War es ein Anschlag auf Putins „Schattenflotte“? – VIDEO

Explosion auf Tanker Seajewel: Ermittlungen wegen Terrorismus

Donnerstag, 20. Februar 2025 | 07:25 Uhr

Von: ka

Savona/Genua/Noworossijsk – Die Hinweise verdichten sich, dass die Explosion, die ein tiefes Loch in den Rumpf des Öltankers Seajewel riss, kein Unfall, sondern ein Anschlag war.

Da nach neuesten Ermittlungsergebnissen kaum noch Zweifel daran bestehen, dass auf das Schiff am 14. Februar vor der Küste von Savona ein Sprengstoffanschlag verübt wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft Genua wegen Terrorismus. Da die Seajewel zu Putins „Schattenflotte“ gehört, die es Russland ermöglicht, die Sanktionen durch Ölexporte in Drittländer zu umgehen, besteht der Verdacht, dass der Anschlag verübt wurde, um diese „verbotenen Geschäfte“ zu stören.

Eine Explosion, die den Rumpf des unter maltesischer Flagge fahrenden Öltankers Seajewel beschädigte, könnte eine internationale Affäre auslösen. Das 245 Meter lange Schiff liegt mit einem Leck von etwa einem Meter Durchmesser vor der Küste von Savona vor Anker, nachdem der Rumpf in der Nacht zum Samstag aus offiziell noch ungeklärter Ursache beschädigt worden war.

Um der Ursache des Rumpfschadens auf den Grund zu gehen, untersuchten Taucher der Tauchereinheit Comsubin der italienischen Marine das 70 mal 120 Zentimeter große Loch im Rumpf. Neben der Untersuchung des Lecks galt der Einsatz der Marinetaucher der Bergung möglicher „interessanter“ Fundstücke vom Meeresboden sowie der Sicherung der Unglücksstelle.

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Nach ersten durchgesickerten Untersuchungsergebnissen gibt es kaum noch Zweifel daran, dass auf die Seajewel ein Sprengstoffanschlag verübt wurde. Die nach innen gebogenen Stahlkanten des Lecks im Schiffsrumpf sowie das festgestellte Fischsterben in der Umgebung des Anschlagsortes deuten auf eine starke Detonation an der Außenseite des Schiffsrumpfes hin.

Die zum Unfallhergang befragten Besatzungsmitglieder wollen in der fraglichen Nacht sogar zwei deutlich voneinander unterscheidbare Explosionsgeräusche gehört haben, wobei das erste weniger heftig gewesen sein soll als das zweite. Da eine mögliche Kollision mit einer bisher nicht entdeckten und geborgenen Seemine aus dem Zweiten Weltkrieg aus heutiger Sicht als äußerst unwahrscheinlich gilt, leitete die Staatsanwaltschaft Genua ein Ermittlungsverfahren wegen Schiffbruchs mit terroristischem Hintergrund ein.

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Auf Anordnung der ermittelnden Staatsanwälte Nicola Piacente und Monica Abbatecola wurde das gesamte Seegebiet um die Seajewel abgesperrt und ein striktes Annäherungsverbot verhängt. Zur Unterstützung der Ermittlungsarbeit wurden sowohl der italienische Geheimdienst als auch Experten der Hafenbehörde hinzugezogen.

Um die Art des verwendeten Sprengstoffs zu bestimmen, werden derzeit Laboruntersuchungen an Fischen durchgeführt, die in der Nähe des Tankers tot aufgefunden wurden, aber da die Sprengung im Wasser stattfand, deutet vieles darauf hin, dass für den Anschlag militärischer Sprengstoff wie RDX oder HDX verwendet worden sein könnte.

Bei der Untersuchung des Schiffsrumpfes und des umliegenden Meeresgebietes wurden jedoch bisher keine Sprengstoffreste oder Spuren gefunden, die auf einen bestimmten Sprengstofftyp hindeuten.

Il mistero della #Seajewel, la petroliera con lo scafo squarciato, ormeggiata davanti alla costa savonese. Ora la procura indaga per terrorismo. Il sospetto è che sia coinvolta in un traffico illegale di petrolio russo.#Tg1 Leonardo Zellino

Posted by Tg1 on Wednesday, February 19, 2025

Die Seajewel ist für Beobachter des Seeverkehrs kein unbekannter Tanker. Das Schiff stand bereits im Mittelpunkt einiger journalistischer Recherchen über Putins „Schattenflotte“, mit der Russland die Sanktionen umgeht. Diese „Phantomtanker“, von denen es Hunderte geben soll, transportieren trotz des Angriffs auf die Ukraine und der damit verbundenen Sanktionen weiterhin russisches Rohöl nach Europa. Indem sie unter anderem Dreiecksrouten durch Nicht-EU-Länder fahren und zunächst Häfen in Ländern wie der Türkei anlaufen, ist es für den Kreml ein Leichtes, die offiziell harten Sanktionen gegen Russland mit großem Erfolg zu umgehen.

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Der havarierte Tanker steht im Verdacht, trotz Embargo russisches Rohöl nach Europa transportiert zu haben. „Jeder braucht russisches Öl, sonst stehen die Raffinerien still. Es würde mich nicht wundern, wenn das Endziel der Seajewel Frankreich oder vielleicht sogar Genua gewesen wäre“, sagte ein anonymer „Insider“ der katholischen Tageszeitung Avvenire.

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Um die genaue Route des Tankers zu rekonstruieren, werden die Navigationsdaten unter die Lupe genommen. Nicht zuletzt zu diesem Zweck wurde die Blackbox des Tankers geborgen. Einige Fahrten der Seajewel sind bereits bekannt. Anfang Dezember letzten Jahres verließ der Tanker den Hafen von Ceyhan in der Türkei und erreichte am 24. Dezember 2024 den Hafen von Constanta in Rumänien. Dort wurde er nach Recherchen der Ukrainska Pravda beim Entladen beobachtet. Laut einigen Datenbanken sind mehrere Abfahrten der Seajewel vom russischen Hafen Noworossijsk in Richtung türkischer oder unbekannter Häfen dokumentiert, was darauf hindeutet, dass diese Häfen als „Trojanisches Pferd“ für den Transport von russischem Rohöl in die EU dienen.

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Es wird vermutet, dass die Seajewel mehrmals in der Türkei anlegte. Möglicherweise wurde sie dort beladen oder auf hoher See umgeladen. Woher das Rohöl des Tankers stammt, lässt sich durch chemische Untersuchungen leicht feststellen.

Es besteht der Verdacht, dass der Anschlag verübt wurde, um diese „verbotenen Transporte“ zu stören. „Es könnte sich um ukrainische Sabotage handeln“, so die anonyme Quelle gegenüber den Journalisten des Avvenire.

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Die Ermittlungen stehen erst am Anfang. Sollten sie jedoch zum Ergebnis kommen, dass ukrainische Saboteure in italienischen Gewässern einen Anschlag auf einen Tanker mit russischem Öl verübt haben, könnte dies eine internationale Affäre auslösen. Es wäre ein doppelter Skandal, der mehrere Seiten in Verlegenheit bringen würde.

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