Von: mk
Rom – Die neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat heute offiziell die Regierungsgeschäfte übernommen. Um 10.30 Uhr überreichte der scheidende Premier Mario Draghi als symbolische Geste die Handglocke an Meloni, mit der sie in Zukunft die Kabinettsitzungen eröffnet.
Gegen Mittag leitete Meloni ihre erste Ministerratssitzung. Dabei nutzte sie die Gelegenheit, ihr Regierungsteam auf die bevorstehende Arbeit einzuschwören und appellierte an den Teamgeist der Ministerinnen und Minister. “Wir müssen zusammenstehen, um die großen Herausforderungen, vor denen unser Land steht, gemeinsam zu meistern”, sagte Meloni bei der Sitzung, die etwa eine halbe Stunde dauerte.
Die neue Ministerpräsidentin wird sich einige Tage Zeit nehmen für ihre Ansprache zur Amtseinführung, die sie den Parlamentskammern kommende Woche vorlegen wird. Dabei wird sie ihr Regierungsprogramm vorstellen. Erwartet wird, dass die Vertrauensabstimmung in der Abgeordnetenkammer und im Senat Mitte nächster Woche stattfindet. Das Mitterechts-Bündnis verfügt in beiden Kammern über eine klare Mehrheit.
Der italienische Präsident Sergio Mattarella hatte am Samstag im Quirinal, dem Sitz des Staatsoberhaupts in Rom, die neue Regierung unter der neuen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vereidigt. Damit rückt erstmals in Italien eine Frau zur Premierministerin auf. Die 45-jährige Meloni ist die drittjüngste Regierungschefin in der republikanischen Geschichte Italiens.
Der Wahlsieg eines Mitterechts-Bündnisses rund um die postfaschistische Partei Fratelli d’Italia hat in ganz Europa Befürchtungen wachgerufen. Als Schwäche wird in italienischen Medien auch die Allianz mit Silvio Berlusconi gewertet, die vorzeitig in die Brüche gehen könnte. Reibereien um den abfotografierten Zettel mit Beleidigungen wurden nach außen hin vorerst einmal ausgeräumt, doch Berlusconi ist es nicht gewohnt, im Mitterechtslager in der zweiten Reihe zu stehen und zudem einer Frau zu folgen.
Pluspunkte für Meloni sehen italienische Medien unter anderem in der Aufgabenverteilung bei den Ministerien. So wird aus dem Familienministerium etwa das Ministerium für das Ministerium für Familie und Geburt, um dem Bevölkerungsschwund in Italien entgegen zu wirken. Das Umweltministerium soll sich auch um die Energiesicherheit kümmern – in Zeiten des Ukrainekriegs aktueller denn je. Außerdem kann Meloni in gewissen Bereichen auf die Vorarbeit der Regierung Draghi zählen, etwa beim Gaspreisdeckel.
Respekt erntete Meloni auch aus den Reihen der Opposition, weil sie es als erste Frau auf den Posten des Premiers geschafft hat.
An Herausforderungen wird es ihr trotzdem nicht fehlen. Die Energiekrise belastet Familien und Unternehmen schwer. Die Inflation stieg nun im September im Jahresvergleich um 8,9 Prozent, im kommenden Jahr droht Italien eine Rezession. Der Handlungsspielraum wird durch eine gigantische Schuldenlast von 150 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) eingeschränkt – nach Griechenland die höchste Schuldenquote in der Eurozone. Italien muss zügig die im EU-Wiederaufbauplan enthaltenen Ziele umsetzen, will es die Milliarden aus Brüssel erhalten.