Von: Ivd
Bozen – Flip-Flops, kurze Hosen und fehlende Sicherungen: Immer wieder macht das Verhalten mancher Touristen am Berg sprachlos. Das nervt vor allem die Bergretter der CNSAS (Centro Nazionale Soccorso Alpino e Speleologico) – rund jeder zehnte Rettungseinsatz ist auf falsche Ausrüstung zurückzuführen. Nicht nur lästig, sondern auch gefährlich sind jene Bergsteiger, die den Rückweg vor Erschöpfung nicht antreten. Sie nutzen die Bergretter quasi als Taxi zurück – das soll sie in Zukunft teuer zu stehen kommen.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahr 2023 wurden die Notarzthubschrauber der Südtiroler Flugrettung zu insgesamt 4342 Einsätzen alarmiert, ein Anstieg um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die jährlichen Kosten für den Flugrettungsdienst belaufen sich auf stolze 18,9 Millionen Euro. Besorgniserregend ist, dass in jedem zehnten Fall ungeeignete Ausrüstung als Ursache für die Notlage identifiziert wurde.
Diagnose: Kein Bock
Anlässlich einer Fachtagung in Bozen kritisierte der Präsident von CNSA, Giorgio Gajer den zunehmenden Missbrauch der alpinen Rettungsdienste, die von manchen Urlaubern offensichtlich als „kostenloser Taxidienst“ verstanden würden. Gajer wies darauf hin, dass viele Urlauber ihre Fähigkeiten und die notwendigen Anforderungen für die Bergtouren massiv überschätzen. Er mahnt das Verhalten als respektlos all jenen gegenüber, die diesem Job aus altruistischen Beweggründen nachgingen.
„Die Alpen werden zunehmend als Freizeitpark betrachtet“, so Gajer weiter. Um der wachsenden Zahl an Einsätzen, vor allem den unbegründeten, entgegenzuwirken, setzt der Rettungsdienst zu Beginn jeder Saison auf landesweite Präventionskampagnen. „Leider ignorieren viele Touristen unsere Ratschläge. Wir sind 365 Tage im Jahr im Einsatz, doch unsere Arbeit wird häufig ausgenutzt“, beklagt Gajer.
Schluss mit den kostenlosen Flugtaxis
Um die Kosten für nicht gerechtfertigte Rettungseinsätze in den Griff zu bekommen, planen die norditalienischen Alpenregionen, Bergsteiger künftig zur Kasse zu bitten. Früher waren Rettungsaktionen in Italien kostenlos, die Gemeinden trugen die Kosten. Im Trentino wird eine Hubschrauberrettung ohne Krankenhausaufenthalt mittlerweile mit 750 Euro berechnet. Bei vollkommen unangemessenen Notrufen können die Kosten für eine Rettung bis zu 140 Euro pro Minute betragen, doch viele ausländische Touristen verlassen das Land, ohne die Rechnung vorher zu bezahlen.
Ob es der Flugrettung gelingen wird, mittels Kampagnen und erhöhter Beförderungsentgelten die ungebetenen Passagiere einzudämmen, bleibt abzuwarten. Mit der bevorstehenden Wintersaison bahnt sich erst einmal eine Intensivierung der Rettungseinsätze an.
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