Von: ka
Vimercate – Tiziana Morandi, die von den italienischen Medien „Lady Betäubungsmittel“ oder „Gottesanbeterin der Brianza“ getauft wird, steht wegen Körperverletzung und Raubes vor Gericht. Die 48-jährige, gutaussehende Frau wird beschuldigt, Männer, die sie in den sozialen Netzwerken und in Lokalen kennenlernte und denen sie „entspannende Massagen“ anbot, betäubt und anschließend beraubt zu haben.
Wie der Staatsanwalt betont, der für die inhaftierte Frau 15 Jahre Haft fordert, wurden die Männer „betäubt und unter Drogen gesetzt, wobei die Täterin es billigend in Kauf nahm, dass ihre Opfer gesundheitlichen Schaden nehmen könnten“. In der Tat waren einige Männer nach dem Treffen mit Tiziana Morandi mit dem Auto verunglückt oder erst im Krankenhaus wieder aufgewacht. Das Gerichtsurteil wird für den 1. Dezember erwartet.
„Wir führen heute einen Prozess wegen Raubes und Körperverletzung, aber die Tatsache, dass niemand gestorben ist, ist nur dem Zufall zu verdanken“, betont der zuständige Staatsanwalt von Monza, Carlo Cinque, während des Vortrags der Anklageschrift gegen Tiziana Morandi. Für die 48-jährige, gutaussehende Frau, die nach dem Bekanntwerden ihrer Taten die Spitznamen „Lady Betäubungsmittel“ und „Gottesanbeterin der Brianza“ erhielt, fordert Carlo Cinque nicht weniger als eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren und nach der Verbüßung dieser Strafe drei zusätzliche Jahre auf Bewährung als weitere Sicherheitsmaßnahme.
Der 48-jährigen Frau wird vorgeworfen, etwa zehn Männer – darunter auch einen 27-Jährigen aus dem Gadertal – zuerst betäubt und dann ausgeraubt zu haben. Tiziana Morandi köderte ihre Opfer über Instagram und Facebook. Ihre Seiten in den sozialen Netzwerken sind voller digital nachgebesserter Bilder, die die attraktive 48-Jährige in schönen Kleidern und reizvollen Posen zeigen.
Ihre Masche war denkbar einfach. Nachdem sie über das auserkorene Opfer – es handelte sich zumeist um einen älteren Mann – zuerst Informationen über seine finanziellen Möglichkeiten eingeholt hatte, sandte sie ihm eine Freundschaftsanfrage. Dank ihres Charmes, ihrem gepflegten Äußeren und nicht zuletzt ihrer erotischen Ausstrahlung gelang es ihr, nach einem kurzen Chat ihr Opfer in ihren Bann zu ziehen.
Die Aussicht auf eine „entspannende Massage“ und ein mögliches Abenteuer mit einer schönen Frau verleiteten und verführten die Männer leichtfertig dazu, einem Treffen mit ihr einzuwilligen. Was folgte, war aber ein böses Erwachen. Der Anklage zufolge verabreichte sie den zehn bisher bekannten Opfern im Alter von 27 bis 84 Jahren einen mit Benzodiazepinen versetzten Tee oder Saft. Anschließend raubte sie den bewusstlosen Männern ihr Bargeld, ihre Bankomat- und Kreditkarten und ihre ganzen sonstigen Wertgegenstände. In einem Fall konnte sie einen älteren Mann sogar seiner ganzen Sammlung wertvoller Goldmünzen berauben.
Der ursprünglich aus Roncello bei Monza stammenden und bis zu ihrer Festnahme im Juli des vergangenen Jahres in Vimercate wohnhaften Frau werden insgesamt 21 Anklagepunkte zur Last gelegt, die von Raub, Körperverletzung, Drogenbesitz, Kreditkartenmissbrauch bis hin zur Herbeiführung eines Zustands der Einsichts- oder Willensunfähigkeit reichen. Während der Verhandlungen wurden die Straftaten, die auf den Sommer 2021 zurückgehen und für die sich Tiziana Morandi nun vor Gericht verantworten muss, detailliert geschildert.
„Wir haben von Personen gehört, die nicht bei vollem Bewusstsein ein Auto gelenkt und ihr Fahrzeug zu Schrott gefahren hatten, und Schilderungen von Opfern erhalten, die vom Fahrrad gestürzt waren oder die Verwandte bewusstseinslos aufgefunden hatten. Den Opferberichten zufolge waren mit Drogen betäubte ältere Menschen erst im Krankenhaus wieder aufgewacht“, so der Vertreter der Staatsanwaltschaft, dem es ein Anliegen ist, auf die besondere Schwere der der mutmaßlichen Täterin zur Last gelegten kriminellen Handlungen hinzuweisen.
Ähnliche Worte äußerte auch die Anwältin Barbara Giulivi, die den einzigen Zivilkläger – einen älteren Mann aus Trezzo sull’Adda, der vor einem Jahr bewusstlos am Steuer gesessen war – vertritt. Vor den Schlussplädoyers versuchte der neue Verteidiger von Tiziana Morandi, der den Fall gerade erst übernommen hatte, Rechtsanwalt Angelo Leone, eine psychiatrische Untersuchung der Frau zu beantragen, doch das richterliche Gremium lehnte diesen Antrag ab.
Während der Vorverhandlung sagten viele der Opfer vor Gericht aus. Sie berichteten von den Lügen und Ausflüchten der Täterin, vom „Filmriss“ und vom durchlebten Gefühl der „völligen Dunkelheit“, nachdem ihnen ohne ihr Wissen und gegen ihren Willen ein schweres Beruhigungsmittel eingeflößt worden war. Einige von ihnen, die erst im Krankenhaus aufgewacht waren, hatten noch tagelang unter der Betäubung gelitten.
Mit Blick auf die erdrückende Beweislast, die Gefährdung der Gesundheit und des Lebens der Opfer und den erschwerenden Umstand, dass die 48-Jährige wegen Täuschung eines Unzurechnungsfähigen bereits vorbestraft ist, meinen Beobachter, dass das Gericht im Falle einer Verurteilung dem vom Staatsanwalt vorgeschlagenen Strafmaß Rechnung tragen könnte. Das Urteil wird für den 1. Dezember erwartet.