Von: ka
Cortina – Da der langjährige Hüttenwirt der Nuvolau-Hütte – eine der schönsten Hütten der Dolomiten – aus Altersgründen die Bewirtschaftung „seiner“ Hütte aufgeben musste, hat die zuständige Sektion von Cortina des italienischen Alpenvereins Cai die Stelle als Hüttenwirt neu ausgeschrieben.
Nicht nur zum Erstaunen der lokalen Cai-Sektion bewarben sich um die verantwortungsvolle und mitunter entbehrungsreiche Aufgabe bisher nicht weniger als 125 Bewerber. Sogar angehende Hüttenwirte aus Genua und Salerno reichten bei der Sektion von Cortina des Cai ihre Bewerbungsschreiben ein. Die Bewerberflut ist vor allem auf die von der Corona-Krise verursachte Arbeitslosenwelle zurückzuführen. „Viele Kandidaten haben ihre Arbeit verloren, aber dort oben zu leben, ist nicht einfach“, so der Cai, der davor warnt, die Aufgaben eines Hüttenwirts zu unterschätzen.
Die 2.575 Meter über dem Meer gelegene Nuvolau-Hütte, die wegen ihrer einmaligen Lage und ihres unvergleichlichen Panoramas berühmt ist, gehört zu den schönsten Schutzhütten der Dolomiten. Nachdem Mansueto Siorpaes und Giovanna 47 Sommer lang die Nuvolau-Hütte bewirtschaftet hatten, musste das Paar aus Altersgründen das Hüttendasein an den Nagel hängen. In der Folge schrieb die zuständige Sektion von Cortina des italienischen Alpenvereins Cai Anfang Januar die Stelle als Hüttenwirt neu aus.
Zum Erstaunen der lokalen Cai-Sektion bewarben sich um die verantwortungsvolle und mitunter entbehrungsreiche Aufgabe bisher nicht weniger als 125 Bewerber. Dies ist umso mehr überraschend, weil noch vor zehn Jahren sich um die Führung einer im Tofane-Massiv gelegenen Schutzhütte lediglich acht Kandidaten beworben hatten.
„Bis jetzt haben sich 125 Kandidaten gemeldet. So etwas haben wir noch nie erlebt. Aus ganz Italien – sogar aus Genua und aus Salerno – sind bei uns Bewerbungsschreiben mit Lebensläufen eingelangt“, so die Präsidentin der Cai-Sektion von Cortina d’Ampezzo, Paola Valle.
Paola Valle hegt keine Zweifel, worauf das große Interesse zurückzuführen ist. „Es gibt keinen Grund zur Freude, im Gegenteil, es macht einen traurig. Es ist leider ein Spiegelbild der Wirtschaftskrise. Unter den Kandidaten gibt es solche, die erklären, dass sie 30 Jahre lang als Chefkoch gearbeitet haben. Mir ist klar, dass Leute, die trotz dieser umfangreichen Berufserfahrung beschließen, in eine Hütte zu ziehen, die Hunderte von Kilometern von ihrem Zuhause entfernt ist, dies tun, weil sie in ihrer Heimat keine Arbeit mehr haben und keine Zukunft mehr sehen“, so die nachdenklichen Worte der Präsidentin der lokalen Cai-Sektion.
Paola Valle warnt aber davor, die Aufgaben eines Hüttenwirts zu unterschätzen. Die Nuvolau-Hütte ist kein Bergrestaurant, sondern eine echte, nur zu Fuß erreichbare, hoch gelegene Schutzhütte. „Das Leben dort oben ist nicht einfach. Sogar das Trinkwasser muss mit Bedacht verwendet werden“, so Paola Valle. In der Tat gleicht die Schutzhütte, die auf dem Gipfel jenes Berges steht, der ihr den Namen gibt, fast einem Adlerhorst. Wer sie übernehmen will, wird gleich wie der alte Hüttenwirt den ganzen Sommer oben bleiben müssen.
Aber nicht zuletzt, weil es sich bei ihr um die älteste Schutzhütte der Dolomiten handelt, sind das Prestige und die Bekanntheit der Nuvolau-Hütte enorm.
Die Nuvolau-Hütte blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Die Schutzhütte war im fernen Jahr 1883 dank des Nachlasses des Barons Richard von Meerheimb von Dresden errichtet worden. Weil der Baron von einer schweren Krankheit genesen war, war die Nuvolau-Hütte ursprünglich Sachsendankhütte getauft worden. Nach der Zerstörung im Ersten Weltkrieg war die Schutzhütte im Jahr 1930 neu eröffnet worden.
Wer der neue Hüttenwirt auf dem Nuvolau wird, steht in den Sternen. Noch Unentschlossene müssen sich aber beeilen. Wie der Seite der Cai-Sektion von Cortina zu entnehmen ist, läuft die Frist für die Teilnahme am Wettbewerb am Montag, dem 15. Februar, aus. Anschließend wird der Vorstand der Cai-Sektion von Cortina d’Ampezzo zuerst die Bewerbungen prüfen und dann einen der Kandidaten zum neuen Hüttenwirt küren.
Angesichts der coronabedingten Bewerberflut kann man dem Vorstand nur ein glückliches Händchen wünschen. Denn Hüttenwirt zu sein, ist kein Beruf, sondern eine Berufung.