Kindheitserinnerung an Südtirol

Chico Forti ist wieder in Italien – Brief an die Mutter: „Du bist mein Felsen“

Sonntag, 19. Mai 2024 | 09:17 Uhr

Von: mk

Trient/Verona – Chico Forti ist in Italien angekommen. Der 65-Jährige aus dem Trentino war erst vor wenigen Tagen nach langer Haft aus einem Gefängnis in Florida entlassen und in sein Heimatland überführt worden.

Nun soll er in eine Strafvollzugsanstalt nach Verona gebracht werden, wo er abwarten muss, wie sich das Verfahren weiter entwickelt.

Diplomatische Bemühungen der Regierung in Rom mit dem Bundesstaat Florida und mit der US-Regierung haben zu diesem Ergebnis geführt. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte im März höchstpersönlich in Washington vorgesprochen.

Forti, der aus dem Trentino stammt, ist wegen des Mordes an den Australier Dale Pike in Miami schuldig gesprochen worden. Der Geschäftspartner des Italieners war am 5. Februar 1998 tot am Strand aufgefunden worden.

Im Jahr 2000 wurde Forti zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Allerdings beteuerte er über all die Jahre hinweg stets seine Unschuld.

Im Jahr 1990 hatte Chico Forti im Alter von 30 Jahren in der Fernsehquizshow „Telemike“ mit Showmaster Mike Buongiorno 86 Millionen Lire gewonnen. Darauf zog er in die USA und heiratete ein Model. Anschließend erwog der Surfer und Fernsehproduzent einen Umstieg ins Gastgewerbe. Doch noch bevor er ein Hotel auf Ibiza kaufen konnte, ist der Mord geschehen.

Damit Forti nach Italien ausgeliefert werden konnte, musste das Berufungsgericht in Trient das Urteil, das in den USA gefällt worden war, anerkennen, um es dann umzusetzen. Der 65-Jährige darf nun nach 24 Jahren die verbliebene Haftstrafe in Italien absitzen.

Wie sein Anwalt Nicola Canestrini erklärt, gilt nun allerdings italienisches Gesetz. „Wird der Verurteilte nicht als gemeingefährlich eingestuft, sind nach zehn Jahren Urlaubsprämien, nach 20 Jahren die Teilfreiheit und nach 26 Jahren die bedingte Haftentlassung möglich“, erklärt der Strafverteidiger. Bei guter Führung könne das Limit auf 21 Jahre herabgesetzt werden – mit einem Strafnachlass von 45 Tagen alle sechs Monate.

„Heute ist ein Freudentag“, erklärte hingegen Gianni Forti, der Onkel des 65-Jährigen, über die Rückkehr seines Neffen. Nun könne man sagen, dass die Bemühungen seiner Angehörigen nicht gänzlich umsonst gewesen seien.

In all den Jahren hielt Chico Fort auch Kontakt mit Lorenzo Moggio, einem Freund aus seiner Kindheit, der unter anderem das Komitee „Eine Chance für Chico“ gegründet hat. In der Regel hörten sie zweimal in der Woche voneinander. Wie üblich hatte Forti ihm vor dem Muttertag einen Brief an seine Mutter geschickt und ihr erklärt: „Du bist mein Felsen.“

Chico Forti wusste noch nicht, dass ihm eine Verlegung nach Italien bevorstand. Was ihn letztendlich all die Jahre durchhalten ließ, seien laut Moggio sein Charakter, seine Energie und seine Tiefe gewesen.

In dem Brief erinnert sich Chico auch an eine Episode aus seiner Kindheit, die sich während eines Sommerurlaubs am Lavazèjoch in Südtirol an der Grenze zu seinem „geliebten Trentino“ ereignete. In einem Teich, den er für das Meer hielt, hatte er einen Salamander entdeckt. Sofort holte er sich ein Fläschchen mit wohlriechendem Inhalt, den er verschüttete, um den Salamander einzufangen.

Als er das Ergebnis voll stolz seiner Mutter präsentierte, verstand er zunächst nicht, wie ihm geschah. Seine aufgebrachte Mutter hatte ihm eine Ohrfeige verpasst, weil er ihr Lieblingsparfum ausgeschüttet hatte, während sie mit ihm weiter schimpfte. Später jedoch sah er, wie seine Mutter weinte. Ihr hatte ihre eigene Reaktion leidgetan. „Das war ein viel größerer Schmerz als die Ohrfeige. In diesem Moment habe ich verstanden, wie sehr eine Mutter ihre Kinder liebt“, erklärte Chico Forti in dem Brief.

Dieses Erlebnis habe dazu beigetragen, aus ihm einem besseren Menschen zu machen „Meine Frau und ich, wir haben nie unsere Kinder geschlagen – nicht nur aus Selbstkontrolle heraus, sondern einfach, weil kein Grund dafür bestand. Der Verdienst dafür gebührt allerdings meiner Mutter“, heißt es in dem Brief.

Die Nachricht einer Rückkehr von Chico Forti hat in Italien und vor allem im Trentino große Erleichterung ausgelöst. Unter anderem erklärte Landeshauptmann Maurizio Fugatti, dass eine lange und schmerzhafte Geschichte endlich zu Ende gegangen sei.