Von: ka
Perugia – Die Stadt Perugia in Umbrien ist Schauplatz eines aufsehenerregenden Rechtsstreits. Als ein 89-jähriger Mann die 56-jährige Pflegerin – ein Berufsbild, das mittlerweile auch in Südtirol besser unter der Bezeichnung Badante bekannt ist – seiner verstorbenen Frau heiraten wollte, erhoben seine Schwestern und deren Kinder Einspruch.
„Er ist taub und sie hat einen anderen“, klagten die Angehörigen des Bräutigams. Der Richter von Perugia schmetterte jedoch den Einspruch der Familienangehörigen ab und gab für die Heirat zwischen dem 89-jährigen Pensionisten und der 56-jährigen Frau grünes Licht. Taubheit und eine mögliche Beziehung der Frau, so das Berufungsgericht in seinem im Januar ergangenen Urteil, seien kein Heiratshindernis. Den Angehörigen steht noch die Möglichkeit offen, dieses Urteil anzufechten.
„Er ist taub und hat uns nichts gesagt, und sie hat bereits einen anderen Mann“, lautet die Begründung seiner nahen Verwandten, mit der sie sich gegen die zweite Ehe des 89-jährigen Pensionisten mit der 56-jährigen Pflegerin seiner vor einem Jahr verstorbenen ersten Frau stemmten, doch der Richter gab dem älteren Mann recht und erklärte, dass keiner der von der Familie des Mannes vorgebrachten Gründe ausreiche, um die Ehe zu verhindern. Die Erste Abteilung für Personen und Familie des Gerichts von Perugia wies daher den Einspruch der Angehörigen zurück und machte den Weg für die Heirat zwischen dem Pensionisten und der 56-jährigen Frau frei.
Wie die römische Tageszeitung Il Messaggero berichtet, standen sich vor dem Berufungsgericht von Perugia der 89-Jährige und seine 56-jährige Braut in spe sowie die Schwestern und deren Kinder gegenüber. Nach dem Tod seiner ersten Frau vor einem Jahr hatte sich der 89-Jährige dazu entschlossen, ihre 56-jährige Badante zu heiraten, die sich in den letzten Jahren um seine erste Frau gekümmert hatte.
Dies gefiel seinen Angehörigen jedoch gar nicht. Die Schwestern und Neffen des Bräutigams in spe vertraten nämlich die Meinung, dass der ältere Mann von der Badante seiner verstorbenen Frau aus Eigennutz zur Eheschließung überredet worden wäre. Sie hegten den Verdacht, dass die im Vergleich zum Pensionisten noch recht junge Frau es auf das Vermögen ihres zukünftigen Ehemannes abgesehen habe.
Da aus ihrer Sicht gleich mehrere Hinderungsgründe für die Heirat vorhanden seien, zogen sie vor Gericht. Sie wiesen insbesondere darauf hin, dass der 89-Jährige taub und pflegebedürftig sei. Auch die laut ihrer Aussage bestehende Tatsache, nach der die zukünftige Braut bereits eine Liebesbeziehung zu einem anderen Mann habe, fanden sie nicht nur zutiefst anstößig, sondern auch für eine Eheschließung hinderlich.
Größten Verdacht erregte bei ihnen jedoch der Umstand, dass die beiden die Heirat vor den Verwandten bis zuletzt verheimlicht hätten. Die Schwestern des 89-Jährigen und deren Kinder hätten von der bevorstehenden Hochzeit erst durch die gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Kundmachung erfahren. Vor allem dies, so die Verwandten des älteren Mannes, sei ein Zeichen dafür, dass die Frau mit ihrer ganzen Kraft persönliche Ziele erreichen wolle, die nicht im Rahmen des Bundes der Ehe vorgesehen seien.
Das Berufungsgericht von Perugia schmetterte jedoch alle Einwände der Schwestern und Neffen des Bräutigams in spe ab. Während der Anhörung erhielten die Richter den Eindruck, dass dem 89-Jährigen vollkommen bewusst war, welche rechtlichen Folgen die Eheschließung auf seine Familie haben würde. Das Gericht von Perugia betonte, dass im Gegensatz beispielsweise zur geistigen Urteilsunfähigkeit und Unzurechnungsfähigkeit die Taubheit kein Ehehindernis darstellt. Da dies im Falle des Falles nur ethische Fragen aufwerfen könne, ist auch der von den Angehörigen beanstandete Lebenswandel der 56-Jährigen, dem zufolge sie bereits eine Beziehung zu einem anderen Mann pflege, kein Hindernis für eine Eheschließung.
Den Angehörigen steht zwar noch die Möglichkeit offen, auch dieses Urteil anzufechten, aber da laut Gesetz die Hinderungsgründe für eine Ehe klar umrissen sind, stehen die Chancen der Schwestern und Neffen des Bräutigams, die Ehe doch noch vereiteln zu können, eher schlecht. Wenn beide bei vollem Bewusstsein diese Entscheidung treffen können und wenn keine triftigen Hinderungsgründe vorliegen, kann salopp formuliert laut dem Gesetz der Bund der Ehe geschlossen werden.