Kulturwandel einer Generation

Fachkräftemangel: Wo sind die jungen Leute?

Sonntag, 12. Mai 2024 | 10:15 Uhr

Von: Ivd

Wie viele europäische Nationen kämpft auch Italien mit einem dramatischen Personalmangel. Schuld soll die Arbeitseinstellung junger Menschen sein. Allein in der Tourismusbranche fehlen etwa 50.000 Arbeitskräfte. Arbeitgeber müssen immer kreativer werden und gehen am Ende trotzdem ohne Bewerbungen aus. Abhilfe soll nun das Streichen des Bürgergeldes schaffen.

Allgemein wird von Experten ein Wandel in der Beziehung von jungen Leuten zu ihrer Arbeit beobachtet: Im Fokus steht das Streben nach Freizeit und eine verbesserte Work-Life Balance. Persönliche Erfüllung ist für sie wichtiger als gute Konditionen. Anreize durch unbefristete Arbeitsverträge oder Provisionen für Einstellungen bleiben daher besonders in schlechter bezahlten Branchen erfolglos.

Ein weiterer Faktor, der zum Mangel beiträgt, könnte die Einführung des Bürgergeldes in Italien im Jahr 2018 sein. Die Sozialhilfe bot finanzielle Unterstützung für Bürger und Haushalte mit niedrigem Einkommen und war die erste ihrer Art in Italien. In einigen Fällen jedoch, insbesondere in Branchen mit niedrigen Löhnen, konnte das Bürgergeld die Motivation zur Arbeit verringern, wenn die Löhne unter dem Niveau des Bürgergeldes lagen. Die Arbeit hat sich in diesen Fällen schlicht nicht gelohnt.

Eine mögliche Besserung könnte die Einführung eines Mindestlohns schaffen. Stattdessen hat die Regierung Maßnahmen ergriffen, um das Bürgergeld zu streichen und Arbeitsfähige wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und zu motivieren. Besonders prekär ist die Lage für Arbeitgeber in den Bereichen Tourismus, Gastronomie und Landwirtschaft.

Es gibt jedoch auch eine positive Entwicklung, insbesondere bei besser qualifizierten Jugendlichen, die nach Universitätsabschlüssen streben. Meist finden sie eher, wonach sie suchen und haben innerhalb des ersten Jahres nach Vollendung ihres Studiums bereits eine feste Anstellung. Problematisch daran ist, dass Studieren in vielen Fällen Kindern wohlhabender Familien vorbehalten ist.

Insgesamt steht Italien vor der Herausforderung, den Personalmangel in verschiedenen Branchen zu bewältigen. Gleichzeitig ist ein Kulturwandel in der Jugend zu beobachten, der bislang von arbeitspolitischen Maßnahmen gänzlich ignoriert zu werden scheint. Ob das Streichen des Reddito di cittadinanza tatsächlich Abhilfe schafft, bleibt abzuwarten.