Von: ka
Palmi – Die kruden Zahlen eines Volleyballspiels lügen nie. In der Partie der italienischen A2-Frauenvolleyballmeisterschaft Golem Palmi gegen Delta Trentino Trient, die am letzten Sonntag ausgetragen wurde, spielte die brasilianische Aufsteigerin und Aufschlägerin Tifanny Pereira de Abreu 75 Minuten lang, wobei sie mit einer ausgezeichneten Aufschlag- und Abwehrleistung sowie 28 erzielten Punkten ein Superspiel hinlegte und so entscheidend zum 3:1-Sieg ihrer Mannschaft beitrug.
Das wäre eigentlich keine Notiz wert gewesen und man würde nur von einem sehr guten Debüt in der A2-Meisterschaft der Frauen sprechen, wenn Tiffany bis vor zwei Jahren nicht Rodrigo geheißen hätte und wenn sie, oder besser er, nicht in halb Europa in den Männern vorbehaltenen Volleyballmeisterschaften gespielt hätte. Tiffany wurde direkt vom belgischen Volleyballzweitligisten Jtv Dero Zele-Berlare, wo Rodrigo seinen „Übergang“ zum „weiblichen“ Körper vollzogen hatte, geholt. Allein aus Neugier, der Transgender-Volleyballspielerin bei ihrem ersten Spiel in Italien zuzusehen, strömten in Palmi mehr als 1.000 Zuschauer in die Sporthalle.
Die stattliche, 1,92 Meter große Spielerin, die von ihren Mitspielerinnen liebevoll „große Schwester“ genannt wird, hat längst die Herzen des Publikums und der Trainer von Palmi gewonnen. Die Trainer und der Vorstand von Golem Palmi erwarten sich sehr wohl Rekurse konkurrierender Mannschaften, die den „Ex-Mann“ nicht in einer Frauenliga sehen wollen, aber in Palmi verweist man darauf, dass die Regeln klar sind und es auch international – Transgender dürfen an olympischen Frauenwettbewerben teilnehmen, sofern sie einige Bedingungen erfüllen – entsprechende Urteile gibt. Zudem weist der Trainer von Golem Palmi darauf hin, dass Tiffany zwar immer noch zu den besten Spielerinnen Italiens gehöre, aber seit der „Umwandlung“ 60 Prozent ihrer Kraft verloren habe.
Damit ist besonders einer der nächsten Gegner von Palmi, Millennium Brescia, nicht einverstanden. Deren Generalmanager meint, dass die Verpflichtung des Transgenders Tiffany die Meisterschaft verfälschen würde, weil die „Frau“ trotz der Geschlechtsumwandlung und der Hormonzyklen genetisch immer noch ein Mann sei und immer noch über die Kraft eines durchschnittlichen Mannes verfügen würde. Seine Spielerinnen seien sehr unzufrieden, so der Funktionär weiter. Sollten andere Clubs ebenso dazu bereit sein, so der Manager von Millennium Brescia, würde man auch rechtliche Schritte wie eine Sammelklage in Erwägung ziehen.
Bei der Lega volley femminile (dem Verband der Volley Frauen Ligen, Anmerkung der Redaktion) hingegen betrachtet man die Entwicklung mit Sorge und befürchtet eine Fülle von ähnlich gelagerten Fällen. Deren Präsident, Mauro Fabris, hat zwar Respekt vor den einzelnen Personen, verlangt aber in einem offenen Brief vom Verband und vom Nationalen Olympischen Komitee Italiens klare Regeln und Normen, wie man sich in solchen Fällen verhalten solle.
Comunicato Ufficiale Golem Volley Palmi https://t.co/B7wAHkOBqj pic.twitter.com/Yc4UvXS1Pt
— 105 Group (@105Group) February 22, 2017
Tiffany selbst wehrt sich und meint, dass die Kritiker keine Ahnung hätten, was eine Geschlechtsumwandlung bedeutet. Eine solche Umwandlung wie ein Geschlechtswechsel, so die Brasilianerin weiter, umfasse viele Veränderungen, wobei besonders die Hormongaben die männliche Physiologie komplett verändern würden.
Der „Fall Tiffany“, der Fall der Volleyballspielerin, die 2014 noch Rodrigo Pereira de Abreu hieß, wird wohl demnächst die Sportgerichte beschäftigen.