Von: ka
Mailand/Pesaro/Rom – In der Gastronomiebranche gärt es. Die von Existenzsorgen geplagten Inhaber der Restaurants und Gastbetriebe Italiens, die auf eines der traurigsten Geschäftsjahre seit Menschengedenken zurückblicken, sind über die Corona-Einschränkungen, die sie dazu zwingen, ihre Lokale abends geschlossen zu halten, wenig erfreut.
Einige unter ihnen wollen die Abendschließung ihrer Betriebe aber nicht mehr länger hinnehmen und trotz aller Verbote ihre Lokale für die Kunden öffnen.
Sie gründeten die Initiative „#IoApro1501“ und richteten eine eigene Seite ein, in die sich teilnehmende „Gastronomie-Corona-Rebellen“ eintragen können. Die Initiatoren stellten sogar einen eigenen Maßnahmenkatalog zusammen. Die „alternative Verordnung“, die die Maskenpflicht und die Besetzung nur der Hälfte der Tische vorsieht, soll ihren guten Willen demonstrieren. Zudem wollen die Gründer der Plattform ihren Teilnehmern rechtliche Beratung anbieten. Bisher kündigten auf der Seite „#IoApro1501“ etwa zwei Dutzend Lokale an, an der klar illegalen Initiative, die die Rebellen aber als „freundlichen Ungehorsam“ verstanden wissen wollen, teilzunehmen. Wie viele Betreibe sich am Ende an der „Rebellion“ anschließen werden, steht aber noch nicht fest.
Das vielleicht erste Lokal, das sich der abendlichen Schließung widersetzte, war das auf mexikanische Küche und Fleischgerichte spezialisierte Restaurant „La Parrilla Mexicana“ in Mailand. Wie vorher bereits groß in den sozialen Netzwerken angekündigt, öffnete am Freitag die kämpferische, in Mailand besser unter ihrem Spitznamen „Mary La Passionaria“ bekannte Inhaberin ihr „La Parrilla“, um – so „Mary La Passionaria“ – gegen die Corona-Verordnungen, die dem Gastronomiesektor enormen Schaden zufügen, zu protestieren. Am Freitag fanden sich in ihrem mexikanischen Restaurant rund 90 Kunden ein, um gemeinsam zu essen und einer Tanzveranstaltung beizuwohnen. Wie mehrere ins Netz gestellte Videos zeigen, ging es am Freitagabend im „La Parrilla“ hoch her.
Allerdings trafen später die Carabinieri ein und stellten der Inhaberin und ihren sich in großer Feierlaune befindenden Kunden die vom Gesetz vorgesehenen Strafen aus.
Auch in den Marken und in Bologna öffneten am Freitagabend Restaurants und Pizzerien. Wie in Mailand rückten auch in diesen Fällen Polizei und Carabinieri an und bestraften sowohl die Inhaber als auch die Gäste. In Rom blieb entgegen der Corona-Verordnung ebenfalls ein Gastlokal nach 18.00 Uhr offen. In ihm feierte der römische Chef der Neofaschisten von Forza Nuova, Giuliano Castellino, zusammen mit rund 80 Gästen einen ausgelassenen, von edlen Speisen und guten Weinen begleiteten Ausgehabend. „Das rebellische Rom isst zu Abend, hebt die Gläser und umarmt sich“, so Giuliano Castellino, der auch Exponent der „revolutionären Bewegung“ Italia Libera ist, auf der Seite „L’ Italia Mensile“. Der Abend dürfte nicht ohne Folgen bleiben.
Auf die Initiative der „Gastronomie-Corona-Rebellen“ angesprochen, teilte der Verband der Lokalbetreiber mit, dass er zwar den Protest der Gastlokalinhaber verstehe, aber es vorziehe, im Einklang mit dem Gesetz zu handeln und mit dem Zweck, bessere Bedingungen zu erreichen, im Dialog mit der Regierung zu bleiben. Der Verband warnte seine Mitglieder davor, die Corona-Bestimmungen zu missachten.
Entgegen den großen Ankündigungen der Initiatoren ist die Anzahl der teilnehmenden Lokale aber recht überschaubar. Die Gründung der Plattform zeigt aber, dass nach Monaten von Entbehrungen viele von blanker Existenzangst getriebene Lokalinhaber mit der Corona-Politik der Regierung und der Regionen auf dem Kriegsfuß stehen.