Von: ka
Fersental – Die 42-jährige äthiopische Ziegenzüchterin Agitu Gudeta Ideo, die aufgrund politischer Verfolgung vor zehn Jahren aus ihrer Heimat geflohen war und vor zwei Jahren Opfer rassistischer Bedrohungen geworden war, wurde Opfer eines Gewaltverbrechens.
Wie die Onlineausgabe der Trentiner Tageszeitung „L’Adige“ berichtet, wurde der Leichnam der 42-Jährigen am späten Dienstagnachmittag in ihrem Haus in Maso Villata in der Fraktion Gereut (Frassilongo) im Fersental entdeckt.
Die Spurensicherung der Carabinieri befand sich am Dienstagabend stundenlang im Einsatz. Ersten Informationen zufolge soll der Leichnam von Agitu Gudeta Ideo sehr viele Verletzungen aufweisen – auch am Kopf. Diese sollen ersten Erkenntnissen zufolge von einem Hammer stammen. Vom Gerichtsmediziner, der nach einer ersten Untersuchung eine Autopsie vornehmen wird, erhoffen sich der zuständige Staatsanwalt und die Carabinieri weitere Erkenntnisse.
Nach ihrer Flucht aus Äthiopien hatte Agitu Gudeta Ideo im Fersental eine neue Heimat gefunden. Die überaus fleißige Hirtin und Ziegenzüchterin, die als Beispiel einer gelungenen Integration gilt, hatte nach und nach einen florierenden Betrieb – „La Capra Felice“ – aufgebaut. Wegen ihres wirtschaftlichen Erfolges und weil sie mit zäher Leidenschaft für eine gerechtere Welt gekämpft hatte, hatte Agitu Gudeta Ideo zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten.
Sie vermarktete ihre vielen Qualitätsprodukte in ihrem eigenen Hofladen, in einem Geschäft in Trient und in Bozen.
Allerdings hatte die 42-Jährige im Tal nicht nur Freunde. Vor zwei Jahren war Agitu Gudeta Ideo Opfer rassistischer Bedrohungen geworden. Der Täter war wegen Körperverletzung von einem Trienter Gericht zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden.
Tatverdächtiger verhaftet
Tatverdächtig ist laut Nachrichtenagentur Ansa aber ein junger Afrikaner, der bei ihr arbeitet. Mit dem 32-jährigen Mann aus Ghana – Adams Suleimani – hat es kürzlich eine Auseinandersetzung gegeben. Er soll die Tat in der Nacht gestanden haben. Offenbar gab es Streit um Geld, weil ein Gehalt nicht ausgezahlt worden sein soll. Der Mann wurde verhaftet und auch die Tatwaffe konnte beschlagnahmt werden.
Wie die Carabinieri erklären, soll es auch einen Vergewaltigungsversuch gegeben haben. Um die Tiere von Agitu Gudeta Ideo kümmert sich die lokale Gemeinde.
Grüne: Trauer und Fassungslosigkeit
Die Grünen in Südtirol sind bestürzt über den Tod von Agitu Gudeta. “Nach dem aktuellen Wissensstand wurde sie Opfer eines Gewaltverbrechens. Wir sind über diesen Tod, wohl ein weiterer Frauenmord in unserer Region, erschüttert, traurig und zornig. Eine Frau, die sich stets für die Rechte aller und für ein friedliches und gerechtes Miteinander eingesetzt und dies auch vorgelebt hat, ist durch Schläge gestorben. Was für ein Irrsinn. Wir betrauern heute Agitu Gudeta Ideo und mit ihr die Ideale von Integration, Gerechtigkeit und Respekt vor der Mit- und Umwelt, die durch diesen Tod einen schweren Schlag erlitten haben. Respekt und Schutz vor Gewalt bleibt vorrangiger gesellschaftlicher Auftrag, auf allen Ebenen”, so die Grünen.
Auch Team K in Trauer
“Das Team K drückt sein tiefes Bedauern über den plötzlichen Verlust einer Frau aus, die mit ihrer Entschlossenheit und ihrem Lächeln ein Teil unserer Gesellschaft geworden war. Agitu wurde in Äthiopien unter einem diktatorischen Regime geboren, sie studierte Soziologie in Italien, fand eine Heimat und gründete ihren eigenen landwirtschaftlichen Betrieb im Trentino, basierend auf die Traditionen und Gebräuche des Ortes. Es scheinen Geschichten aus einer anderen Zeit zu sein, und doch spielen sie sich direkt neben uns ab. Agitu wurde aufgerufen, gegen die Diskriminierung zu kämpfen, die sie verletzt, und sie gewann, stark in ihrem Lächeln und ihrer Intelligenz. Wenn man Geschichten wie diese liest, bekommen Worte wie Inklusion und Entschlossenheit eine große Bedeutung. Ein großartiges Beispiel für eine Frau und eine Unternehmerin. Wir werden sie vermissen. Ruhe in Frieden, Agitu”, so das Team K.
Unterberger: “Wird immer ein Vorbild sein”
„Die barbarische Tötung von Agitu Ideo Gudeta macht uns sprachlos. Sie wurde mit einem Hammer erschlagen und sterbend vergewaltigt. Sie ist nur das jüngste Opfer jener männlichen Gewalt, die eigenständige Entscheidungen von Frauen nicht akzeptieren will.” Dies schreibt SVP-Senatorin und Vorsitzende der Autonomiegruppe Julia Unterberger in einer Aussendung.
„Agitu wird für immer ein Symbol der Integration, des Kampfes für die Emanzipation der Frauen und der Aufmerksamkeit gegenüber Tierschutz und Umweltfragen bleiben. Schön, dass sie für ihr Engagement gerade das Trentino gewählt hatte: In der Vorstellung, dass sich ihre Werte hier gegenseitig ergänzen, und einen umfassenden Einsatz für eine gerechtere Gesellschaft bilden können. Ihr Vorbild und ihr Mut werden uns sehr fehlen.“