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Dicke Luft am Gardasee: Weißer Schaum, Treibholz und Müll

Montag, 13. November 2023 | 08:08 Uhr

Von: ka

Torbole/Desenzano – Tunnelbohrungen und die Folgen des letzten Hochwassers, aus dessen Grund der Etsch-Gardasee-Tunnel geöffnet wurde, sorgen dafür, dass am Gardasee dicke Luft herrscht.

In der Nacht vom 5. auf den 6. November trat im Park eines Urlaubs auf dem Bauernhof aus dem Boden plötzlich ein dicker, gräulich weißer Schaum aus. Der Schaum überschwemmte zuerst den Garten, dann das Schwimmbad und schließlich den nahe gelegenen Weinberg, wo wertvolle Groppello-Trauben angebaut werden. Nicht weit davon entfernt sackte der Boden in sich zusammen, wobei sich ein etwa zweieinhalb Meter tiefes Erdloch auftat. Zu allem Unglück kam hinzu, dass sich in einem Gebäude des Bauernhofs einige Risse bildeten.

🔴 Garda, voragini e un geyser di schiuma bianca tra un agriturismo e un vigneto. La causa? I lavori della TavAl link gli aggiornamenti: https://brescia.corriere.it/notizie/cronaca/23_novembre_07/tav-brescia-est-verona-la-schiuma-invade-un-agriturismo-di-desenzano-del-garda-ef16c520-f927-4589-8533-fb176c812xlk.shtml

Posted by Corriere Brescia on Tuesday, November 7, 2023

„Nachdem es bereits seit Tagen im Untergrund gebrodelt hatte, hörten wir mitten in der Nacht ein Geräusch. Im Garten bildete sich ein Loch, aus dem Schaum austrat, der dann den ganzen Park und einen Teil unseres Weinbergs bedeckte”, erklärten die Inhaber des Bauernhofs dem Lokalmedium Bresciaoggi.

Den herbeigeholten Technikern, die zusammen mit den Sicherheits- und Rettungskräften am „Tatort“ eintrafen, war schnell klar, dass es sich bei diesen unvorhergesehenen Schaumaustritten und Erdbewegungen um „unerwünschte Nebenwirkungen“ von Tunnelbohrarbeiten handelte. In der Tat wird ganz in der Nähe an der zweiten Röhre für die neue Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Brescia-Verona gearbeitet, für die Kosten von 206 Millionen Euro veranschlagt sind. Sowohl die Besitzer des Urlaubs auf dem Bauernhof als auch die Techniker der Region Lombardei nahmen vom Schaum Proben.

Facebook/Associazione per il WWF Trentino

„Während des Baus des Tunnels von Lonato, bei dem eine Tunnelbohrmaschine verwendet wird, kam es im Bereich des Agriturismo Corte Aurea an der Oberfläche zu einem Materialaustritt. Beim Schaum und der Flüssigkeit handelt es sich um ein Gemisch aus spezifischen, biologisch abbaubaren und umweltfreundlichen Substanzen. Seine Ungefährlichkeit ist durch Studien des pharmakologischen Forschungsinstituts Mario Negri in Mailand mit Unterstützung des Obersten Gesundheitsinstituts ISS (Istituto Superiore di Sanità), der Polytechnischen Universität Turin und des Umweltschutzamts der Region Lombardei belegt. Dieses Gemisch wird dazu verwendet, um unter Berücksichtigung der geotechnischen und hydrogeologischen Besonderheiten des Gebiets die Aushubarbeiten fortführen und dabei der frühzeitigen Abnützung des Bohrkerns entgegenwirken zu können“, so die Stellungnahme des Konsortiums Cepav Due, das mit der Durchführung der Arbeiten an der Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke beauftragt ist.

Facebook/Associazione per il WWF Trentino

Cepav Due versichert, dass in Abstimmung mit dem Umweltschutzamt der Region Lombardei bereits Maßnahmen geplant sind, die die vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands vorsehen. Die Inhaber des Agriturismo Corte Aurea, die den ihnen entstandenen Schaden auf mindestens 100.000 Euro beziffern, kündigen für den Fall, dass nicht alle Folgen des Schaum- und Schlammaustritts beseitigt werden, rechtliche Schritte an. Auch die Umweltschützer des WWF betonen, dass sie eigenständige Untersuchungen vornehmen, Vorkommnisse dieser Art weiter beobachten und gegebenenfalls eine Eingabe bei den zuständigen Justizbehörden einreichen werden.

Facebook/WWF Bergamo-Brescia

Allerdings sind nicht nur in Lonato Tunnelbauarbeiten im Gange. Auch am anderen Ende des Sees, bei Nago oberhalb von Torbole, wird ein Tunnel errichtet. Dieser soll nach seiner Fertigstellung die Fahrt von Rovereto zum Gardasee erleichtern. Nachdem Aktivisten des WWF Trentino bereits im März dieses Jahres Austritte von milchig weißer Flüssigkeit beobachtet hatten, stellten die Umweltschützer anfangs November erneut fest, wie sich weißliche Flüssigkeit, die laut ihrer Ansicht von der Tunnelbaustelle des Tunnelprojekts Loppio-Cretaccio gekommen sei, über den kleinen Bach Rio Salone in die Sarca und damit in den Gardasee ergoss.

Obwohl Umweltschützer derartige Vorfälle schon seit Monaten den zuständigen Behörden melden, sei es immer noch nicht gelungen, ihnen auf den Grund zu gehen und eine Lösung zu finden. Ob wie im Fall von Lonato auch bei den Tunnelarbeiten bei Nago Gemische zum Einsatz kommen, die den Vortrieb der Tunnelbohrmaschine erleichtern sollen, steht daher nicht fest.

Facebook/WWF Bergamo-Brescia

Tatsache ist aber, dass am Gardasee derzeit dicke Luft herrscht. Die Anrainergemeinden des südlichen Seeufers sind zutiefst verärgert darüber, dass nach dem Hochwasser der ersten Novembertage vor allem ihre Strände voller Treibholz und Müll sind. In Desenzano und Umgebung werden Stimmen laut, dass sich die Gemeinden am oberen Ende des Sees an den Kosten für die Reinigung ihrer Seeufer beteiligen sollen.

Facebook/Enzo Fattori

Die Gegner verweisen darauf, dass der Großteil der abgerissenen Äste und mitgeführten Baumhölzer von der Sarca stammt. Ein heikles Eisen ist auch die Öffnung des Etsch-Gardasee-Tunnels. Nicht nur die Umweltschützer, sondern auch die Touristiker befürchten, dass die Öffnung des Etsch-Gardasee-Tunnels, das dem Gardasee schmutziges Wasser und viele Sedimente zuführte, dem ökologischen Gleichgewicht des Sees schade.

Facebook/Enzo Fattori

Immerhin haben die Gardaseegemeinden nun mehrere Monate Zeit, alle Schäden zu beheben. Bis dahin dürften sich auch die Gemüter wieder beruhigen.