Emanuele Pozzolo von der Fratelli d’Italia-Fraktion suspendiert – VIDEO

„Er hatte den kleinen Revolver in der Hand“

Mittwoch, 10. Januar 2024 | 07:00 Uhr

Von: ka

Rosazza/Biella – Seit dem Schuss, der sich am frühen Neujahrsmorgen aus seiner Waffe gelöst hat, fällt der Fratelli d’Italia-Abgeordnete Emanuele Pozzolo politisch immer stärker in Ungnade. Der bisher recht erfolgreiche Politiker aus dem Piemont wird sich nicht nur einem parteiinternen Disziplinarverfahren unterziehen müssen, sondern ist seit seiner am Dienstag erfolgten Suspendierung auch nicht mehr Teil der Fratelli d’Italia-Fraktion der Abgeordnetenkammer.

Am schwersten wiegt jedoch die Anschuldigung, dass er selbst geschossen habe. Sollte sich nach der Anzeige von Luca Campana dieser Verdacht der Staatsanwaltschaft von Biella bestätigen, könnte es für Emanuele Pozzolo knüppeldick kommen. Aber die Frage, wer in dieser Nacht den Schuss abfeuerte, ist noch ohne Antwort.

Facebook/Emanuele Pozzolo

Die Anzeige von Luca Campana ermöglicht es der zuständigen Staatsanwaltschaft von Biella, die gegen Pozzolo bereits wegen unsachgemäßer Aufbewahrung einer Waffe und Verursachung gefährlicher Explosionen ermittelt, ihn nun auch wegen Körperverletzung zu belangen. Die Frage, die nicht nur die Staatsanwaltschaft, sondern auch die italienische Öffentlichkeit beschäftigt, ist aber, was in der Neujahrsnacht wirklich geschah.

Zumindest zwei Personen, die sich in der Nähe von Pozzolo befanden, wollen gesehen haben, dass sich die als „Handtaschenwaffe“ beschriebene North American Arms LR22 wenige Momente vor dem Schuss in den Händen von Pozzolo befunden habe. Zugleich wurden aber auch Gerüchte laut, dass die kleine Waffe von einem zweiten Mann – denkbar ist, dass dieser Mann der Leiter des Begleitschutzes von Delmastro, Pablito Morello, gewesen sei – benutzt worden sein könnte. Über die Ermittlungen herrscht höchstes Stillschweigen. Dem Ergebnis des an Pozzolo vorgenommenen Tests zum Nachweis von Schmauchspuren könnte dabei entscheidende Bedeutung zukommen.

Facebook/Sostenitori Della Polizia di Stato

Bei den zwei Männern, die sich, als der Schuss fiel, in der Nähe von Pozzolo befanden, handelt es sich um zwei Lokalpolitiker von Fratelli d’Italia, Davide Zappalà und Luca Zani. Während Zappalà in der Stadtgemeinde von Biella als Assessor für öffentliche Arbeiten zuständig ist, sitzt Zani im Gemeinderat der Kleinstadt.

Facebook/Emanuele Pozzolo/Emanuele Pozzolo, rechts, mit Andrea Delmastro.

„Die Waffe befand sich in seiner Hand. Vielleicht ließ er im Umgang mit dem kleinen Revolver nicht die nötige Vorsicht walten, aber niemand außer ihm hatte sie in der Hand. Es löste sich nur ein Schuss“, so Davide Zappalà gegenüber dem Corriere della Sera. Zappalà wurde bereits in der Unglücksnacht von den Carabinieri vernommen. Am Montag dürfte er die gleiche Aussage der zuständigen Staatsanwältin Francesca Ranieri zu Protokoll gegeben haben.

Auch Luca Zani kann sich noch genau an diesen verhängnisvollen Neujahrsmorgen erinnern. „Er erreichte uns gegen 1.15 Uhr. Kurze Zeit später kam der Leiter des Begleitschutzes, Pablito Morello, hinzu. Ich war gerade dabei, die letzten Gläser von den Tischen zu räumen, als ich aus dem Augenwinkel bemerkte, dass dieser Gegenstand, den ich zunächst für ein Feuerzeug hielt, genau in die Richtung zeigte, in der Luca Campana und ich standen. Ich dachte, dass ich mich besser fernhalten sollte, und ging in Richtung der Küche. Wenige Momente später hörte ich den Schuss. Ich war bereits in der Küche, als der Schuss fiel. Ich kann daher nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob die Waffe in diesem Moment in den Händen des Abgeordneten Pozzolo gewesen sei“, wird Zani vom Corriere zitiert.

Facebook/Emanuele Pozzolo/Emanuele Pozzolo, rechts, mit Andrea Delmastro.

Zani kann sich noch genau daran erinnern, dass die Waffe nach dem Schuss auf dem Tisch liegen blieb. „Ich bin angeschossen worden! Man hat auf mich geschossen!“, soll Zani zufolge Campana geschrien haben. „Er war so aufgeregt, dass ich ihm sagte, er solle sich erst einmal beruhigen. Campana fasste sein blutendes Bein an. Ich half ihm, seine Hose auszuziehen. Als er die Wunde sah, fiel er fast in Ohnmacht. Im selben Moment verständigte ich die Rettungskräfte“, fährt Luca Zani fort.

„Da die Waffe immer noch auf dem Tisch lag, schrie meine Frau ‘Leg die Waffe weg! Nimm sie weg!’. Pozzolo stand unter Schock. Er sprach lange Zeit kein Wort. Es war Morello, der die Waffe sicherte und auf ein Möbelstück legte. Dann erschienen die Carabinieri und die Rettungskräfte“, beschreibt Zani die panischen und hektischen Momente, die dem Schuss folgten. Diese Aussagen sollen nun auch der Staatsanwaltschaft von Biella vorliegen.

Facebook/Emanuele Pozzolo

Ganz unabhängig davon, wer in dieser Nacht wirklich schoss, belastet die Affäre seit Tagen die Regierungsmehrheit. Das unverantwortliche Verhalten von Pozzolo bringt Giorgia Meloni in Rage. „In Fratelli d’Italia scheinen sich einige der Verantwortung, die wir tragen, nicht ganz bewusst zu sein“, so Giorgia Meloni während ihrer Pressekonferenz, die sie zu Jahresbeginn gab.

Für Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die bemüht ist, sich und ihrer Partei ein seriöses Image zu verleihen, kommt die Affäre um den Schuss, der während einer Silvesterparty fiel und einen jungen Mann verletzte, zur Unzeit. In ihrer Partei raten ihr viele, diesen unglaublichen Vorfall zum Anlass zu nehmen, hart durchzugreifen und die „Rowdies“ endlich auszusortieren. Die politische Karriere von Emanuele Pozzolo, die bis zur Silvesternacht so vielversprechend schien, dürfte sich mit dieser Legislatur erledigt haben. Über den Rest werden Gerichte befinden.