Gehirnwäsche und Elektroschocks - 18 Personen festgenommen

Erschütternd: Kindern ihren Eltern entrissen und gegen Geld „Freunden“ anvertraut – VIDEO

Freitag, 28. Juni 2019 | 08:07 Uhr

Von: ka

Reggio Emilia – Ein unglaublicher Skandal, in dem neben Sozialdiensten, Ärzten, Psychologen, Psychotherapeuten auch ein Bürgermeister verwickelt ist, zieht immer weitere Kreise. Insgesamt wurden in Folge der Ermittlungen der Carabinieri von Reggio Emilia und der Staatsanwaltschaft 18 Personen festgenommen. Alle Verhafteten werden beschuldigt, Berichte gefälscht und sogar Gehirnwäsche und Elektroschocks angewendet zu haben, um die Erinnerungen und Aussagen der Kinder zu verändern. Ziel und Zweck dieser hinterhältigen und brutalen Praxis war es, die Kinder ihren natürlichen Eltern zu entreißen und sie gegen Geld „befreundeten“ Pflegeeltern „anzuvertrauen“. In zwei Fällen wurden die Kinder in den neuen Pflegefamilien sogar sexuell missbraucht.

Je länger die Carabinieri ermittelten, desto mehr deckten sie eine unglaubliche und perfide Methode auf, deren einziger Zweck es war, die sozial schwierige Lage bestimmter Familien zum Schaden der betroffenen Kinder und Eltern auszunützen und sie zugunsten von „Pflegefamilien“ von „Freunden und Bekannten“ und – vor allem zum Füllen der eigenen Brieftasche – zu missbrauchen. Die „Angeli e Demoni“(Engel und Dämonen, Anmerkung der Redaktion) getaufte Ermittlungsarbeit förderte im Laufe der letzten Monate immer erschütterndere Details zutage.

Um die Kinder ihren natürlichen Eltern zu entreißen, schreckten Politiker, Ärzte, Psychologen und Psychotherapeuten sowie Mitarbeiter der Sozialdienste nicht davor zurück, Berichte zu fälschen, die elterlichen Wohnungen als verwahrlost zu beschreiben oder den Kinderzeichnungen Details sexueller Natur hinzuzufügen. In einigen Fällen wurden sogar Gehirnwäsche und Elektroschocks angewendet, um die Erinnerungen und Aussagen der Kinder in die gewünschte Richtung zu lenken. Therapeuten verkleideten sich zu diesem Zweck sogar als „Bösewichte“ der Fabeln und Märchen, die im Sinne der perfiden Betrüger die wahren Eltern darstellen sollten. Durch die gefälschten Berichte und Kinderzeichnungen sowie durch die Erzählungen der negativ beeinflussten und regelrecht „gehirngewaschenen“ Kinder wurden Richter, die in diesen Fällen zu entscheiden hatten, dazu bewegt, einer Entnahme der Kinder aus ihrer natürlichen Familie und ihrer Übergabe an eine Pflegefamilie zuzustimmen. Im Gegenzug flossen hohe Summen in die Taschen der Betrüger.

Laut ersten Erkenntnissen fand diese menschlich brutale und mit besonderer Kälte durchgeführte, kriminelle Praxis bereits seit Jahren Anwendung. Insgesamt sollen Dutzende von Kindern betroffen sein, während aus der Sicht der Kriminellen der Gewinn in die Hunderttausende Euro gehen soll. Die 18 Verhafteten – unter anderem der Bürgermeister von Bibbiano, Andrea Carletti (PD) – werden verschiedener Vergehen wie Verfahrensbetrug, Irreführung, Amtsmissbrauch, schwere Körperverletzung, Urkundenfälschung, Nötigung, versuchte Erpressung sowie Veruntreuung im Amt beschuldigt.

ANSA/FACEBOOK/ANDREA CARLETTI

Im Zentrum der Ermittlungen stehen die Sozialdienste der Val D’Enza – einem Tal im Süden von Reggio Emilia in der Region Emilia Romagna – denen zur Last gelegt wird, Dutzende von Berichten gefälscht zu haben. Die Ermittlungen kamen im Sommer des letzten Jahres ins Rollen, nachdem die Sozialdienste mehrere Eltern wegen Kindesmisshandlung oder ähnlicher Vergehen angezeigt hatten. Bei den damaligen Ermittlungen kam heraus, dass alle Anschuldigungen den Eltern gegenüber jeglicher Grundlage entbehrten. Vielmehr stießen die Carabinieri auf gefälschte Dokumente und auf ein kriminelles Netzwerk, dessen einziger Zweck es war, Kinder aus Problemfamilien gegen Geld „Freunden und Bekannten“ zuzuschanzen.

Darunter waren auch zweifelhafte Pflegeeltern wie der Inhaber eines Sexshops oder Personen mit psychischen Problemen. In zwei Fällen wurden ihren Eltern entrissene Kinder in der Pflegefamilie sogar sexuell missbraucht. Andere Pflegekinder, die sich heute im jugendlichen Alter befinden, leiden hingegen heute an psychischen Problemen oder an Drogensucht. Über Jahre hindurch wurden den Kindern auch die Geschenke ihrer natürlichen Eltern vorenthalten. Im Zuge der Ermittlungen fanden die Carabinieri einen Lagerraum, in dem die ganzen Geschenke, die die Kinder nie erhalten hatten, aufbewahrt wurden.

Diesem wahren Albtraum setzten rund 100 Carabinieri, die an verschiedenen Orten die 18 Personen festnahmen, am Donnerstag ein Ende.

Dieses Verbrechen und das traurige Schicksal der Pflegekinder lösten in der italienischen Öffentlichkeit Abscheu und Entsetzen aus. Viele Italiener fordern eine harte Bestrafung der Verantwortlichen. Niemand – so die traurige Erkenntnis – kann aber den Betroffenen je ihre Kindheit und den betroffen Müttern und Vätern ihr Elternglück zurückgeben.