Etsch-Gardasee-Tunnel wird nur bei Extremsituationen geöffnet

Etschwasser als ökologisches Risiko für den Gardasee-VIDEO

Donnerstag, 09. November 2023 | 12:26 Uhr

Von: luk

Mori/Torbole – Ein beeindruckendes und bisweilen recht unbekanntes Bauwerk in der Provinz Trient in Norditalien hat Ende Oktober die Stadt Verona vor einem möglichen Etsch-Hochwasser geschützt.

Nach heftigen Regenfällen im Trentino und in Südtirol ist der Fluss stark angeschwollen. Die Verantwortlichen im Trentino haben daher beschlossen, präventiv tätig zu werden und den Einlass des Etsch-Gardasee-Tunnels bei Mori zu öffnen.

Google/street view

Der 1959 fertiggestellte zehn Kilometer lange Tunnel verbindet die Etsch mit dem Gardasee und wurde seitdem zwölf Mal zur Hochwasserregulierung der Etsch in Betrieb genommen – zuletzt am 31. Oktober 2023, davor am 29. Oktober 2018.

Der Entlastungsstollen verläuft streng geradlinig Richtung Westen mit einer südlichen Abweichung von etwa drei Grad. Auf den Gardasee trifft er etwa einen Kilometer südlich von Torbole am Nordufer des Sees.

Der Einlass liegt 106 Meter höher als der Auslass bei einer Tunnellänge von 9873 Metern. Das Gefälle von 1,1 Prozent ermöglicht das eigenständige Fließen des Wassers. 3.700.000 Kubikmeter zugeführtes Wasser erhöhen den Wasserspiegel des Gardasees um einen Zentimeter.

Im Video ist die Öffnung der Schleusen vor wenigen Tagen zu sehen:

3.500.000 Kubikmeter Wasser strömten über den Stollen in den Gardasee und sorgten damit für einen Anstieg des Pegels von rund einem Zentimeter.

Am 2. September 1965 wurde bislang mit 79 Millionen Kubikmeter die größte Wassermenge über den Etsch-Gardasee-Tunnel eingelassen. Dadurch stieg der Pegel des Gardasees um 21,4 Zentimeter.

Die Nutzung des Tunnels sorgt flussabwärts für Entlastung, birgt aber ökologische Risiken für den Gardasee. Denn das plötzliche Eindringen des deutlich kälteren Wassers der Etsch und die Eintrübung durch mitgeführte Sedimente führen zu einer Verschlechterung des Lebensraums der Fische – besonders in der Nähe der Einleitstelle.

Deshalb wird der Tunnel nur bei extremen Hochwassersituationen geöffnet, wie etwa während des Herbststurms Vaia im Oktober 2018 (im Video).

Nach dem Einlassen des Etschwassers vor wenigen Tagen präsentierte sich der nördliche Gardasee etwas milchig und weniger dunkel, als es sonst der Fall ist. Auch der Fluss Sarca führte zuletzt Sedimente in den See ein, wie dieses beeindruckende Dronenvideo zeigt.

stnews/luk