Luca Delfino, "der Freundinnenmörder", kommt frei – VIDEO

“Er ist ein Sexualverbrecher, früher oder später wird er wieder morden”

Dienstag, 18. Juli 2023 | 07:05 Uhr

Von: ka

Genua – Bruna Biggi, die Zwillingsschwester von Luciana Biggi, ist entsetzt. Jener Mann, von dem sie noch immer glaubt, dass er ihre Zwillingsschwester Luciana Biggi ermordet habe und der ein Jahr später für einen weiteren Mord an einer jungen Frau zu 16 Jahren und acht Monaten Haft verurteilt wurde, wird am 28. Juli aus dem Gefängnis entlassen.

Dass Luca Delfino, der „der Freundinnenmörder“ genannt wird, die nächsten sechseinhalb Jahre in einer REMS-Einrichtung (Residenze per l’esecuzione delle misure di sicurezza, Wohnheime für den Vollzug von Sicherheitsmaßnahmen) verbringen muss, ist für Bruna Biggi, die um ihre Zwillingsschwester trauert, für deren Mord Luca Delfino freigesprochen wurde, kein Trost. „Er ist ein Sexualverbrecher, früher oder später wird er wieder morden“, meint Bruna Biggi.

Die damals 36-jährige Luciana Biggi wurde am 28. April 2006 mit durchgeschnittener Kehle in einer Gasse in Genua aufgefunden. Der Verdacht fiel sofort auf ihren damaligen Freund Luca Delfino. Die 36-jährige Fitness- und Aerobic-Trainerin und der heute 46-jährige Mann hatten sich Anfang Januar desselben Jahres kennengelernt. Luca Delfino, der sich seit Jahren nur mit Gelegenheitsarbeiten durchs Leben schlug, hatte sich gegenüber Luciana zunächst als liebenswürdiger und verständnisvoller Mann verhalten. Wenig später waren aber seine weniger erfreulichen Charaktereigenschaften wie seine krankhafte Eifersucht und seine Neigung zu Gewalttätigkeiten zutage getreten.

Im Laufe der Wochen – Luca Delfino war in das Haus eingezogen, in dem Luciana zusammen mit Bruna gewohnt hatte – waren die Streitigkeiten, die manchmal sogar in Gewalttätigkeiten ausgeartet waren, immer häufiger geworden, sodass Luciana beschlossen hatte, Luca zu verlassen. Aber selbst nach dem Ende der Beziehung hatte Luca Luciana immer wieder mit SMS-Nachrichten und Anrufen belästigt.

Facebook/Bruna Biggi, Luciana Biggi

Luca Delfino galt von Anfang an als Hauptverdächtiger für den Mord an Luciana Biggi. Die Auswertung der Bilder mehrerer Überwachungskameras zeigten, dass sich Luca und Luciana heftig gestritten hatten und nach kurzer Zeit in dieselbe Richtung gegangen waren. Der 46-Jährige hingegen beteuerte seine Unschuld und gab an, dass er sich von ihr verabschiedet hätte. Mehrere Indizien wie die Videos und einige Zeugenaussagen sowie die Tatsache, dass Luca noch in derselben Nacht seine Kleidung samt den Schuhen in der Waschmaschine gewaschen hatte, sprachen aber für die Täterschaft des Mannes.

„Mir war schlecht geworden und ich hatte mich vollgekotzt“, rechtfertigte er sich gegenüber den Ermittlern. Das Zimmer des Mannes wurde durchsucht, aber abgesehen von einigen Gegenständen zweifelhafter Herkunft wurde nichts gefunden, was mit dem Mord in Verbindung gebracht werden konnte. Die Ermittlungen gegen ihn wurden zwar fortgesetzt, aber mangels schlüssiger Beweise wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen.

Einige Monate nach dem Mord an Luciana Biggi lernte Luca Delfino Maria Antonietta Multari kennen. Die Beziehung mit der 32-jährigen Angestellten glich jener mit Luciana Biggi. Luca Delfinos Eifersucht führte zu immer häufiger werdenden schweren Auseinandersetzungen. Aber obwohl ihre zutiefst besorgten Eltern Maria Antonietta darüber in Kenntnis setzten, dass gegen ihren Freund wegen Mordes ermittelt wurde, schaffte die 32-Jährige es zunächst nicht, sich vom Mann zu trennen. Als es Maria Antonietta Multari aber dennoch gelang, die Beziehung mit Luca Delfino zu beenden, ging es ihr ähnlich wie Luciana. Luca Delfino, der sich offenbar nicht mit dem Beziehungsaus abfinden konnte, überschüttete die junge Frau mit SMS-Nachrichten und Telefonanrufen. Zudem verfolgte er sie auf Schritt und Tritt. Schließlich zeigte die junge Frau den Mann an.

Der Mann ließ aber nicht locker. Am 28. April 2007 schickte er ihr eine SMS mit den Worten, „Denk daran, welcher Tag heute ist“. Die Frau gab der Nachricht keine größere Beachtung. Sie wusste nicht, dass es sich um den Jahrestag der Ermordung von Luciana handelte und es daher eine unmissverständliche Drohung war. Am 10. August 2007 fuhr Luca Delfino mit einem gestohlenen Scooter nach Sanremo, wo die 32-Jährige in einem Schönheitssalon arbeitete. Mit einem Messer in der Hand lauerte er ihr hinter einer Mauer auf. Als Maria Antonietta Multari ihren Arbeitsplatz verließ, griff er sie an und stach insgesamt 40 Mal auf sie ein. Die junge Frau schrie, hatte aber keine Chance, den Messerangriff zu überleben.

Von einem Passanten aufgehalten, wurde Luca Delfino wenige Minuten später festgenommen. Der brutale Mord führte zu einer heftigen Kontroverse zwischen der Polizei und der Justiz. Es ging um die Frage, warum der Täter, gegen den bereits wegen Mordes an Luciana Biggi ermittelt wurde, sich nicht in Untersuchungshaft befand. Vor allem die Hinweise, dass es sich bei Luca Delfino um einen alkohol- und drogenabhängigen Kleinkriminellen handelte, der unter psychischen Störungen litt, ein ausschweifendes und gewalttätiges Leben führte und unter anderem wegen seiner mehrfach begangenen sexuellen Belästigungen polizeibekannt war, hätten zusammen mit den Mordermittlungen laut Ansicht vieler Kritiker in eine ständige Untersuchungshaft münden müssen.

Im Januar 2009 wurde Luca Delfino in einem abgekürzten Verfahren wegen Mordes an Maria Antonietta Multari zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren und acht Monaten verurteilt, wobei ihm eine verminderte Zurechnungsfähigkeit zuerkannt wurde. Das Gericht verfügte, dass der heute 46-Jährige nach der Verbüßung dieser Strafe für weitere fünf Jahre in eine psychiatrische Einrichtung überstellt wird. Im Verfahren, das den Mord an Luciana Biggi zum Inhalt hatte, wurde Luca Delfino freigesprochen, weil er laut Ansicht der Richter die Tat nicht begangen hatte. „Alle zivil- und strafrechtlichen Verfahren sind abgeschlossen, aber der Mörder meiner Schwester hat noch immer keinen Namen“, erklärt Bruna Biggi.

Auf das Urteil des Schwurgerichts von Sanremo angesprochen, bricht es aus Bruna Biggi heraus. „Die Strafe für den Mord an Maria Antonietta hätte viel härter ausfallen müssen. Die Tatsache, dass er nach dem Mord an meiner Schwester hätte gestoppt werden können, lässt mir keine Ruhe. Er hätte verfolgt, kontrolliert und rechtzeitig abgefangen werden müssen. Stattdessen tötete er nur ein Jahr später seine nächste Freundin“, so die Zwillingsschwester der Ermordeten.

Das Schreckliche aber ist, dass Bruna Biggi glaubt, dass Luca Delfino weiter morden werde. „Er ist und bleibt ein Sexualverbrecher, der sich vor allem dort herumtreibt, wo es einsame oder verletzbare Frauen gibt. Erhält er die Gelegenheit dazu, wird er wieder zuschlagen. Früher oder später wird er wieder morden“, so Bruna Biggi. Sie vertritt die Ansicht, dass trotz der Fortschritte der vergangenen Jahre zu wenig getan werde, um Frauen vor solchen „Männern“ zu schützen.