Von: mk
Cremona – Weil ein Mann und eine Frau aus der Gegend von Cremona ihrer Fürsorge- und Unterhaltspflicht nicht nachgekommen sind, sind sie zu drei Monaten Haft und zu einer Geldbuße in Höhe von 10.000 Euro verurteilt worden. Der Hintergrund der gerichtlichen Entscheidung ist erschütternd. Das Paar soll den eigenen Adoptivsohn im Stich gelassen haben, nachdem dieser gerade mal fünf Tage zuvor in dessen Wohnung aufgenommen worden war.
Den Fall hat ein 26-jähriger Brasilianer zur Anzeige gebracht, der zum Zeitpunkt der Geschehnisse erst zehn Jahre alt war. Nachdem ihm seine Adoptiveltern den Rücken zugekehrt hatten, verbrachte er ein Leben in armseligen Verhältnissen und geriet auf die schiefe Bahn. Wegen einer Reihe von kleineren Diebstählen landete er im Gefängnis von Modena. „Ich verlange kein Mitleid. Ich habe meine gerechte Strafe abgebüßt. Doch im Gefängnis habe ich zum ersten Mal jemanden getroffen, der mir zugehört und der mir meine Rechte und meine Pflichten erklärt hat. Das einzige, was ich von meinen Adoptiveltern erhalten habe, ist mein Nachname“, erklärte der junge Mann gegenüber dem Corriere della Sera.
Weil er hinter Gittern den Anwalt Gianluca Barbiero kennengelernt hat, der ihn als Rechtsbeistand unterstützt, erfuhr der Brasilianer nach 16 Jahren Gerechtigkeit – mittlerweile auch in der zweiten Instanz. Das Urteil im Berufungsverfahren fiel im Jahr 20221 in Brescia.
Am 30. August 2007 war das Paar aus Cremona von Brasilien nach Italien zurückgekehrt – mit der Adoptionserlaubnis des Gerichts von São Paulo in der Tasche. Am 4. September darauf entschieden der Mann und die Frau, das Kind nicht mehr zu adoptieren. Sie behaupteten, der Zehnjährige habe ein Messer gegen seinen Adoptivvater gerichtet.
Als der Brasilianer später Anzeige erstattete, erklärte er stattdessen, seine Adoptivmutter habe ihn mit einem Gürtel geschlagen, nachdem er mit dem biologischen Sohn des Paares gestritten habe.
Nachdem er von seinen Adoptiveltern verlassen worden war, wurde sein Leben zu einem Vagabundendasein. In Modena beging er zwischen 2016 und 2017 eine Serie kleinerer Vergehen, wegen der er zu einem Jahr Haft verurteilt worden war. Im Gefängnis hat ihn sein Anwalt überzeugt, Anzeige gegen seine Adoptiveltern zu erstatten. Sie hätten dem Kind ein Gefühl gegeben, „unangemessen und nicht in Ordnung“ zu sein.
„Ich war nur fünf Tage bei ihnen. Noch heute frage ich mich, was sie von einem zehnjährigen Jungen erwartet haben“, gesteht der mittlerweile 26-Jährige. Heute lebt er wieder in der Gegend von Cremona. Dort hat er eine Wohnung und er geht einer regulären Arbeit nach.