Von: ka
Bologna – Ein Pub in Bologna hat gleich wie andere italienische Lokale am Freitag die abendliche Sperrstunde missachtet. Im Gegensatz zu anderen Gaststätten, die die Maskenpflicht und die soziale Distanzierung einhielten, wurde im voll besetzten „Halloween Pub“, das als Treffpunkt der „harten“ Coronaleugner und Impfgegner gilt, gegessen, getrunken und gefeiert, als ob es die Corona-Notlage nicht geben würde. Ein Reporter, der sich inkognito in den Pub hineingeschlichen hatte, wurde vom Inhaber bedroht und angegriffen.
Am Freitagabend suchte der Reporter Valerio Lo Muzio von La Repubblica den Halloween Pub in der Via Stalingrado von Bologna auf, um das Lokal, das seine Teilnahme an der Initiative „#IoApro1501“ der „Gastronomie-Corona-Rebellen“ angekündigt hatte, ganz aus der Nähe zu betrachten. Als er gegen 19.30 Uhr vor dem zugesperrten Halloween Pub, deren Inhaber bereits in den letzten Monaten mehrere Ermahnungen und Strafen kassiert hatte, um Einlass bat, wurde er von einer Kellnerin aufgehalten. Die Frau, die keine Gesichtsmaske trug und als eine Art „Aufpasserin“ fungierte, fragte ihn, ob er reserviert habe.
Nach einer Viertelstunde wurde Valerio Lo Muzio eingelassen. Die Kellnerin, die hinter ihm die Tür wieder verschloss, wies dem in inkognito auftretenden Reporter einen Platz an einem Tisch zu, an dem bereits viele Personen saßen. Der Halloween Pub, das als Treffpunkt der „harten“ Corona-Leugner und Impfgegner gilt, ist bis zum Bersten voll. Im Pub, in dem offensichtlich keine Maskenpflicht und keine soziale Distanzierung herrschen, befinden sich Besucher aller Altersgruppen und sozialen Schichten: Während an einem Tisch ein junges Paar flirtete und eine Gruppe von Männern an der Theke ihr Feierabendbier genoss, aßen und tranken die Mitglieder einer zehnköpfigen Tischgesellschaft, als ob es die Corona-Notlage nicht geben würde. Insgesamt befanden sich im kleinen und schlecht belüfteten Pub rund 30 Kunden.
Valerio Lo Muzio zückte sein Smartphone und begann, die Umgebung zu filmen. Der Reporter, der der Einzige war, der eine Mundnasenschutzmaske trug, erregte mit seinem Filmen des Treibens im Pub aber bald die Aufmerksamkeit und den Unmut der Gäste. Besonders der Inhaber des Halloween Pub, Mattia Florulli, war wenig angetan. „Wieso machst du ein Video? Ich erlaube dir nicht, irgendeinen Sch…. zu veröffentlichen“, brüllte Mattia Florulli dem Reporter aus kürzester Distanz ins Gesicht.
Nachdem Valerio Lo Muzio sein Smartphone abgelegt hatte, wurde er nach und nach zum Gespött der Gäste. „Komm, wir haben verstanden, dass du von der Digos bist. Du hast sogar ein Bullengesicht“, so ein Kunde zum Reporter. „Hast du Angst vor Corona? Covid-19 existiert nicht. Du solltest dich informieren. Es handelt sich nur um eine einfache Grippe“, fügte ein weiterer Gast hinzu.
Für Valerio Lo Muzio wurde es im Pub langsam brenzlig. „Weißt du, dass es keinen Impfstoff gibt? Darin sind tote Föten und krebserregende Substanzen. Über 5G erlaubt es ihnen der Impfstoff, uns zu kontrollieren. Bevor sie sie in den Ofen steckten, wurde auch den Juden nicht gesagt, dass sie sterben würden“, so ein Gast zum Reporter. Auf seine Frage, wer denn „sie“ seien, hatte der Gast sofort eine Antwort parat. „Der Tiefe Staat natürlich, Bill Gates, Soros, sie sind diejenigen, die von diesem künstlichen Virus profitieren“, so die unverrückbare Überzeugung des Kunden. Angesichts dieser kruden Thesen, die für Verschwörungstheoretiker typisch sind, lief es Valerio Lo Muzio kalt über den Rücken herunter.
Überhaupt schien der Halloween Pub ein Nest der „harten“ Corona-Leugner und Impfgegner zu sein. Neben der Registrierkasse hing ein Zettel mit dem Hinweis, dass bis zu 95 Prozent der Abstriche falsch positiv seien. Zudem lagen auf der Theke Flyer, die „Vox Italia“ – eine Partei rechter, souveräner, populistischer und sozialistischer Orientierung des Philosophen Diego Fusaro – bewarben.
Lange nach 22.00 Uhr, ab der in Bologna Sperrstunde herrscht, machten sich die meisten Gäste auf den Heimweg. Als nach 23.00 Uhr mehrere Streifen der Lokalpolizei vor dem Pub eintrafen, befand sich nur mehr der harte Kern der Stammgäste im Lokal. Rund zehn Beamte drangen in das Lokal ein, um die Personalien der Anwesenden aufzunehmen. Die Missachtung der Sperrstunde dürfte allen Angetroffenen teuer zu stehen kommen.
Vor dem Pub spielten sich wilde Szenen ab. Mattia Florulli wollte nicht, dass das Kamerateam von La Repubblica den Polizeieinsatz filmt. Zusammen mit einer weiteren Person schlug er mit Gewalt die Eingangstüre des Pubs gegen den Kameramann. Dann schloss er nervös die Tür mit dem Schlüssel ab. Die Beamten mussten sich mit dem Inhaber des Pubs herumzanken, um ihn davon zu überzeugen, für die Polizeikontrolle wieder die Tür zu öffnen. Endlich konnten die Polizisten ihre Arbeit fortsetzen. Mit dem ausgestellten Strafbescheid in der Hand verließen die letzten Gäste einzeln das Lokal. Dann erschien ein offensichtlich hasserfüllter Mann. „Wenn ich dich erwische, bringe ich dich um“, so der Mann, der auf Valerio Lo Muzio einschlagen wollte. Anschließend ging Mattia Florulli selbst auf Valerio Lo Muzio los und verfolgte ihn, während er ihn wüst beschimpfte.
„Dies ist der zweite Angriff, den ich innerhalb weniger Monate erleide. Heutzutage ist es immer schwieriger, Journalist zu sein. Die Brunnen sind immer mehr verschmutzt. Die Desinformation über das Virus und die Pandemie erreichen Ausmaße, die an Fanatismus grenzen“, so das traurige Fazit von Valerio Lo Muzio auf Twitter.
Questa è la seconda aggressione che subisco in pochi mesi, oggi fare il giornalista è diventato sempre più difficile. I pozzi sono sempre più inquinati, la disinformazione sul virus e sulla pandemia sta raggiungendo vette che rasentano il fanatismo. https://t.co/BLvJnb8tBF
— Valerio Lo Muzio (@ValerioLoMuzio) January 17, 2021
Die Missachtung der Sperrstunde und besonders der Angriff auf den Reporter dürften für Mattia Florulli diesmal ein gerichtliches Nachspiel haben.