Er war der Chef der Cosa Nostra

Der Krebs hat gesiegt: Mafia-Boss Messina Denaro ist tot

Montag, 25. September 2023 | 09:16 Uhr

Von: mk

Palermo – Als „Sieg für den Staat“ und als „Wendepunkt“ ist seine Festnahme am 16. Jänner von Politikern bezeichnet worden. 30 Jahre lang war er untergetaucht. Nun ist Mafia-Boss Matteo Messina Denaro im Krankenhaus verstorben.

Seit drei Jahren hatte er an einer Tumor-Erkrankung am Colon gelitten und war in einem überwachten Zimmer im Spital untergebracht. Wie in seinem biologischen Testament festgelegt, lehnte es der Pate ab, über seine Zeit hinaus künstlich am Leben gehalten zu werden. Die Ärzte haben in den vergangenen Tagen die Ernährung eingestellt.

Seit 2020 war der Mafia-Boss gleich vier chirurgischen Eingriffen unterzogen worden. Bereits seit seiner Verhaftung schätzten die Ärzte den Gesundheitszustand des 62-Jährigen von Anfang an kritisch ein. Zunächst war er in einer Gefängniszelle behandelt worden, zu der auch eine Krankenschwester Zutritt hatte.

Aufgrund des jüngsten Eingriffs verblieb er im Spital und wurde dort einer Schmerztherapie unterzogen. Am Freitag fiel er ins irreversible Koma. Zuvor hatte er noch einige Familienangehörige empfangen, darunter auch seine Tochter Lorenza, die zur Zeit seines Untertauchens zur Welt gekommen war und die er vorher nie anerkannt hatte.

Die Frau stand in den vergangenen Tagen gemeinsam mit Schwestern des Mafia-Bosses und seiner Nichte Lorenza Guttadauro an dessen Krankenbett. Guttadauro war auch seine Anwältin.

Verhaftung im Jänner

Die italienischen Behörden hatten den Chef der sizilianischen Cosa Nostra am 16. Jänner 2023 verhaftet. Wie die Carabinieri mitteilten, wurde der Mafioso und meistgesuchte Verbrecher Italiens in einer Privatklinik in Palermo festgenommen, wo er behandelt wurde. Dem seit 30 Jahren gesuchten Mafiaboss werden mindestens 50 Morde zur Last gelegt. Den ersten soll er im Alter von 18 Jahren begangen haben.

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Laut den Ermittlern war Messina Denaro bereits seit einem Jahr in der Klinik wegen eines Tumors im Unterleib in Palermo in Behandlung. Er war unter dem falschen Namen “Andre Bonafede” operiert und mit Chemotherapie behandelt worden. “Wir hatten keine Ahnung, dass wir Messina Denaro in Behandlung hatten”, sagte ein Arzt der Klinik kurz nach der Verhaftung. Als der Boss die Polizisten im Krankenhaus bemerkte, versuchte er zu flüchten, wurde jedoch festgenommen und in eine Carabinieri-Kaserne auf Sizilien gebracht, berichteten die Ermittler. Er gab seine Identität zu.

Der Tumor als Spur

Ausgerechnet seine Erkrankung hatten die Ermittler genutzt, um dem Mafia-Boss auf die Spur zu kommen. Familienmitglieder, die am Telefon abgehört wurden, sprachen untereinander von einem Tumor, einer Chemotherapie und mehreren Operationen. Schließlich zog sich die Schlinge zu. Mehr als 100 Sicherheitskräfte waren für die Festnahme des Paten im Einsatz.

Messina Denaro galt als mächtigster Mann der sizilianischen Mafia und als Nachfolger des 2017 im Alter von 87 Jahren in einem Hochsicherheitsgefängnis gestorbenen Mafia-Paten Salvatore “Toto” Riina. Jahrelang gab es von Messina Denaro lediglich ein Phantombild aus den frühen 1990er-Jahren. Das Bild wurde dann mit einem neuen Computer-Programm aktualisiert, das den Alterungsprozess bis ins kleinste Detail berücksichtigte.

In den vergangenen Jahren war Messina Denaro bei Razzien auf Sizilien der Festnahme knapp entgangen. Der Boss hatte die Cosa Nostra nach der Festnahme des Paten Bernardo Provenzano im Jahr 2006 übernommen.

Verschlüsselte Botschaften

2015 fanden die Ermittler heraus, dass er auf moderne Kommunikationsmittel verzichtete, um keine Spuren zu hinterlassen. Stattdessen bediente er sich der uralten Mafia-Methode der „Pizzini“. Das sind verschlüsselte Botschaften auf einem kleinen Stück Papier, um seinen Schergen Anweisungen zu geben.

“Wie alle Mafia-Bosse war er genau dort, wo jeder wusste, dass er war, in Palermo”, schrieb der Schriftsteller und Anti-Mafia-Experte Roberto Saviano, Autor des Bestsellers “Gomorrah” damals. Seine Verhaftung fiel fast auf den Tag genau auf den 30. Jahrestag der Festnahme von Totò Riina, der seit den 1970-er Jahren über die sizilianische Mafia geherrscht hatte.