Tod der Bärin „Amarena“: Ihre Jungen wohlauf – VIDEO

„Als sie getötet wurde, war sie harmlos“

Donnerstag, 21. September 2023 | 08:53 Uhr

Von: ka

San Benedetto dei Marsi – Laut dem Bericht des Gerichtsmediziners, der den Kadaver der Bärin „Amarena“ obduzierte, hatte die Bärin, die in der Nacht vom 31. August auf den 1. September in der Gegend von San Benedetto dei Marsi in der Provinz L’Aquila erschossen worden war, zum Zeitpunkt ihres Todes keine Angriffsposition eingenommen.

„Amarena“, die zusammen mit ihren beiden Jungen immer wieder durch die Dörfer der Umgebung gestreift war, war mit allen vier Pfoten auf dem Boden gestanden, als sie durch einen Gewehrschuss getötet worden war. Die Bärin war vom 56-jährigen Andrea Leombruni erschossen worden, als sie in sein Grundstück eingedrungen war.

Der Autopsiebericht dürfte die rechtliche Lage des Schützen erschweren. Unterdes gab die Parkverwaltung des Nationalparks „Parco Nazionale d’Abruzzo, Lazio e Molise“ Entwarnung. Den beiden Jungen geht es auch ohne ihre Mutter prächtig. Sie können sich selbstständig ernähren und beginnen langsam, sich auf die Winterruhe vorzubereiten.

Facebook/Parco Nazionale d’Abruzzo Lazio e Molise

Nach dem Tod der „Amarena“ („Schwarzkirsche“) genannten Braunbärin leitete die zuständige Gerichtsbehörde von Avezzano gegen den Schützen, den 56-jährigen Andrea Leombruni, ein Justizverfahren ein. Sie beauftragte den Gerichtsmediziner Rosario Fico, den Kadaver der Bärin zu untersuchen.

In seinem Bericht gelangte Rosario Fico zum Schluss, dass die Bärin zum Zeitpunkt ihres Todes auf allen Vieren gestanden sei und somit gegen den Schützen keine Angriffsposition eingenommen habe. Eine Röntgenaufnahme bestätigte den Anfangsverdacht des Experten, dass das Tier durch Verbluten verendet war. „Als sie getötet wurde, war sie harmlos“, fasst der Gerichtsmediziner das Ergebnis seiner Expertise kurz zusammen.

Auch dem Bericht des ballistischen Sachverständigen Paride Minervini wird zur Klärung des Sachverhalts eine hohe Bedeutung beigemessen. Der Major der italienischen Armee stellte fest, dass die Gewehrkugel in die Schulter der Bärin eingedrungen war und ihre Lunge durchbohrt hatte.

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Die Bärin war vom 56-jährigen Andrea Leombruni mit einem Gewehr des Kalibers 7,62 erschossen worden, als sie – vermutlich auf der Suche nach Futter – in sein Grundstück eingedrungen war. Andrea Leombruni gab zunächst gegenüber den Carabinieri zu, „Mist gebaut“ zu haben, änderte später aber seine Darstellung und meinte, dass er überrascht worden sei, Angst gehabt und sich bedroht gefühlt habe.

Der Autopsiebericht, laut dem der 56-Jährige von der Braunbärin nicht bedroht worden sei, dürfte die rechtliche Lage des Schützen erschweren. Andrea Leombrunis Leben ist aber bereits jetzt nicht leicht. „Ich habe selbst die Carabinieri verständigt. Nun stehe ich aber am Pranger und erhalte täglich Morddrohungen“, so der 56-Jährige.

Die Tierschutzorganisation Oipa kündigte mit Blick auf den vorliegenden Autopsiebericht an, sich dem Verfahren gegen Andrea Leombruni als Zivilpartei anzuschließen. „Nach dem Bericht des Gerichtsmediziners werden wir noch auf das endgültige Ergebnis der Voruntersuchung warten, aber aus der Autopsie geht hervor, dass Amarena nach einem Gewehrschuss verblutet ist, als sie mit allen Vieren auf dem Boden gestanden und keine aggressive Haltung gezeigt hat. Dies widerlege die Behauptung von Leonbruni, dass er angegriffen worden sei“, teilt Oipa mit.

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Unterdes gab die Parkverwaltung des Nationalparks „Parco Nazionale d’Abruzzo, Lazio e Molise“ Entwarnung. Den beiden fünf bis sechs Monate alten Jungen, die nach dem Tod ihrer Mutter verschwunden waren und nach denen tatgelang gesucht worden war, geht es prächtig. Wie die Parkverwaltung, deren Angestellte die in freier Wildbahn lebenden Jungen ständig im Auge behalten, mitteilt, ernähren sich die Jungen ihrer Art und ihrem Alter gemäß mit Beeren, Früchten und mit Tierkadavern.

Nicht nur von den Parkwächtern, sondern auch von Wanderern wurden die beiden noch kleinen Bären in den frühen Morgenstunden beim Herumtollen, aber auch bei der Nahrungssuche beobachtet. Die Bärenjungen – unterstreicht die Parkverwaltung – seien in diesem Alter nicht mehr von der Muttermilch abhängig und obwohl noch eine Gefährdung fortbestehe, sei die Gefahr gering, dass sie von erwachsenen Männchen oder anderen Raubtieren angegriffen werden. Laut der Parkverwaltung unterscheidet sich die Überlebenschance von alleinlebenden sechsmonatigen Jungtieren nur mehr unwesentlich von jener ihrer gleichaltrigen „Kollegen“, die noch von einem Muttertier begleitet werden.

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Dies bewog die Parkverwaltung dazu, die verwaisten Jungen von „Amarena“ nicht einzufangen, zu pflegen und später wieder auszuwildern, sondern sie unter Beobachtung in freier Wildbahn zu behalten.

Dass die Jungen von „Amarena“ wohlauf sind und die Tatsache, dass der Tod des Muttertiers in diesem Alter kaum mehr das Überleben der Jungen gefährdet, könnte laut Justizbeobachtern auch die rechtliche Lage von Andrea Leombruni etwas entlasten. Das Gericht, das über seinen Fall urteilen muss, sollte zudem auch berücksichtigen, was der 56-Jährige bereits jetzt durchmacht.