Von: ka
Canazei – Nachdem Silvano Parmesani seine vom Vater übernommene Schutzhütte Fredarola renoviert hat, erstrahlt die nun in Fredarola Harbor umbenannte, hoch über Canazei im Trentino gelegene „Hütte“ in neuem Glanz. Dass die Hütte, die inmitten der berühmtesten Dolomitengipfel auf 2370 Metern Seehöhe hoch über dem Fassatal thront, im Gegensatz zu früheren Zeiten luxuriös ausgestattet ist und seinen Gästen nicht nur einen großzügigen Wellnessbereich, sondern auch Austern und Champagner bietet, gefällt jedoch nicht allen.
Im Netz ergoss sich über das Fredarola Harbor ein wahrer Shitstorm. Viele Nutzer, die sich selbst als „echte Bergliebhaber“ beschreiben, kritisieren, dass die Hütte eine „Hymne an den prolligen Zeitgeist“ sei und den „Geschmack von reichen Prolls widerspiegele“. Silvano Parmesani wehrt sich gegen dieses „Prolls-Image“ und betont, dass die Hütte Fredarola Harbor weiterhin eine ganz normale Schutzhütte sei, in der jeder Wanderer und Bergsteiger Unterkunft und Schutz finden könne. „Wir sind in jeder Hinsicht ein Schutzhaus und bedienen nicht nur reiche Gäste“, weist der Inhaber jegliche Kritik zurück.
Wer die Webseite des Fredarola Harbor besucht, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Bilder und Videos lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass die Hütte, die inmitten der berühmtesten Dolomitenberge auf 2370 Metern Seehöhe hoch über dem Fassatal thront, seinen Gästen den Komfort eines Fünf-Sterne-Wellnesshotels bietet. Neben einem großzügigen Spa-Bereich und elegant eingerichteten Zimmern steht den betuchten Bergtouristen auch ein gehobenes Restaurant zur Verfügung, dessen Speise- und Weinkarte kaum Wünsche offenlässt. Es bietet sogar die Möglichkeit, erlesene Meeresfische zu genießen oder Austern zu speisen und dabei Champagner zu trinken.
Der Inhaber des Fredarola Harbor, der 54-jährige Silvano Parmesani, ist stolz auf den Luxus, den seine Hütte bietet. Der ehemalige Skilehrer und Bürgermeister von Canazei, der die im Jahr 1972 von seinem Großvater Romano zusammen mit seinem Freund und Skilehrer Aldo Guerra gebaute Hütte von seinem im Jahr 2011 verstorbenen Vater Enrico übernommen hatte, setzte seinen Traum um, die urige Fredarola-Hütte in neuem Glanz erstrahlen zu lassen und dabei ein vollkommen neues Konzept umzusetzen. Der Namenszusatz Harbor, eine Anspielung auf das Konzept des Hafens, ein Symbol für Schutz und Aufnahme, soll im Sinne des Inhabers betonen, dass das Fredarola Harbor auch nach dem umfangreichen Umbau eine klassische Schutzhütte, ein Hafen in den stürmischen Bergen, bleibt.
Das neue Konzept gefällt jedoch nicht allen. Im Netz ergoss sich über das Fredarola Harbor ein wahrer Shitstorm. „Auf einer hoch gelegenen Berghütte Champagner und Austern anzubieten, ist eine Hymne an die Vulgarität“, meint einer der Kommentatoren, der hinzufügt, dass das Fredarola keine Berg- und Schutzhütte im herkömmlichen Sinne mehr sei.
„Meine Familie ist in der vierten Generation Hüttenbesitzer. Heute legen wir zwar viel Wert auf Luxus und Komfort, aber das Fredarola Harbor ist auf jeden Fall eine Berghütte geblieben“, entgegnet Parmesani seinen Kritikern. „Es gibt nicht nur den Luxus. Bei uns können auch die typischen Gerichte der Trentiner Küche wie Käse- und Speckplatten, Knödel, Polenta mit Pilzen sowie Grillspezialitäten und Pizza aus dem Holzofen genossen werden. Die Küche führt der Chef Antonino Sanna, der früher im Hotel Excelsior in Venedig gekocht hat. Natürlich bieten wir auch frischen Meeresfisch, Austern und Champagner an, aber auf unserer Weinkarte finden sich fast ausnahmslos wertvolle Tropfen aus dem Trentino. Wir freuen uns, ein abwechslungsreiches Angebot anbieten zu können, das sowohl von den neuen Besuchern als auch von unseren treuesten Gästen geschätzt wird“, so Silvano Parmesani gegenüber dem Corriere del Trentino.
Für Gäste, die auch in einer Berghütte Luxus zu schätzen wissen, ist das Fredarola Harbor ein Dolomitentraum mit Blick auf die Marmolata. „Wir haben die Küche und die zehn Zimmer der Hütte renoviert, von denen die zwei Suiten mit einer privaten Sauna ausgestattet sind. Außerdem haben wir ein fünfzig Quadratmeter großes Schwimmbad samt Wellnessbereich mit türkischem Bad, Whirlpool, finnischer Sauna und Erlebnisdusche eingerichtet. Trotz dieser Neuerungen richten wir uns nicht ausschließlich an ein gut betuchtes Publikum. Es geht darum, den Bedürfnissen einer vielfältigen Klientel gerecht zu werden. Im Fredarola Harbor heißen wir auch traditionelle Wanderer und Skifahrer willkommen, die nach einem langen Skitag oder nach einer anstrengenden Wanderung eine Polenta genießen wollen. Uns ist wichtig, die Tradition zu bewahren, aber gleichzeitig auf die verschiedenen neuen Anforderungen einzugehen“, erklärt der 54-Jährige seine Vorstellung von der Zukunft des Bergtourismus.
Laut Silvano Parmesani ist das Fredarola Harbor ein voller Erfolg. „Neben vielen Gästen waren bei uns auch Prominente wie der ehemalige Motorradweltmeister Max Biaggi, der Fußballweltmeister Marco Materazzi und der bekannte Sänger Cesare Cremonini zu Gast“, freut sich der Hüttenwirt.
Die heftige Kritik der „Hüttentraditionalisten“ lässt Silvano Parmesani an sich abprallen. „Ich und meine Partnerin Sabrina werden bei der Führung der Hütte von meinen Neffen Giulia und Patrick unterstützt. Es stimmt, dass wir großen Wert auf Luxus und Komfort legen aber wir bleiben in jeder Hinsicht eine Berghütte. Um zu unterstreichen, dass in Not geratene Wanderer und Bergsteiger immer auf unser Schutzhaus zählen können, habe ich dem alten Hüttennamen Fredarola das Wort Harbor hinzugefügt. Tradition und Innovation sind kein Widerspruch und können nebeneinander bestehen“, betont Silvano Parmesani. „Wir sind eine Schutzhütte für alle“, fasst der 54-Jährige sein Konzept mit einem Satz zusammen.
Die „Hüttentraditionalisten“ werden weiterhin die Nase rümpfen und seine Neider wird er kaum überzeugen können, aber das Fredarola Harbor gehört mittlerweile zu den bekanntesten Hütten der Dolomiten.
Aber brauchen wir auf einem Schutzhaus wirklich Austern und Champagner?
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