Von: ka
Vidor/Marcon – Fast zwei Wochen nach der Ermordung von Alex Marangon zieht sich der Kreis um die mutmaßlichen Täter immer enger. Nach eingehenden Untersuchungen und Zeugenbefragungen hegen die Ermittler keinen Zweifel mehr, dass der Mörder des jungen Mannes unter den Teilnehmern des schamanischen Rituals zu suchen sei.
Andere Möglichkeiten wie das Eindringen von unbekannten Personen in das Gelände der ehemaligen Benediktinerabtei von Vidor konnten von den Carabinieri und der Staatsanwaltschaft von Treviso in den letzten Tagen nach und nach ausgeschlossen werden. Auch das wahrscheinliche Tatmotiv scheint festzustehen. „Er wurde verprügelt, um ihn zu beruhigen“, lassen die Ermittler durchblicken.
Rund eine Woche nach dem Auffinden der Leiche von Alex Marangon steht für die Ermittler fest, dass derjenige, der Alex Marangon in der Nacht vom 29. auf den 30. Juni ermordete, genauso wie der junge Barist aus Marcon bei Venedig ebenfalls zu den 20 Teilnehmern des schamanischen Rituals „Sol de Putumayo“ gehörte. Der Abend mit schamanischen Riten, der den Teilnehmern pro Kopf 200 Euro kostete, wurde als „Heilungsritual mit der Kraft des Waldes“ angepriesen.
Obwohl der Eigentümer der Abtei, Graf Giulio Da Sacco, und der Organisator der Musica Medicina-Veranstaltung, Andrea Zuin, aussagen, dass Alex die Gruppe verlassen habe, und die Ermittler auf Stellen in den alten Mauern hinweisen, die von außen einen Zugang zur ehemaligen Abtei ermöglichen, betonen die Carabinieri und die Staatsanwaltschaft, dass es keine andere Spur gebe und der Täterkreis auf die Teilnehmer am schamanischen Ritual eingegrenzt werden könne.
Auch das wahrscheinliche Tatmotiv scheint festzustehen. Durchgesickerten Erkenntnissen der Ermittler zufolge sei es zum Mord durch den gewaltsamen Versuch gekommen, Alex zu beruhigen. Der 25-Jährige, der unter dem Einfluss von psychotropen Substanzen – vermutlich von Ayahuasca oder von Gift eines Frosches aus dem Amazonasgebiet – gestanden sei, habe zu randalieren begonnen, woraufhin er den „Kreis“ der Teilnehmer des „Sol de Putumayo“-Rituals verlassen habe und in den Garten geflüchtet sei. Der Versuch, den jungen Mann zu beruhigen, sei in eine äußerst brutale Schlägerei gemündet, an dessen Ende Alex Marangon getötet worden sei. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten der oder die Täter unter starkem Einfluss von psychotropen Substanzen gehandelt. Nach der Tat sei das bewusstlose Opfer nur wenige Dutzend Meter vom Klostergarten entfernt in den Piave-Fluss geworfen worden.
Es soll vor allem das Ergebnis der Autopsie sein, die diese Rekonstruktion des mutmaßlichen Tathergangs stützt. Wie aus dem Ergebnis der von der ermittelnden Staatsanwaltschaft angeordneten gerichtsmedizinischen Autopsie hervorgeht, weist die Leiche des 25-Jährigen nicht nur ein geschwollenes Auge, Prellungen auf der Brust und innere Blutungen, sondern neben einer schweren Kopfverletzung auch mehrere gebrochene Rippen auf. Die schweren Verletzungen deuten darauf hin, dass Alex Marangon unter Zuhilfenahme eines Stocks oder von Flusssteinen zuerst auf brutalste Art und Weise verprügelt und zuletzt mit einem Schlag auf den Kopf getötet worden sei. Der toxikologische Befund, der noch aussteht, könnte die Einnahme psychotroper Substanzen durch das Opfer bestätigen.
Unterdes gehen die Ermittlungen weiter. Das gesamte Gelände der ehemaligen Benediktinerabtei wurde mit Spürhunden abgesucht. Zudem wurden alle Teilnehmer des schamanischen Rituals – einige von ihnen sogar mehrmals – von den Ermittlern vernommen. Auch der „Curandero“ Jhonni Benavides, der zusammen mit einem befreundeten Arzt als „Gaststar“ der Veranstaltung eigens aus Kolumbien angereist war, wurde angehört.
Die Carabinieri teilen mit, dass weder gegen den „schamanischen Heiler“ aus Kolumbien noch gegen den Arzt Verdachtsmomente vorliegen. Allerdings sollen es diese beiden Männer und eine dritte Person gewesen sein, die gegen 3.30 Uhr dem 25-Jährigen nach seinem Fortgang aus dem „Kreis“ gefolgt seien. Diese drei Personen seien die letzten gewesen, die Alex Marangon lebend gesehen hätten.
Der Besitzer der Abtei, Graf Giulio Da Sacco, wiederholte in Anwesenheit seines Anwalts Cesare Dal Maso in einem Interview mit lokalen Fernsehsendern, dass er nicht an einen Mord glaube.
Der Vater von Alex Marangon ist bitterenttäuscht. „Keiner der Teilnehmer des Rituals hat sich bei mir gemeldet. Andrea Zuin hat zu uns gesagt, dass er nichts gesehen habe. Jetzt gibt er Interviews, in denen er sagt, dass er gesehen habe, wie Alex aufgestanden und fortgegangen sei“, so der Vater des Opfers gegenüber dem Corriere del Veneto.
Am Samstag wird der junge Mann in seiner Heimatgemeinde Marcon zu Grabe getragen werden. „Zieht euch bunte Kleider an, das hätte ihm gefallen“, so die traurigen Worte des Vaters, dessen Familie sich am Samstag vom jungen Mann verabschieden wird.