Von: ka
Pontecagnano Faiano – Die süditalienische Kleinstadt Pontecagnano Faiano bei Salerno in Kampanien war Schauplatz eines abscheulichen Verbrechens. Nur um weiterhin ihre kleine Invalidenpension kassieren zu können, wurde die 29-jährige Marzia Capezzuti von der Familie ihres verstorbenen Freundes eingesperrt, gefoltert und schlussendlich ermordet.
Erst nach dem Fund der Leiche eingeleitete Ermittlungen brachten die schreckliche Wahrheit über das spurlose Verschwinden der hilflosen Frau ans Licht. Mit der Anschuldigung, Marzia Capezzuti ermordet zu haben, wurden am Mittwoch die 46-jährige Maria Barbara Vacchiano, und ihr Mann, der 39-jährige Damiano Noschese, festgenommen und nach einem ersten Verhör in eine Haftanstalt überstellt. Ihr 15-jähriger Sohn, der an den Taten beteiligt gewesen sein soll, wurde in ein Jugendgefängnis gebracht.
Der Vorgeschichte des abscheulichen Verbrechens begann im Jahr 2017, als die ursprünglich in Mailand wohnhafte Marzia Capezzuti ihren Freund Alessandro kennenlernte und zu ihm nach Pontecagnano Faiano bei Salerno zog, um mit seiner Familie zusammenzuwohnen. Nach dem plötzlichen Tod des Mannes, der zwei Jahre später erfolgte, blieb Marzia Capezzuti weiterhin im Haus der Familie.
Kurz darauf verschwand die Frau spurlos. Auf Betreiben ihrer Verwandten in Mailand nahm sich die Rai-Sendung „Chi l’ha visto?“ des Falls an. Die Journalisten sammelten die verzweifelten Appelle ihrer Familie und befragten die Verwandten ihres Freundes. Aber alle Bemühungen fruchteten nichts. Zum Verbleib der jungen Frau befragt, teilte die Familie des verstorbenen jungen Mannes lediglich mit, dass Marzia Capezzuti „mit einem neuen Freund“ fortgegangen sei.
Am 25. Oktober des vergangenen Jahres wurden in einem verlassenen Haus in der ländlichen Umgebung von Pontecagnano Faiano die verwesten Überreste einer Frauenleiche gefunden, die Anzeichen einer Strangulation aufwies. DNA-Untersuchungen bestätigten den Verdacht, dass es sich bei der Leiche um die sterblichen Überreste von Marzia Capezzuti handelte.
In der Folge geriet die „Gastfamilie“ ins Visier der Ermittler. Besonders verdächtig war, dass die beiden Erwachsenen der Familie, die 46-jährige Maria Barbara Vacchiano, und ihr Mann, der 39-jährige Damiano Noschese, weiterhin jeden Monat die Invalidenpension der jungen Frau einkassierten. In den folgenden Monaten brachten die Ermittlungen den grausamen Leidensweg der jungen Frau ans Licht. Insbesondere dank der Aussagen von Annamaria, der Tochter des verhafteten Ehepaars, konnten viele Details der Grausamkeiten, denen die 29-Jährige ausgesetzt gewesen sei, geklärt werden.
Fast drei Jahre lang soll Marzia Capezzuti beschimpft, geschlagen und wie eine Sklavin behandelt worden sein. Sie sei misshandelt und gezwungen worden, in einem Schrank zu schlafen. Maria Barbara Vacchiano, die die Schwester ihres verstorbenen Freunds war, habe sie zudem für den Tod des jungen Mannes verantwortlich gemacht und auf diese Weise psychologisch auf sie Druck ausgeübt. Das Hauptmotiv von Maria Barbara Vacchiano und Damiano Noschese, die junge Frau einzusperren und zu misshandeln, sei aber gewesen, sich ihrer kleinen Invalidenpension in Höhe von monatlich 1.000 Euro, die Marzia aufgrund ihrer kognitiven Beeinträchtigung zugesprochen worden war, zu bemächtigen. Die Bankomatkarte, die Marzia Capezzuti abgenommen worden sei, ermöglichte es dem Paar, regelmäßig am Schalter die Pension abzuheben.
Den Ermittlungen der Carabinieri zufolge wurde von dem auf den Namen Capezzuti lautenden Konto, das die Eheleute Noschese-Vacchiano im September vor zwei Jahren beim Postamt von Pontecagnano eröffnet hatten, bis Juni 2022 jeden Monat die Rente der 29-Jährigen abgehoben.
Annamaria erzählte den Ermittlern auch von einem Gespräch, das sie mit ihrer Mutter in der Kaserne geführt hatte. „Sie können sie sowieso nicht finden, ich habe sie umgebracht und an die Schweine verfüttert“, soll die 46-Jährige zu ihr gesagt haben. Anschließend habe Maria Barbara Vacchiano ihre Tochter dazu aufgefordert, nichts zu sagen. „Vergiss nicht, dass du eine Vacchiano bist“, fügte sie hinzu.
Den letzten Ausschlag gab ein von den Ermittlern abgefangenes Videogespräch auf Instagram zwischen dem 15-Jährigen und Annamaria, in dem vermutlich die letzten Momente im Leben der 29-Jährigen geschildert werden. Während des Gesprächs zwischen den beiden Geschwistern sagte der 15-Jährige, dass Marzia „weggebracht“, dann „ertränkt“ und zuletzt „erwürgt“ worden sei. Annamaria, die als einziges Familienmitglied mit Marzia Mitleid hatte, zeigte sich während des Gesprächs geschockt.
Aufgrund der Indizien und Beweise, die Maria Barbara Vacchiano, Damiano Noschese und ihren 15-jährigen Sohn schwer belasteten, klickten für alle drei die Handschellen. Während Damiano Noschese und Maria Barbara Vacchiano nach einem ersten Verhör in eine Haftanstalt überstellt wurden, wurde der 15-Jährige in eine Jugendstrafanstalt eingewiesen. Laut dem Haftbefehl werden alle drei des Mordes an der jungen Frau verdächtigt. Damiano Noschese und Maria Barbara Vacchiano hingegen wird nicht „nur“ vorsätzlicher Mord, sondern auch Folter, Misshandlung, Freiheitsberaubung und der Missbrauch von Geldkarten vorgeworfen.
Der erschütternde Leidensweg und der grausame Mord, dem eine junge Frau zum Opfer fiel, die sich nicht wehren konnte, sorgen in ganz Italien für Abscheu und Entsetzen. Viele Italiener hoffen, dass das Gericht im Falle einer Verurteilung der Beschuldigten das Strafmaß voll ausschöpft.