Von: ka
Triest/Monfalcone – Als am Sonntag muslimische Frauen bekleidet ins Meer steigen wollten, ist in einem Strandbad in Triest großer Aufruhr ausgebrochen. „Ihr badet hier nicht“, sollen mehrere andere Badegäste ihnen zugerufen haben, wobei sie sich auf hygienische Bedenken beriefen. Andere Strandbesucher widersprachen jedoch sofort. Sie erinnerten an die geltende Religionsfreiheit und verwiesen auf das „verfassungsmäßige Recht, nach Belieben so baden zu können, wie es jedem gefalle“. Die Gemüter beruhigten sich erst wieder, als der Sicherheitsdienst des Strandbads eingriff.
Die Bürgermeisterin der nahen Kleinstadt Monfalcone, Anna Maria Cisint, die bereits vor einem Monat einen offenen Brief an die muslimische Gemeinschaft gerichtet hatte, „westliche Strandgepflogenheiten“ zu beachten und nicht bekleidet im Meer zu baden, ist gewillt, diese heikle Frage mit einer entsprechenden Verordnung endgültig zu regeln. „Genug der Heuchelei, wir sind bereit, den Burkini zu verbieten“, meint Anna Maria Cisint.
Der fast in Handgreiflichkeiten ausgeartete Streit ereignete sich im Triestiner Strandbad Lido Pedocin, das dafür bekannt ist, dass es das einzige Strandbad in ganz Europa ist, in dem eine Mauer den Bereich für Männer von dem für Frauen trennt. Davon abgesehen gibt es im Lido Pedocin jedoch keine Regeln, die vorschreiben, was die Badegäste am Strand tragen sollen oder mit welcher Bekleidung sie im Meer baden dürfen.
Als am Sonntag einige Frauen islamischen Glaubens im Strandbad ankamen und mit ihren Kleidern ins Wasser steigen wollten, brach großer Aufruhr aus. „Ihr badet hier nicht“, sollen mehrere andere Badegäste ihnen zugerufen haben. Während die etwas verwirrten Musliminnen verunsichert um sich blickten, stellten sich einige Badegäste auf ihre Seite, aber diejenigen, die protestierten, gaben nicht auf.
„Das Problem ist nicht, dass sie mit ihren Kleidern zum Baden kommen, sondern dass sie mit diesen Kleidern überall in der Stadt herumgelaufen sind. Das ist nicht hygienisch“, erklärte eine Frau, die sich selbst als „saubere Person“ bezeichnete. Um die Gruppe muslimischer Frauen zu verteidigen, ergriffen in der Zwischenzeit andere Badegäste das Wort. Sie verwiesen auf die Religionsfreiheit und das „verfassungsmäßige Recht, nach Belieben so baden zu können, wie es jedem gefalle“. Die Gemüter beruhigten sich erst wieder, als der Sicherheitsdienst des Strandbads eingriff.
Auf den wenig erfreulichen Vorfall angesprochen, meint der Bürgermeister von Triest, Roberto Dipiazza, dass er eine vollkommen andere Sichtweise habe. „Wenn man nach Italien kommt, weiß man, in welches Land man kommt. Deshalb muss man sich anpassen“, erklärt Roberto Dipiazza mit Nachdruck.
Die Bürgermeisterin der nur wenige Dutzende Kilometer von Triest entfernten Kleinstadt Monfalcone, Anna Maria Cisint, die bereits vor einem Monat einen offenen Brief an die muslimische Gemeinschaft gerichtet hatte, „westliche Strandgepflogenheiten“ zu beachten und nicht bekleidet ins mehr zu steigen, pflichtet ihrem Kollegen bei.
Anna Maria Cisint ist dafür bekannt, nicht vor heiklen Fragen zurückzuschrecken. Im vergangenen März hatte sie an Bildungsminister Giuseppe Valditara einen Brief geschickt, in dem sie darauf hingewiesen hatte, dass das islamische Fasten im Ramadan den schulpflichtigen Kindern schade und die Schulbehörden sich mitschuldig machen würden, wenn diese Praxis den Schulmensen von den Eltern aufgezwungen werde.
Anna Maria Cisint, die mit Genugtuung wahrnimmt, dass seit der Veröffentlichung des offenen Briefes die Fälle „stark bekleideten Badens“ zurückgegangen seien, ist nun gewillt, diese heikle Frage mit einer entsprechenden Verordnung endgültig zu regeln. „Wir arbeiten an einer geeigneten Verordnung, die das Baden im Meer mit Kleidung, Burkini oder anderweitig bedeckt verbietet“, verkündet die Bürgermeisterin von Monfalcone.
Anna Maria Cisint, die der Lega angehört, weist den Vorwurf des Rassismus zurück. Vielmehr sei sie „ganz im Gegenteil stolz darauf, die Entschlossenheit zu besitzen, die Mauer der Heuchelei und falschen Toleranz gegenüber Sitten und Gebräuchen, die jeglichem Bürgersinn widersprechen, zu durchbrechen“. Die Frage, welche Badebekleidung am Strand erlaubt sei, ist in ihren Augen nur „ein Aspekt des Kampfes unserer Zivilisation und Tradition, der bis zum Ende geführt werden muss, um der ‚mittelalterlichen Unterdrückung‘ von Frauen, die in bestimmten Gemeinschaften vorherrscht, entgegenzutreten“.
Als erste Bürgerin einer Kleinstadt mit rund 29.000 Einwohnern, in der fast ein Drittel der Einwohner keine Italiener sind, sei sich Anna Maria Cisint sehr wohl bewusst, mit ihren Ansichten in ein Wespennest zu stechen, was sie aber nicht davon abhalten werde, ihr Vorhaben umzusetzen. „Ich werde jedes Mal wütend, wenn ich im Stadtzentrum Frauen sehe, die bei Temperaturen von über 30 Grad ihren gesamten Körper samt Gesicht und den Händen bedeckt halten und hinter ihren Männern hergehen müssen“, so Anna Maria Cisint.
Anna Maria Cisint und Roberto Dipiazza ernten aber auch viel Widerspruch. Der Präsident der ICS – Consorzio Italiano di Solidarietà –, Gianfranco Schiavone, unterstreicht, dass die Bedrohung von Musliminnen, die bekleidet oder im Burkini baden wollen, strafrechtlich verfolgbar sei. „Die Europäische Konvention sagt Nein zu solchen Bekleidungsbeschränkungen“, so Gianfranco Schiavone, der den betroffenen Frauen eine rechtliche Beratung anbieten will.
Der Tenor der übergroßen Mehrheit der Italiener scheint aber eher Anna Maria Cisint zuzustimmen. „Erkennt ihr nicht, dass ihr euch für die Unterdrückung der muslimischen Frauen und weiblichen Jugendlichen durch ihre Ehemänner, Väter und Brüder einsetzt? Voll bekleidet an den Strand gehen zu müssen, während ihre Ehemänner, Väter und Brüder wie alle Männer nur eine Badehose tragen können, ist nicht ihre freie Wahl, sondern eine Form der Unterdrückung“, so ein Kommentator auf der Facebook-Seite des ICS.