Von: mk
Bozen – 24 Gesellschaften nimmt die Finanzpolizei von Cremona derzeit unter die Lupe. Zwölf Personen wurden in Untersuchungshaft ins Gefängnis oder in den Hausarrest überstellt. Ermittelt wird gegen eine mutmaßliche kriminelle Bande, der schwerwiegende Wirtschaftsvergehen vorgeworfen werden. Neben Ermittlern aus Brescia, Bergamo, Padua, Verona, Treviso und Como ist auch die Bozner Finanzpolizei an der Operation beteiligt.
Insgesamt geht es um falsche Rechnungen in Höhe von 61 Millionen Euro, um Scheingutschriften in Höhe von sieben Millionen Euro und um Geldwäsche von fünf Millionen Euro.
Die Betroffenen dürfen derzeit keine unternehmerischen Tätigkeiten mehr durchführen. Die Untersuchung wird von der Staatsanwaltschaft von Brescia geleitet. Der Ermittlungsrichter erkannte die Existenz schwerwiegender Indizien an, dass sich eine kriminelle Vereinigung rund um einen Unternehmer aus Rudiano in der Provinz Brescia gebildet hat, der von einer heimlichen Zentrale aus in Urago d’Oglio – ebenfalls in der Provinz Brescia – agierte.
Die Vereinigung soll die Fäden hinter mehreren Gesellschaften gezogen haben, die von Strohmännern geleitet wurden und deren Firmensitze auf Adressen ausgestellt wurden, die es in Wirklichkeit nicht gab. Entworfen wurde ein komplexes Betrugssystem, in dessen Rahmen Firmen falsche Rechnungen für nicht erbrachte Dienstleistungen ausstellten.
Andere Unternehmen, die zum Netzwerk gehörten, waren hingegen tatsächlich als Baufirmen tätig. Diese beschäftigten Hunderte von Bauarbeitern, deren Sozialversicherungsbeiträge und einbehaltene Einkommenssteuer in betrügerischer Absicht an den Fiskus abgeführt und mit nicht existierenden Mehrwertsteuergutschriften in Höhe von 5,5 Millionen Euro verrechnet wurden. Diese waren wiederum mit Hilfe gefälschter Rechnungen für „konzerninterne“ Transaktionen in Höhe von 30 Millionen Euro künstlich erzeugt worden. Weitere Firmen waren eigens gegründet worden, um die angehäuften illegalen Erlöse zu waschen.
Die Ermittlungen waren nach mehreren Steuerprüfungsverfahren von Unternehmen in der Provinz Cremona ins Rollen gekommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die kriminelle Bande seit 2018 vor allem in der Umgebung von Cremona, Brescia, Bergamo und Verona aktiv war.
Jedes Mitglied der Bande soll jeweils eigene Aufgaben übernommen haben, doch das Sagen hatte wohl der Unternehmer aus Rudiano, der als Kopf der Bande gilt. Eine Frau aus Campagnola Cremasca in der Provinz Cremona soll in einem geheimen Büro in Antegnate in der Gegend von Bergamo die Führung der Konten der insgesamt 21 Firmen innegehabt haben, indem sie auf die Namen der Strohmänner zurückgriff.
Sie soll auf Basis erhaltener Aufträge mehrere Geldwäschetransaktionen durchgeführt haben, die darin bestanden, 1,6 Millionen Euro an eine Immobiliengesellschaft in Cremona zu überweisen, und 200.000 Euro an eine weitere Gesellschaft der mutmaßlichen Bande, die speziell für den Kauf und die Vermietung von Luxusautos gegründet worden war. 70.000 Euro wurden für die Gründung eines Unternehmens im Zentrum von Verona überwiesen, während um 204.000 Euro Rolex-Uhren in einem Geschäft in Brescia für den Boss der Organisation gekauft wurden. Ein 15 Meter langes Motorboot im Wert von rund 100.000 Euro wurde auf eine der beteiligten Baufirmen eingetragen, benutzt wurde es aber ausschließlich vom Kopf der kriminellen Bande.
Die Tochter soll für die Ausstellung der gefälschten Rechnungen für niemals durchgeführte Dienstleistungen persönlich zuständig gewesen sein, während weitere Mitglieder die Koordinierung der Strohmänner oder selbst die Verwaltung mehrerer Unternehmen übernahmen.
Die Ermittlungen ergaben auch, dass ein Geschäftsmann aus Adro in der Provinz Brescia der tatsächliche Verwalter zweier Baufirmen war, die von Strohmännern geführt wurden. Er soll Rechnungen für nicht durchgeführte Tätigkeiten in Höhe von 26 Millionen Euro ausgestellt haben, um Mehrwertsteuer in Höhe von 3,5 Millionen Euro zu hinterziehen und um Ausgleichszahlungen für Arbeitnehmerbeiträge in Höhe von 1,5 Millionen Euro unrechtmäßig zu beanspruchen. In diesem Fall sollen die angehäuften illegalen Einkünfte durch die Überweisung von drei Millionen Euro an eine österreichische Gesellschaft und eine weitere in der Provinz Padua gewaschen worden sein. Die Unternehmen wurden von zwei Italienern geleitet, die ursprünglich aus den Provinzen Padua und Treviso stammen, aber in Österreich ansässig sind.
Derzeit werden mehrere Büros und Wohnungen in den Provinzen Brescia, Bergamo, Cremona, Padua, Treviso, Verona und in Südtirol mit Hilfe von Spürhunden durchsucht, die verstecktes Schwarzgeld wittern sollen, das in bar aufbewahrt wird. Die Ermittler haben insgesamt 23 Immobilien, 21 Fahrzeuge, ein Boot, 30 Konten, Bargeld und mehrere Luxusuhren im Wert von insgesamt 15 Millionen Euro beschlagnahmt.