Von: lup
Riva – 32 Jahre nach dem ersten Treffen in Meran wurde heute Nachmittag in Riva del Garda die 15. gemeinsame Sitzung der Landtage von Trentino, Südtirol und Tirol eröffnet, die in diesem Jahr vom Trentiner Landtag organisiert wird. Der Dreier-Landtag findet im 2-Jahres-Rhythmus und abwechselnd in den drei Euregio-Ländern statt.
Eröffnet wurde der diesjährige Dreier-Landtag von Walter Kaswalder, dem Präsidenten des Trentiner Landtags, der das Plenum um eine Minute des Gedenkens für einen der Initiatoren des Dreier-Landtags bat: Carl Reissigl, ehemaliger Präsident des Tiroler Landtags, ist kürzlich im Alter von 98 Jahren verstorben. Nach den Grußworten der Vize-Bürgermeisterin von Riva, Silvia Betta, hieß Kaswalder alle Anwesenden offiziell willkommen, bevor er seine Rede mit einem Verweis auf die Europaflagge begann – mit der zuvor das kurze Einführungsvideo abgeschlossen worden war. “Europa ist eine gefestigte historische Realität, in der Lage, gemeinsame Visionen zu finden und gemeinsam zu reagieren”, so Kaswalder. Europa sei auch da mit „seinen Vorschriften, seinen Regeln, mit seinen Finanzierungen, nach Covid sogar noch entscheidender, kurzum, es berührt unser Leben in der Tiefe“. Und dennoch bleibe das Bild Europas in den Köpfen der Völker verschwommen, die Bürger hätten den Eindruck, sie könnten darauf nicht Einfluss nehmen. Kaswalder rief dazu auf, im Rahmen der Europaregion ein “kleines Europa” zu schaffen, in dem neue Wege ausprobiert werden, und schloss mit einem Hinweis auf die Herzform der drei Länder: “Wir müssen den Ehrgeiz haben, nicht nur ein Herz im Herzen Europas zu sein, sondern das Herz eines Europas der Völker, die zu vertreten wir die Ehre und Verantwortung haben.
Rita Mattei, Präsidentin des Südtiroler Landtags, indes unterstrich, “dass unsere gemeinsame Region ein sicherer Ort ist, denn er ist geprägt von dem aufrichtigen Wunsch, sich zu treffen, mit dem von allen anerkannten Ziel, Maßnahmen für Wachstum und Fortschritt in unserem gemeinsamen Territorium zu ermitteln und zu fördern”. Zudem hob sie den Wert der Demokratie und des Dialogs hervor und erinnerte die Initiatoren des Dreier-Landtags, Rosa Franzelin Werth, Pierluigi Angeli, Carl Reissigl und Bertram Jäger, die damaligen Präsidenten der Landtage von Südtirol, Trentino, Tirol und Vorarlberg – wobei letzterer schließlich einen anderen Weg der Zusammenarbeit gewählt habe.
Tirols Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann (Tirol) schickte voraus, dass sie bereits bei mehreren Dreier-Landtagen dabei gewesen sei. Aus Erfahrung wisse sie deshalb, dass es Themen gebe, wo sich die drei Länder leichttäten, gemeinsame Entscheidungen und Positionen zu finden. Bei anderen aber sei es schwieriger, einen gemeinsamen Weg zu finden – auch weil es mitunter keine gemeinsamen Standpunkte innerhalb der einzelnen Länder gebe. Sie appellierte dazu, die Themen beim Dreier-Landtag stets mit dem Euregio-Gedanken anzugehen. Ledl-Rossmann verwies zudem darauf, dass es in der Natur der Sache sei, dass die Medien immer auf sensible und emotionale Themen schauten und am meisten auf solche Themen, bei denen es keine Einigkeit gebe. Daneben würden aber jene Themen vergessen, bei denen Einigkeit herrsche – es gelte, insbesondere auch für die Abgeordneten, diese Themen zu positionieren und weiterzutragen.
Es folgten Grußworte von Harald Sonderegger, Präsident des Vorarlberger Landtags, der als Beobachter am Dreier-Landtag teilnimmt. Er lobte dabei die Pionierarbeit des Dreier-Landtags und die Versuche, die Zusammenarbeit innerhalb des EVTZ zu intensivieren. Es gelte, die Rolle der Regionen und Länderparlamente zu stärken, denn diese gäben Europa ein Gesicht.
Mario Tonina, Vize-Landeshauptmann des Trentino (in Vertretung für Landeshauptmann Maurizio Fugatti beim Dreier-Landtag), hob die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Euregio hervor, die ein bedeutendes Level erreicht habe, auch dank des neuen Statuts von 2021. Er sei sich sicher, dass man in den nächsten Jahren diese Zusammenarbeit weiter vertiefen und ausbauen – dies im Rahmen der Möglichkeiten des EVTZ. Es gebe viele Themen, die die Länder vereinten, insbesondere Themen, die die Zukunft beträfen und deshalb Schlüsselrollen innehätten. Tonina verwies auch auf das den drei Ländern gemeinsame Problem der Großraubtiere, das aber aufgrund der europäischen Normen nicht gemeinsam angegangen werden könne. Man möchte heute bekräftigen, dass man zu diesem Thema aber mit einer gemeinsamen Stimme sprechen wolle. Er unterstrich auch die Rolle und Aufgaben der Jugend und dass es wesentlich sei, Projekte für diese zu realisieren; nicht umsonst habe das Trentino “Die Euregio ist jung” als Motto seiner EVTZ-Präsidentschaft gewählt. Tonina erinnerte zudem an einige Euregio-Initiativen in den Bereichen Jugend und Kultur sowie auch in der Wissenschaft, den Euregio-Bürgerrat, Monitraf, die Arbeitsgruppe Frauen und Gleichberechtigung etc. Eine enge Zusammenarbeit gebe es auch im Bereich der Wettervorhersagen und des Zivil- und Katastrophenschutzes.
Man habe heute, so LH Arno Kompatscher, die verantwortungsvolle Aufgabe und die große Ehre einen Dreier-Landtag abzuhalten. Europa lasse Grenzen überwinden. Es sei in diesem Sinne auch möglich, den Dreier-Landtag und den EVTZ enger zu verzahnen – es gebe auch einen diesbezüglichen Antrag auf der Tagesordnung. In der sprachlichen und kulturellen Vielfalt
Es gebe zahlreiche Herausforderungen, die auf die Menschen, weltweit zukommen und diese verunsicherten – es seien globale Herausforderungen, die aber zugleich lokale seien. Diese Herausforderungen könnten nicht heute oder morgen gelöst werden, aber es gelte, sich ehrlich zu bemühen, Strategien zu entwickeln, die aufzeigten, dass man daran arbeite. Es gebe im Gebiet dazu einige spezielle und gemeinsame Herausforderungen, allen voran die Brennerroute und Transitverkehr sowie die Großraubtiere. Man sollte bei diesen Themen versuchen, wo immer möglich, mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen – dies erhöhe die Möglichkeit, gehört zu werden. Die Wirtschaftskraft in der Euregio sei hoch, doch Glück und Zufriedenheit messen sich nicht allein daran, das müsse man sich vor Augen führen, wenn man wieder mehr Vertrauen in die Institutionen herstellen möchte. Deshalb müssten Lösungen über technische Lösungen hinausgehen.
Der Weg zu Mehrheiten oder gar zu Einstimmigkeit sei häufig weit, bemerkte Tirols Landeshauptmann Anton Mattle, dies bereits im eigenen Land – im Dreier-Landtag sei es noch einmal herausfordernder. Dazu gelte es nach den Beschlüssen in der gemeinsamen Sitzung, diese in den einzelnen Ländern umzusetzen – dies bei zum Teil unterschiedlichen Rechtsrahmen. Der EVTZ Tirol-Südtirol-Trentino habe besondere Kompetenzen und definiere sich als einziger sowohl als EVTZ als auch als Euregio, und habe den Dreier-Landtag. Das Verbindende müsse vor das Trennende gestellt werden. In der Europaregion Tirol sei man aufgefordert, Grenzen tatsächlich zu überwinden. Die gegebenen Chancen müssten genutzt werden – gelebter Parlamentarismus bedeute auch, gemeinsame Wege zu finden. Es gebe unterschiedliche Positionen, gerade beim Verkehr, die sich aus unterschiedlichen Interessen, Topografien, Geografien, Straßenführungen ergäben – doch das Problem müsse vom Aspekt des Schutzes der Bevölkerung angegangen werden. Doch beim Dreier-Landtag arbeite man nicht nur an einem Thema, sondern an vielen – dies, um gemeinsam das Herz Europas zu gestalten.
Denni Dorigo, Vertreter der ladinischen Gemeinden Livinallongo, Colle Santa Lucia und Cortina d’Ampezzo, betonte in seiner dreisprachigen Rede (Italienisch, Deutsch, Ladinisch) die Verbindungen der Gemeinden zum historischen Tirol und an die vom faschistischen Regime vollzogene Trennung. Es sei dies eine politische Teilung gewesen, die durch ethnische und soziolinguistische Diskriminierung motiviert gewesen sei und ein großes Übel und eine Grenze darstelle. Er erinnerte an die Bitte der drei Bürgermeister, die Integration der drei Gemeinden in die Euregio zu unterstützen. Die Gemeinden, die er vertrete, wollten das “neue Tor zur Tiroler Welt” werden. Er bat darum, dass der Antrag, in dem es um die Annäherung der Gemeinden an die Euregio-Gebiete geht, angenommen werden solle – dies damit die Gebiete in ihre “Tiroler Heimat” zurückkehren könnten.
Es folgte die Behandlung der von den Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage vorgelegten Leitanträge.