Von: ka
Varese – Die Witwe von Fabio Limido und Mutter der schwerverletzten Lavinia Limido, Marta Criscuolo, trauert um ihren ermordeten Mann und bangt um das Leben ihrer Tochter.
Die Frau, die als Rechtsanwältin arbeitet, braucht in dieser schweren Zeit viel Kraft, was sie aber nicht davon abhält, ihre Wut über das italienische Rechtssystem öffentlich kundzutun. „Dieser Mann hat unser Leben zur Hölle gemacht. Anstatt ihn nach der ersten Morddrohung in Haft zu nehmen, haben sie gegen ihn lediglich ein Annäherungsverbot verhängt. Aber ein Annäherungsverbot nützt nichts!“, so Marta Criscuolo über eine Tragödie, die sehr wahrscheinlich hätte verhindert werden können.
„Mein Mann hat sich schützend vor seine Tochter gestellt. Sein ganzes Leben lang hat er an seine Familie gedacht und am Montag hat er das mit seinem Leben bezahlt“, so die Witwe des 71-jährigen Geologen Fabio Limido. Obwohl ihr Mann tot ist und ihre Tochter nach schweren Gesichtsverletzungen auf der Intensivstation liegt, gelingt es Marta Criscuolo dennoch, Haltung zu bewahren. Dabei sind die schrecklichen Momente, als sie neben den am Boden liegenden Körpern ihres Mannes und ihrer Tochter knien und das höhnische Lächeln des Mörders ertragen musste, erst drei Tage her.
Mit Schrecken muss die Frau, die als Rechtsanwältin arbeitet, auch an die vergangenen zwei Jahre zurückdenken, in denen das Leben der gesamten Familie Limido ein wahres Martyrium war. Das Lesen der Gerichtsakten, die dem gegen Marco Manfrinati laufenden Justizverfahren wegen Misshandlung und Stalking zugrunde liegen, verursacht Gänsehaut. In den Akten ist von Stalking, zerstochenen Autoreifen, beschädigten Toren, Drohanrufen und Hinterhalten die Rede.
Das Schlimmste aber waren die Morddrohungen. Unmittelbar nachdem der 40-Jährige erfahren hatte, dass seine Ex-Frau das alleinige Sorgerecht für den gemeinsamen dreijährigen Sohn beantragt hatte, rief er sie an. „Hier landet jemand auf dem Friedhof oder auf der Intensivstation, verstehst du?“, so die unmissverständlichen Worte des Mannes, die aufgezeichnet wurden und nun der Staatsanwaltschaft vorliegen.
Obwohl gegen ihn zwei Verfahren liefen, blieb Marco Manfrinati jedoch auf freiem Fuß. „Es gibt ein gerichtlich bestelltes Gutachten eines Psychiaters, das besagt, dass Manfrinati nicht gefährlich und sozial gut integriert sei. Nachdem er meiner Tochter damit gedroht hatte, sie mit einem Hammer umzubringen, beantragte der Staatsanwalt seine Verhaftung, aber der zuständige Richter wies den Antrag zurück. Stattdessen wurde gegen ihn lediglich ein Annäherungsverbot verhängt, das in Fällen wie diesem absolut nutzlos ist!“, erklärt die Witwe des Ermordeten gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur Ansa.
Dann kehren ihre Gedanken zu ihrer Tochter Lavinia zurück. „Sie liegt im künstlichen Tiefschlaf im Krankenhaus. Meine Tochter hat ihr und ihrem Sohn das Leben gerettet, als sie am 2. Juli 2022 von zu Hause weggelaufen ist, um dem Mann zu entkommen, der unser Leben zur Hölle gemacht hat. Wir sind nie ohne eine Pfefferspraydose in der Handtasche aus dem Haus gegangen. Um sie zu schützen, haben wir sogar einen Leibwächter engagiert und einen eigens für den Personenschutz ausgebildeten Hund einer von der Armee verwendeten Rasse erworben. Allein schon aus Zuneigung werden wir ihn behalten, man weiß ja nie“, so Marta Criscuolo.
Weit über Varese in der Lombardei hinaus sind Abscheu und Entsetzen groß. Unter die Trauer mischt sich aber immer mehr Wut. Trotz der abscheulichen Femizide, denen nicht selten ein monate- oder gar jahrelanges Martyrium der Opfer vorausgegangen war, schaffte es das italienische Parlament bisher nicht, ein wasserdichtes Gesetz zu verabschieden, das Männer, die Frauen mit dem Tod drohen, rechtzeitig hinter Schloss und Riegel bringt. Viele Italiener sind mit Marta Criscuolo einer Meinung, dass das Annäherungsverbot nicht wirksam genug ist und die Opfer nicht schützen kann. Wird sich nun endlich etwas ändern?