Frau des Abgeordneten Aboubakar Soumahoro angeklagt – VIDEO

Betrug und Veruntreuung: Geld für Luxus statt für Migranten?

Freitag, 05. April 2024 | 08:05 Uhr

Von: ka

Rom/Latina – Nachdem die Ehefrau und die Schwiegermutter des Parlamentariers Aboubakar Soumahoro – Liliane Murekatete und Therese Mukamatsindo – im vergangenen Oktober von der Finanzpolizei festgenommen und in den Hausarrest überstellt worden waren, verfügte der Richter der Vorverhandlung von Latina gegen die beiden Frauen sowie zwei Schwägern des Abgeordneten die Einleitung des Hauptverfahrens.

Die Anschuldigungen beziehen sich auf verdächtige Finanztransaktionen der Genossenschaft Karibù und des Konsortiums Aid, die sich um Asylbewerber und unbegleitete Minderjährige kümmerten. Liliane Murekatete und Therese Mukamatsindo sowie den beiden Männern wird zur Last gelegt, Geldmittel, die eigentlich für die Genossenschaften bestimmt waren, veruntreut zu haben. Die Anklagen der ermittelnden Staatsanwaltschaft lauten auf Betrug bei öffentlichen Auftragsvergaben, Veruntreuung, betrügerischen Bankrott und Selbstgeldwäsche. Der Prozess wird am 11. Juni in Latina beginnen.

ANSA/Von links: Liliane Murekatete, Ehefrau Aboubakar Soumahoro, Marie Therese Mukamitsindo, Schwiegermutter von Aboubakar Soumahoro und unten links Aboubakar Soumahoro.

Aboubakar Soumahoro, gegen den im Gegensatz zu seiner Frau und zu seiner Schwiegermutter keine Anschuldigungen vorliegen und der allen bisherigen Erkenntnissen zufolge nichts mit den gegen die Beschuldigten erhobenen Vorwürfe zu tun hat, galt bis zum Ausbruch des Skandals um die verdächtigen Finanztransaktionen der Genossenschaft Karibù als aufgehender Stern der italienischen Politszene.

Dem ursprünglich von der Elfenbeinküste stammenden 43-jährigen Gewerkschafter und Politiker, der über die Liste Alleanza Verdi e Sinistra – Grüne und Linke Allianz – vor eineinhalb Jahren in die italienische Abgeordnetenkammer gewählt wurde, ist es ein Anliegen, die rechtliche Lage der zumeist aus Afrika stammenden Landarbeiter zu verbessern und politisch deren Anliegen zu vertreten. Insbesondere dem „Caporalato“ – mit dem Begriff „Caporalato“ wird die im Süden grassierende Sklavenarbeit in der Landwirtschaft bezeichnet – sagt Aboubakar Soumahoro den Kampf an. Um dies zu unterstreichen, erschien er zur Eröffnung der neuen Legislatur in Gummistiefeln, wie sie die Landarbeiter tragen.

Facebook/Aboubakar Soumahoro

Aboubakar Soumahoro geriet in Erklärungsnot, als in der Öffentlichkeit Gerüchte über das luxuriöse Erscheinungsbild und die angebliche Verschwendungssucht seiner Frau Liliane Murekatete auftauchten. Als im Netz Bilder erschienen, die die Frau des Abgeordneten in teuren Gewändern und mit luxuriösen Accessoires zeigen, kippte endgültig die öffentliche Stimmung. Medien und politische Gegner begannen sich auf Soumahoros Frau, die unter anderem „Lady Gucci“ getauft wurde, einzuschießen, was dem politischen Handeln ihres Mannes wenig zuträglich war. Aus Ärger über „mangelnde Solidariät und Unterstützung“ verließ der 43-Jährige die Parlamentsfraktion der Grünen und Linken und wechselte in die gemischte Fraktion.

Nachdem Angestellte der beiden Genossenschaften, die seit Monaten ohne Gehalt geblieben waren, Anzeige erstattet hatten, begann die Finanzpolizei, die Genossenschaft Karibù und das Konsortium Aid genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei stießen sie auf laut den Ermittlern illegale Finanztransaktionen. In der Folge ordnete die zuständige Staatsanwaltschaft von Latina die Beschlagnahme von Vermögenswerten in Höhe von zwei Millionen Euro an. Den Ermittlungen der Finanzpolizei zufolge handelt es sich dabei um jene öffentlichen Geldmittel, die für andere Zwecke als die Führung der Aufnahmezentren der Genossenschaft Karibù, die von den Beschuldigten geführt wurde, ausgegeben wurden.

„Die Straftatbestände des betrügerischen Konkurses und der Veruntreuung ergeben sich aus der gerichtlichen Feststellung der Zahlungsunfähigkeit der Genossenschaft Karibù und der Selbstgeldwäsche eines Teils dieser Beträge, die ins Ausland – nach Ruanda, Belgien und Portugal – überwiesen und in geschäftliche Aktivitäten reinvestiert wurden, die in keinem Fall mit den Zwecken der Betreuung von Migranten und Asylbewerbern in Italien in Zusammenhang stehen“, so die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.

Laut den Erkenntnissen der Finanzpolizei seien die veruntreuten Geldsummen für Hotels, Restaurants, Luxusbekleidung, Accessoires, und Schmuck ausgegeben worden. Dabei soll die Verschwendungssucht von „Lady Soumahoro“, Liliane Muraketete, mit vermuteten Ausgaben von allein einer Million Euro besonders hervorstechen. Ein Großteil des Geldes habe den Ermittlungen zufolge den Weg nach Afrika genommen, um eine Ferienanlage in Ruanda zu finanzieren.

ANSA/DAVID NICOLO’

Währenddessen fehlte es in den von der Genossenschaft Karibù betreuten Aufnahmezentren für Migranten und unbegleitete Minderjährige an allem. Die Unterkünfte waren baufällig und überbelegt, die Einrichtung war sehr dürftig und die hygienischen Bedingungen schlecht. Zudem gab es schwere Mängel bei der Wasserversorgung und der Lebensmittelkonservierung. Die Verköstigung der Flüchtlinge mit minderwertigen Lebensmitteln, Feuchtigkeit und Schimmel in den Räumlichkeiten, Mängel bei der Reinigung der Räume und Toiletten sowie die unzureichende Lieferung von Kleidung und Hygieneartikeln runden das Bild völlig unterversorgter und vernachlässigter Asylzentren ab. Außerdem beklagen ehemalige Mitarbeiter der Genossenschaft, dass sie seit Monaten und teilweise seit Jahren ohne Gehalt sind.

Aboubakar Soumahoro beteuert, dass er mit den gegen seine Frau gerichteten Anschuldigungen nichts zu tun habe, und teilt mit, dass er auf den Gang der Justiz vertraue. Im Namen seiner Mandantin weist auch der Rechtsbeistand von Liliane Murekatete, Lorenzo Borrè, die Vorwürfe zurück. „Sowohl was die ihr zu Last gelegten Straftaten betrifft, als auch was ihre tatsächliche Rolle als Verwalterin angeht, bestehen weiterhin erhebliche Einwände, die erst noch in der Verhandlung geklärt werden müssen“, so Lorenzo Borrè gegenüber Adnkronos.

Allerdings handelt es sich dabei um ein zweites Verfahren, in dessen Rahmen gegen Liliane Murekatete und Therese Mukamatsindo wegen Steuerhinterziehung bereits im Dezember ein Hauptverfahren eröffnet wurde. In beiden Verfahren wird der Prozessbeginn mit Spannung erwartet.