit kann sie mit dem Papi um die Wette flitzen. Petz selbst ist mittlerweile ein erfahrener alter Hase auf dem Bike, heuer im Sommer führte ihn eine Tri-Ride-Reise sogar bis nach Jesolo. Die Förderungen für derartige Hilfsmittel seien super, so Petz, aber die Bürokratie, bis es so weit sei, sei manchmal belastend. „Dazu kommt, dass es keine zentrale Anlaufstelle gibt, wenn ich jetzt z.B. durch unsere zwei Rollstühle ein neues Auto brauche, heißt es von Pontius zu Pilatus pilgern…“
Petz, der seine Frau auf dem Rockfestival „Rock im Park“ in Nürnberg kennen gelernt hat, sieht es aber, wie es seine Art ist, positiv: „Je blöder es geht, desto mehr schweißt das zusammen.“ Und zeigt auf, wie für ihn und seine Familie ein perfekter Tag aussieht: „Wenn wir abends alle im Bett sind und keiner hat sich weh getan, dann war’s ein guter Tag!“
Begegnungen – unter diesem Titel stellt der Südtiroler Gesundheitsbetrieb seit Juli 2023 regelmäßig Patientengeschichten vor, die aufzeigen, welche Schicksale und Wendungen Menschen in ihrer gesundheitlichen Betreuung erfahren. Alle portraitierten Personen haben sich gerne bereit erklärt, über ihre Leidensgeschichte zu sprechen, und in einfühlsamer Art wurden mit allen wertvolle Gespräche geführt. Die Geschichten sollen anderen Betroffenen Mut machen und aufklären.