Von: mk
Venedig – Rund 24 Stunden nach dem Fund des Leichnams von Giulia Cecchettin ist ihr Ex-Freund Filippo Turetta in Deutschland festgenommen worden. Der 22-Jährige, der des Mordes an der Studentin beschuldigt wird, gilt als dringend tatverdächtig. Er hat seine Auslieferung akzeptiert. In wenigen Wochen könnte er bereits den italienischen Behörden überstellt werden.
Die Leiche der jungen Frau aus Vigonovo bei Venedig wurde am Samstag in einer Schlucht zwischen dem Berggebiet des Barcis-Sees und Piancavallo in der friaulischen Provinz Pordenone entdeckt. Ermittler vermuten, dass die Leiche der Studentin etwa 50 Meter tief in die Schlucht hinunter gestoßen wurde. Die Frau sei mit mehreren Messerstichen am Hals getötet worden. Die Leiche wies außerdem zahlreiche Abwehrverletzungen an Händen und Armen auf. Ob die Frau bereits tot war, als sie in die Schlucht gestürzt wurde, konnte noch nicht festgestellt werden. Die Leiche war von der Straße aus nicht zu sehen, da sie von einem großen Felsbrocken verdeckt war.
Der Anwalt, Emanuele Compagno, informierte die Familie des mutmaßlichen Täters, dessen Auto auch in Tirol und in Kärnten lokalisiert worden war. Der junge Mann, der wegen Mordes mit europäischem Haftbefehl gesucht war, wurde am Samstagabend gegen 22.00 Uhr auf der Autobahn A9 bei Bad Dürrenberg (Sachsen-Anhalt) nahe Leipzig festgenommen.
Die Eltern von Filippo zeigten sich erschüttert. „Wir stehen immer noch unter Schock aufgrund dessen, was er getan hat. Wir verstehen nicht, wie so etwas passieren konnte. Wir verstehen nicht, dass ein junger Mann, dem wir alles gegeben haben, so etwas getan hat. Das alles ist unfassbar. Etwas muss in ihn gefahren sein“, erklärte Nicola Turetta, der Vater des 22-Jährigen, Journalisten gegenüber. Der Vater bekundete außerdem sein Beileid der Familie Cecchettin gegenüber.
Sieben Tage war sein Sohn auf der Flucht. Bei seiner Festnahme leistete er keinen Widerstand. Im Gegenteil: Er wirkte resigniert und nahezu erleichtert, dass seine Flucht ein Ende gefunden hat. Dies soll er auch den Behörden gegenüber erklärt haben. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung ist es zur Festnahme am Samstagabend gegen 22.00 Uhr bei einer Straßenkontrolle gekommen. Der Polizei sei ein unbeleuchtetes Fahrzeug auf dem Pannenstreifen aufgefallen.
Während seiner Flucht haben die Behörden mit massivem Techologieeinsatz gearbeitet: Bilder von Überwachungskameras und Daten elektronischer Schranken wurden ausgewertet, das Handy wurde lokalisiert. Sein Weg hat den 22-Jährigen von Vigonovo über den Barcis-See im Friaul wieder zurück ins Veneto geführt, wo er in Cortina mit einem blutigen 20-Euro-Schein getankt hat. Auch in Innichen wurde der schwarze Fait Puno von einer Kamera gefilmt. Anschließend ging es über Lienz nach Kärnten und dann nach Deutschland. Der europäische Haftbefehl wurde von der Staatsanwaltschaft von Venedig ausgestellt. Das Gericht in Halle an der Saale hat die Haft bestätigt.
Die Staatsanwaltschaft und die zuständigen Richter in Italien werden dem Studenten eine Reihe von Fragen stellen – unter anderem, um herauszufinden, ob es sich um einen geplanten Mord handelt. Bei der Analyse der Computer des mutmaßlichen Täters haben die Ermittler festgestellt, dass er im Internet nach Bergausrüstung sowie nach Routen, Karten und Wegen in Tirol gesucht hatte. Es ist nicht bekannt, wann diese Recherchen durchgeführt wurden, aber vieles deutete darauf hin, dass zumindest die Flucht in die Berge geplant war.
Die Polizei hat in Fossò ein zerbrochenes Messer sichergestellt. Dass es sich um die Tatwaffe handelt, wird nicht ausgeschlossen. Auf dem Parkplatz wurden außerdem Blutspuren und ein Klebeband mit Haaren gefunden.
Bereits in den kommenden Stunden soll eine Autopsie am Leichnam der jungen Frau vorgenommen werden. Dieser wird darauf der Familie übergeben, um die Beerdigung abhalten zu können.
Am Sonntag fand in Vigonovo ein Fackelumzug zur Erinnerung an Giulia Cecchettin statt. Rund 3.000 Personen nahmen daran teil. Auch die Eltern von Filippo Turetta waren dort. Dabei stellte dessen Vater einige Aussagen klar, die seiner Ansicht nach verzerrt wiedergegen worden seien. „Ich sagte niemals, dass ich es vorzogen hätte, Filippo sei tot. Stattdessen habe ich eine Verzweiflungstat befürchtet. Am liebsten wäre mir gewesen, wenn wir beide lebend abholen hätten können“, so der Vater.