Trentinos älteste Braunbärin [23] hat viele „Vorstrafen“– VIDEO

„Alte Bekannte KJ1“: Eine lange Bärengeschichte

Freitag, 26. Juli 2024 | 08:06 Uhr

Von: ka

Trient/Dro – Als nach den Untersuchungen der nach dem Angriff auf den französischen Touristen Vivien Triffaux entnommenen genetischen Spuren feststand, dass es sich bei der Bärin, die dem 43-Jährigen tiefe Biss- und Kratzwunden zugefügt hatte, um KJ1 handelte, wussten die Trentiner Förster, dass sie es mit einer „alten Bekannten“ zu tun haben, denn mit ihren 23 Jahren ist KJ1 die älteste Braunbärin des Trentino.

Tibor Pataky

Es gibt zwar keine genetischen Daten von allen Bären im Trentino, deren Anzahl etwas mehr als hundert Tiere betragen soll, aber dank der halbjährlichen genetischen Überwachung, die vom Amt für Wildtiere der Autonomen Provinz Trient durchgeführt wird, konnte zumindest ein großer Teil der erwachsenen Bären eindeutig identifiziert und mit einem Code „getauft“ werden. Die Überwachung erfolgt durch die Sicherstellung von Haar- und Kotproben, wobei insbesondere jene Gebiete, in denen sich nachweislich Bären aufhalten, näher in Augenschein genommen werden.

Jedes Mal, wenn ein Vorfall auf einen bestimmten Bären zurückgeführt werden kann, aktualisiert der Wildtierdienst die Liste der Bären, die als „zutraulich“ gelten, was nichts anderes bedeutet, dass sie vor dem Menschen keine Angst mehr haben und daher bewohnte Gegenden nicht mehr meiden. Solche Bären, die man auch als „Problembären“ bezeichnen kann, könnten Menschen gefährlich werden.

Miramonte Film

Die Bärin KJ1 war aufgrund ihres Verhaltens den Förstern des Wildtieramtes des Trentino schon seit Jahren bekannt, aber bis zu jenem fatalen 16. Juli, an dem Vivien Triffaux oberhalb von Dro von ihr angegriffen wurde, hatten die Vorfälle, an denen sie beteiligt gewesen war, nie für ernsthafte Auswirkungen gesorgt.

KJ1 – deshalb der Code – ist eine der Nachkommen der beiden Bären Kirka und Joze. Kirka und Joze hatten zu den insgesamt zehn slowenischen Bären gehört, die im Rahmen des Wiederansiedlungsprojekts für Braunbären in den Zentralostalpen zwischen den Jahren 1999 und 2002 ins Trentino gebracht und im Naturpark Adamello-Brenta ausgesetzt worden waren.

APA/APA (AFP/Archiv)/SAUL LOEB

KJ1 gehört zu jenen Bärinnen, die im Laufe ihres Erwachsenenlebens viele Jungtiere zur Welt brachten. Bei den drei Jungbären, die sie bei sich hatte, als sie in Dro einen französischen Touristen angriff, handelt es sich „nur“ um ihren letzten Wurf, der wie bei Braunbären normalerweise üblich aus ein bis drei Jungtieren besteht.

KJ1 findet auch in den Berichten, die die Autonome Provinz Trient jedes Jahr dem Management der Bärenpopulation widmet, ausdrücklich und mehrfach Erwähnung.

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Im Großraubtierbericht des Jahres 2017 werden allein ihr zwölf Vorfälle mit festgestellten Schäden zugeschrieben, was in diesem Jahr den absoluten Spitzenplatz bedeutet. Im Juni des Jahres 2018 hingegen wurde eine Person, die in der ländlichen Umgebung von Villa Banale, einem Weiler in der Gemeinde Stenico, spazieren ging, von einer Bärin verfolgt, die ihre Jungen begleitete. Später wurde festgestellt, dass es sich bei ihr eindeutig um die Bärin KJ1 handelte.

Im Jahr darauf konnte dieselbe Bärin für zehn Schadensfälle verantwortlich gemacht werden. Um sie fortan von einem zu „zutraulichen“ Verhalten abzuhalten, griff in zwei Fällen ein Notfallteam der Trentiner Forstverwaltung ein, indem es die Bärin mit explosiven Pfeilen beschoss. Die Explosionspfeile, die einen sehr lauten Knall erzeugen und die Bären dadurch erschrecken, sie aber nicht verletzen, sollen sie dazu bringen, ein ähnliches Verhalten nicht zu wiederholen.

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Diese beiden Maßnahmen zeigten aber kaum die erhoffte Wirkung. Im Jahr 2021 kam es erneut zu einer Begegnung mit einem Menschen, die jedoch ohne weitere Folgen blieb. Weder im Bericht von 2022 noch im Bericht von 2023 wurde KJ1 erwähnt, aber in diesem Sommer, noch vor dem Angriff am 16. Juli, wurde sie mit ihren drei Jungen auf einem Acker in der Nähe von Dro gesehen. Es ist möglich, dass es sich bei ihr auch um jene Bärin handelt, die am 5. Juli in einem Weinberg in der Gegend verfolgt und gefilmt wurde.

Die Tatsache, dass sie seit Jahren ein sehr zutrauliches Verhalten zeigt und für einen Angriff auf einen Menschen verantwortlich ist, würde auf der Grundlage der im Bärenmanagementplan PACOPACE festgeschriebenen Kriterien die Entnahme der Bärin KJ1 ermöglichen, aber das Verwaltungsgericht von Trient setzte auch die zweite Abschussverordnung des Trentiner Landeshauptmanns Maurizio Fugatti aus. Inzwischen wurde KJ1 eingefangen und mit einem Halsband versehen. Das Halsband ermöglicht es, die Bärin auf ihren Wanderungen zu verfolgen und bei einem erneuten Vorfall – hoffentlich rechtzeitig – einzugreifen.

Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland rät Reisende zur Vorsicht:

Bärenvorkommen in der norditalienischen Provinz Trient:

In der norditalienischen Provinz Trient/Trentino wurde Mitte Juli 2024 ein Jogger nördlich des Gardasees von einer Bärin attackiert und verletzt. 2023 wurde ein Jogger von einem Bären getötet. In dieser Provinz lebt eine größere Bärenpopulation; in der Nachbarprovinz Südtirol wurden bislang nur vereinzelte Bärenstreifzüge festgestellt.

 – Beachten Sie stets bei Wanderungen in bewaldeten, insbesondere abgelegenen Gebieten entsprechende Hinweisschilder und Warnungen und leisten Sie den Anweisungen der lokalen Behörden Folge.

 – Beachten Sie die Hinweise und Verhaltensregeln auf der Webseite der Südtiroler Landesverwaltung bei Begegnung mit einem Bären bzw. bei Sichtung. Weitere Informationen auch auf dieser Webseite.