Von: ka
Neapel – Die süditalienische Metropole war am Mittwoch und in der Nacht davor Schauplatz brutaler Fangewalt.
Randalierende Hooligans des deutschen Fußballclubs Eintracht Frankfurt, die trotz des Verbots der italienischen Behörden eigens für das Champions League-Rückspiel ihrer Mannschaft gegen den FC Neapel nach Neapel gereist waren, stießen am Mittwochnachmittag mit fanatischen Fans des FC Neapel zusammen. Die Napoli-Ultras, die mit allen Mitteln versuchten, den Polizeikordon, der sie von den Eintracht-Ultras trennte, zu durchbrechen, lieferten sich im Zentrum von Neapel mit den Frankfurtern und mit der Polizei wilde Straßenschlachten. Dabei wurde ein Polizeiauto ein Raub der Flammen. Zwei weitere wurden stark beschädigt. Schwer wiegt auch, dass ganze Straßenzüge arg in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Die beiden Achtfinalbegegnungen zwischen der Frankfurter Eintracht und dem FC Neapel galten bei den Behörden von Anfang an als Hochrisikospiele. Bereits vor dem Spiel in Frankfurt, das vom FC Neapel mit 2:0 gewonnen worden war, waren nach „Überfällen“ von Eintracht-Ultras auf ihre neapolitanischen „Kollegen“ 36 fanatische Frankfurt-Fans von der deutschen Polizei festgenommen worden.
Für das Rückspiel zogen die italienischen Behörden es vor, auf Nummer sicher zu gehen. Mit Rückendeckung des römischen Innenministeriums verbot der Präfekt von Neapel, an in Frankfurt wohnhafte Fans Karten für das Champions League-Rückspiel zu verkaufen. In der Praxis kam dies einem Reiseverbot sehr nahe.
Diese einschneidende Maßnahme konnte allerdings nicht verhindern, dass sich mehrere Hundert Frankfurt-Ultras dennoch auf den Weg nach Neapel machten. Die am Dienstag in der süditalienischen Metropole angekommenen Fans wurden mit Bussen zu ihrem Hotel geleitet. Kaum waren die Eintracht-Ultras in Neapel angekommen, bereiteten die Ultras des FC Neapel ihnen einen „gebührenden Empfang“.
Das Großaufgebot der Ordnungskräfte hatte alle Mühe, die 100 bis 200 neapolitanischen Ultras davon abzuhalten, die Busse, die die Frankfurter transportierten, anzugreifen. Auf ihrem Weg zum Hotel wurden die Busse der Eintracht-Ultras mit Leuchtraketen und Knallkörpern beworfen. In der Nacht auf den Mittwoch hingegen konnte die Polizei erfolgreich ein Vordringen Hunderter von Neapel-Ultras zum Hotel verhindern. Dabei beschlagnahmten die Beamten mehrere Fahnenstangen und Leuchtraketen.
Am Mittwochvormittag trennte die Polizei jene wenigen Fans, die Karten für das Spiel besaßen, vom Rest der Ultras. Während Erstere von der Polizei zum Maradona-Stadion geleitet wurden, brachen die anderen zu einem „Stadtspaziergang“ auf. Von Hundertschaften der Ordnungskräfte begleitet zogen etwa 600 „Fans“ der Eintracht laut Sprechchöre gegen die Neapolitaner brüllend durch die süditalienische Metropole. Touristen und Anwohner ergriffen die Flucht und zogen sich in Häuser oder Geschäfte zurück. Am Rand des Zugs der fanatischen Fans kam es zu ersten Flaschenwürfen und Zusammenstößen, wobei auch Schaufenster zu Bruch gingen. Ein Journalist, der das Geschehen filmen wollte, wurde von den Eintracht-Ultras weggestoßen.
Der Zug der Eintracht-Ultras blieb nicht unbemerkt. Am frühen Mittwochnachmittag strömten Hunderte von Neapel-Ultras im Zentrum der süditalienischen Metropole zusammen, um die Frankfurter am Weitergehen zu hindern.
Sono arrivati gli ultras napoletani#NapoliEintracht #napoli #NapoliSGE #ultras pic.twitter.com/ifK7OMbUMR
— Pietro (@Pietrologu) March 15, 2023
In der Piazza del Gesù angekommen, wurden die Deutschen von den Süditalienern, die aus den Seitengassen zum Platz strömten, regelrecht „umzingelt“. Die Napoli-Ultras versuchten den Polizeikordon, der sie von den Eintracht-Ultras trennte, mit allen Mitteln zu durchbrechen.
Im Zentrum kam es gegen 17.00 Uhr daher zu einer regelrechten Straßenschlacht. Fanatische Fans des FC Neapel feuerten auf die Frankfurter und auf die Polizei Dutzende von Leuchtraketen ab. Die Ordnungskräfte wurden mit Tischen und Bänken beworfen, wobei auch einige Verletzte zu beklagen waren.
Zwischen einer Gruppe von Frankfurtern und ihren neapolitanischen „Kollegen“ kam es zu schweren Zusammenstößen. Allerdings war die Vielzahl von Beamten zum Großteil imstande, die beiden untereinander tief verfeindeten Ultras voneinander zu trennen. Allerdings konnten die Polizei und die Carabinieri leider nicht verhindern, dass der Platz und die ihn umgebenden Straßenzüge massive Schäden davontrugen. Zudem wurde ein Polizeiauto ein Raub der Flammen. Zwei weitere wurden stark beschädigt. Die vielen Videos, die im Netz zirkulieren und brutale Fangewalt zeigen, sprechen Bände.
Die Carabinieri und die Polizisten hatten große Mühe, die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. Nach den Zusammenstößen wurden die Eintracht-Ultras in Busse verfrachtet und wieder in ihr Hotel an der Strandpromenade zurückgebracht. Napoli-Ultras bewarfen die Busse zuletzt noch mit Flaschen und Steinen.
Die Eintracht-Ultras verließen später ihr Hotel nur noch, um die Eintracht-Frankfurt-Mannschaft zu begrüßen, bevor die Spieler in den Bus zum Maradona-Stadion für das Spiel gegen Napoli stiegen. Da fast alle deutschen Fans keine Eintrittskarten für das Stadion besaßen, war dies ihre einzige Gelegenheit, ihre Mannschaft zu sehen.
Die Fangewalt sorgt in ganz Italien und auch darüber hinaus für Empörung und Entsetzen. Der Bürgermeister von Neapel, Gaetano Manfredi, traf sich am Sitz der Stadtgemeinde im Palazzo San Giacomo mit dem deutschen Botschafter in Italien, Viktor Elbling, um – so Gaetano Manfredi – „gemeinsam die Gewalttaten zu verurteilen und die engen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen Neapel und Deutschland zu bekräftigen“. Gaetano Manfredi unterstrich, dass die Szenen der Verwüstung im historischen Zentrum der Stadt nicht tolerierbar seien.
„Wir verurteilen auf das Schärfste die unsäglichen Taten derjenigen, die diese Gewalttaten begangen haben, von welcher Seite sie auch immer gekommen seien. Neapel und die Neapolitaner haben es nicht verdient, den schweren materiellen und moralischen Schaden zu erleiden, den dieser Wahnsinn verursacht hat“, so der Bürgermeister von Neapel und der Botschafter der deutschen Bundesrepublik in ihrer gemeinsamen Stellungnahme.
Italiener und Deutsche und friedliebende Fans beider Mannschaften wollen aber auch Taten sehen. In der Öffentlichkeit beider Länder werden harte Maßnahmen wie unbedingte Gefängnisstrafen und lebenslanges Stadionverbot diskutiert.