Von: ka
Sant’Antimo – Mehrere Tage nach dem grausamen Doppelmord in der Kleinstadt Sant’Antimo nördlich von Neapel kommen Details über das verstörende Motiv des Täters ans Licht, die diese schreckliche Tragödie in einem noch dunkleren Licht erscheinen lassen. Luigi Cammisa und Maria Brigida Pesacane mussten sterben, weil der Täter, der 44-jährige Raffaele Caiazzo, für die Schwiegertochter den Kopf verloren hatte.
Der 44-jährige Raffaele Caiazzo sitzt seit Donnerstag in Untersuchungshaft. Während er den Mord an seinen Schwiegersohn, den 29-jährigen Luigi Cammisa, bereits gestand, gab er im Verhör an, sich an den Mord an der Frau seines Sohnes Alfredo, der 24-jährigen Maria Brigida Pesacane, nicht mehr erinnern zu können.
An seiner Täterschaft besteht aber kein Zweifel. Luigi Cammisa und Maria Brigida Pesacane, die jeweils von sieben und fünf Kugeln getroffen worden waren, hatten keine Chance gehabt, den Feuerüberfall ihres Schwiegervaters zu überleben. Zum Motiv für den grausamen Doppelmord befragt, erklärte Caiazzo, dass Luigi und Maria Brigida eine Liebesbeziehung eingegangen wären, was ihn offenbar dazu veranlasst hätte, beide zu töten.
Dieser Verdacht hatte aber jeglicher Grundlage entbehrt. Obwohl alle anderen Familienmitglieder auf verschiedene Art und Weise versucht hatten, ihn zur Vernunft zu bringen, war für den 44-Jährigen dieser Verdacht zur Besessenheit geworden.
„In meiner Familie waren wir seit einigen Monaten davon überzeugt, dass mein Vater für Brigida den Kopf verloren hatte. Seine ‘Gefühle’ wurden von ihr absolut nicht erwidert, was aber nicht verhindern konnte, dass seine Eifersucht ins Unermessliche wuchs. Ich bin davon überzeugt, dass die Ermordung meines Mannes ein extremer Akt der Eifersucht meines Vaters war. Da er davon überzeugt war, dass er sie nicht mehr sehen und ihr nicht mehr nahe sein würde, wenn er ins Gefängnis kommt, ging er zum Haus meiner Schwägerin und tötete auch sie“, gab die Tochter des Täters, Anna, zu Protokoll.
Gegenüber den Carabinieri fügte Caiazzos Sohn Alfredo weitere Details hinzu. „Seit einigen Monaten hatten wir in unserer Familie das große Problem, dass sich mein Vater in meine Frau verliebt hatte. Seit einiger Zeit behauptete er sogar, dass sie eine Affäre mit dem Ehemann meiner Schwester, Luigi Cammisa, hätte. Obwohl meine Schwester und ich ihm sagten, dass es sich dabei nur um Hirngespinste handelte, fuhr er fort, an diesen absurden Verdächtigungen festzuhalten. Schließlich stritten wir uns mit ihm so sehr, dass wir mit unserem Vater nichts mehr zu tun haben wollten“, so Alfredo Caiazzo.
Einmal hatte der Täter sogar versucht, seinen Sohn davon zu überzeugen, dass er mit seiner Schwiegertochter geschlafen habe. Als Maria Brigida auf diese schwere Verdächtigung angesprochen worden war, hatte sie gegenüber ihrem Mann betont, dass „das eine Erfindung des Vaters“ sei.
Am Abend vor dem schrecklichen Doppelmord hatte sich die ganze Familie für ein „klärendes Gespräch“ getroffen. Vor den versammelten Familienangehörigen hatte Raffaele Caiazzo zwar seine Behauptung, dass er mit seiner Schwiegertochter geschlafen habe, zurückgenommen, im selben Atemzug aber seinen Verdacht bekräftigt, dass Luigi und Maria Brigida eine Liebesbeziehung eingegangen wären.
Daraufhin war es zwischen dem 44-Jährigen und seinen Kindern sowie deren Partnern zum endgültigen Bruch gekommen. Alfredo und Maria Brigida sowie Anna und Luigi hatten laut ihrer Aussage Raffaele Caiazzo ins Gesicht gesagt, „dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollten“. Nur wenige Stunden später hatte Raffaele Caiazzo seine Schwiegertochter und seinen Schwiegersohn getötet.
Alfredo Caiazzo, der angeblich von seiner Mutter von der Ermordung seines Schwagers Luigi erfahren hatte, hatte noch vergeblich versucht, seine Frau zu erreichen, um ihr zu sagen, dass sie sich „einschließen und niemandem die Tür öffnen“ solle. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie sein Vater vermutlich aber bereits erschossen.
Wie ein Zeuge des Mordes an Luigi Cammisa bestätigte und wie die Aufnahmen einer in der Nähe der Wohnung von Alfredo und Maria Brigida installierten Überwachungskamera zeigten, waren zwischen dem Mord an dem 29-Jährigen und der Ermordung der 24-Jährigen nur wenige Minuten vergangen.
„Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass die beiden Kleinen die Szene miterleben mussten. Von einer absurden Überzeugung geblendet, handelte er klar und rücksichtslos“, so der Richter. Die Tatsache, dass die verstörenden Gefühle eines gescheiterten Mannes drei Familien zerstörten, macht weit über Sant’Antimo hinaus viele Italiener fassungslos.