Österreichs Bevölkerung weist riesige Impflücke bei Keuchhusten auf

Zusammenhang zwischen Keuchhusten und plötzlichem Kindstod

Montag, 24. Februar 2025 | 09:30 Uhr

Von: apa

Erstmals haben Wissenschafter einen Zusammenhang zwischen Keuchhusten und plötzlichem Kindstod bei Babys aufgezeigt. Die Ergebnisse stammen aus einem Langzeit-Vergleich der Häufigkeit der potenziell lebensgefährlichen Infektion zwischen deutschen Bundesländern mit hoher und niedriger Pertussis-Impfrate. Österreichische Experten haben erst vor kurzem große Lücken beim Schutz gegen Keuchhusten beklagt.

“Der plötzliche Kindstod ist weltweit eine der Hauptursachen für den Tod von Säuglingen, auch wenn die Zahlen in vielen Ländern über die letzten Jahrzehnte deutlich zurückgingen. Gefährdet sind Babys im ersten Lebensjahr, besonders in den ersten sechs Monaten. Die genaue Ursache für den plötzlichen Kindstod ist bisher nicht bekannt”, schrieb vor kurzem das Deutsche Ärzteblatt.

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit – für das deutsche Bundesland de facto vergleichbar mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in Österreich – hat eine Analyse der Krankenhauseinweisungen von Säuglingen infolge von Keuchhusten (Pertussis) für den Zeitraum zwischen 1980 und 2020 durchgeführt. Dabei wurden von der Epidemiologin Jacqueline Müller-Nordhorn vom Institut für Sozialmedizin der Berliner Universitätsklinik Charité und ihren Co-Autoren auch Daten aus der damaligen DDR und aus Westdeutschland sowie später aus Gesamtdeutschland nach der Wiedervereinigung berücksichtigt.

Infektionen können bei SIDS eine Rolle spielen

“Infektionen können beim Auslösen des plötzlichen Kindstods (SIDS) eine Rolle spielen, wobei ‘Bordetella pertussis’ (Erreger des Keuchhustens; Anm.) ein möglicher Erreger ist. Ziel war es, den Zusammenhang zwischen SIDS und Krankenhauseinweisungen wegen Keuchhustens bei Säuglingen im Zeitverlauf zu analysieren und dabei eine ehemals nicht geimpfte Bevölkerung (Westdeutschland) mit einer überwiegend geimpften Bevölkerung (Ostdeutschland) zu vergleichen”, schrieb die Wissenschafterin vor kurzem in der Fachzeitschrift BMC Pediatrics (DOI: 10.1186/s12887-025-05429-7).

In den Langzeitdaten zeigte sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Spitalsaufnahmen von Säuglingen wegen Pertussis und dem plötzlichen Kindstod. Das hat auch mit den schützenden Keuchhustenimpfungen zu tun. In Westdeutschland hatte es in den 1970er- und 1980er-Jahren eine starke Verunsicherung bezüglich des Nutzens der Pertussis-Impfung gegeben. Die Impfquoten waren ausgesprochen gering.

Geringe Impfraten im Westen – SIDS häufiger

“In Westdeutschland stieg die durchschnittliche jährliche SIDS-Rate (pro 1.000 Lebendgeburten) von 1,08 im Jahr 1980 auf 1,68 im Jahr 1991, bevor sie auf 1,18 im Jahr 1992 und anschließend auf 0,10 im Jahr 2020 zurückging”, hieß es in der wissenschaftlichen Arbeit. Der Hauptgrund dafür: Erst 1991 wurde die Keuchhustenimpfung in die dann in ganz Deutschland geltenden Impfempfehlungen aufgenommen. Gleichzeitig gab es die Empfehlung, bei Säuglingen unbedingt auf eine Nicht-Bauchlage beim Schlafen zu achten. Innerhalb eines Jahres sank damals von 1991 auf 1992 die SIDS-Häufigkeit in Deutschland um rund 30 Prozent.

Ganz anders war zuvor die Entwicklung hingegen in der ehemaligen DDR verlaufen. Dort lag die Häufigkeit eines plötzlichen Kindstods wegen der dort in den 1970er- und 1980er-Jahren durchgängig erfolgten Pertussis-Impfungen bereits 1991 mit 0,79 pro 1.000 Lebendgeburten deutlich unter den westdeutschen Zahlen. Jacqueline Müller-Nordhorn und ihre Co-Autoren dazu: “In Ostdeutschland sank die durchschnittliche jährliche SIDS-Rate (pro 1.000 Lebendgeburten) von 0,79 im Jahr 1991 auf 0,12 im Jahr 2020.” Mittlerweile wurde für ganz Deutschland für das Jahr 2020 eine SIDS-Häufigkeit von 0,1 pro 1.000 Lebendgeborenen registriert.

Große Probleme in Österreich

In Österreich ist der Schutz gegen die Pertussis im Rahmen des kostenlosen Kinder-Impfprogramms durch die Sechsfach-Impfung (im dritten, fünften und elften bis zwölften Lebensmonat) vorgesehen (Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Polio, Haemophilus influenzae B und Hepatitis B). Ab dem vollendeten fünften Lebensjahr sollte laut Impfplan eine Auffrischung erfolgen, dann auch spätestens im 14. bzw. 15. Lebensjahr vor Ende des Pflichtschulalters. Erwachsene sollten alle fünf Jahre eine Auffrischungsimpfung bekommen (Diphtherie-Tetanus-Pertussis oder Vierfach-Impfung zusammen mit Polio).

“Riesen-Impflücken in der Bevölkerung” hätten im Jahr 2024 in Österreich zu einer “extremen Zahl von über 13.000 Keuchhusten-Fällen” geführt, sagte dazu die Wiener Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt im Dezember vergangenen Jahres bei einer Pressekonferenz. Die Pertussis kann beispielsweise auch für Senioren hochgefährlich werden. Auch Schwangere sollten sich impfen lassen.

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