Von: luk
Bergamo – Es ist ein besorgniserregendes Bild und ist Ausdrucks der ernsten Lage in der Italien und letztlich wir alle stecken. Am Mittwochabend hat sich ein Konvoi von rund 30 Militärfahrzeugen seinen Weg durch das Zentrum von Bergamo gebahnt. An Bord der Lkw des italienischen Heeres waren rund 70 Leichen.
Die Transportaktion war notwendig geworden, weil der städtische Friedhof die an dem Coronavirus gestorbenen Personen nicht mehr bewältigen kann. Die Wartezeit für die Einäscherung überstieg bereits mehr als sieben Tage.
İtalya'nın Bergamo şehrinde Corona virüsünden ölenlerin cenazeleri morglarda yer kalmadığı için askeri araçlarla krematoryum merkezlerine götürüldü. pic.twitter.com/tnbcKed3qF
— Duyun Diye (@duyundiye) March 19, 2020
Die Toten wurden deshalb vom italienischen Heer vom Friedhof abgeholt und durch Bergamo bis zur Autobahneinfahrt gefahren. Von dort aus wurden sie in rund ein Dutzend andere Orte Italiens gebracht, wo es freie Kapazitäten für Einäscherungen gibt.
Bergamos Bürgermeister über Corona: “Nutzt die Zeit, die ihr noch habt”
Indes hat Bergamos Bürgermeister Giorgio Gori (59) in einem Spiegel-Interview Deutschland mit eindringlichen Worten gemahnt. “Nutzt die Zeit, die ihr noch habt”, so das Fazit des ersten Bürgers, der vom Virus besonders hart gebeutelten norditalienischen Stadt. In vier Tagen hat sich die Zahl der Infizierten in Bergamo auf zuletzt fast 3.800 verdoppelt, die Todesfälle haben sich verdreifacht.
Gori zeichnet ein erschütterndes Bild von der Lage vor Ort: Die wichtigste Front verlaufe durch unsere Krankenhäuser. Die Zahl der Kranken steige konstant. “Leider sterben viele Pflegebedürftige wegen der Epidemie.Wir haben in diesen Wochen Hunderte neue Plätze in der Intensivmedizin geschaffen. Wir haben Mediziner aller Fachrichtungen zur Hilfe gerufen, außerdem pensionierte Ärzte und Hausärzte, und sie schnellstmöglich auf den Corona-Einsatz vorbereitet. In meiner Stadt und in der Lombardei gibt es eigentlich ein hervorragendes Gesundheitssystem. Aber unter diesen Umständen ist es wirklich sehr, sehr schwer”, so der Bürgermeister im Spiegel-Interview.
Er betont auch, dass man hätte schneller reagieren können. Als Fazit meint Bürgermeister Gori, dass Italien nun leider ein Modell für andere Länder sei. “Jetzt müssen auch andere realisieren, dass sie nicht länger ausgehen und tanzen können, sondern harte Maßnahmen ergreifen müssen.” Den Verantwortlichen in Deutschland und in anderen Ländern rät er, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Leute nicht mehr treffen, sondern auf Abstand gehen. Nutzt die Zeit gut, die ihr noch zur Verfügung habt.”
Ob diese Warnung nicht zu spät kommt, wird sich in einigen Wochen zeigen. Fakt ist jedenfalls, dass in Deutschland und in anderen Teilen der Welt noch Coronapartys abgehalten werden, während in Italien die Ärzte abwägen müssen, wer überleben kann.