Von: ka
Rom/Neapel/Gela – Nach minutiösen Ermittlungen, die vier Jahre in Anspruch nahmen, gelang es den Ermittlern der Postpolizei, den “besten Hacker Italiens”, Carmelo Miano, auf die Schliche zu kommen. Nachdem sie ihn endlich identifiziert und sein Versteck herausgefunden hatten, beobachteten ihn die Beamten wochenlang bei seiner “Arbeit”. Dabei fanden sie Erstaunliches heraus. Der 24-jährige, ursprünglich aus Gela auf Sizilien stammende, studierte Informatiker hatte im Lauf der Zeit nicht nur Dutzende von hochsensiblen Computersystemen – etwa von Staatsanwaltschaften, Unternehmen und sogar von Ministerien – infiltriert und durch illegale Geschäfte sieben Millionen Dollar “verdient”, sondern pflegte von seiner römischen Wohnung aus sogar Kontakte mit Russland.
Trotz seiner Verhaftung stehen die Ermittlungen gegen Carmelo Miano erst am Anfang. Da die im Rahmen seiner Festnahme beschlagnahmten Millionen von Dateien erst noch untersucht werden müssen, bleibt die Frage, ob wertvolle digitale Inhalte nach Moskau verkauft wurden, noch unbeantwortet, aber es besteht der begründete Verdacht, dass der junge Hacker zu Putins Datensammlern gehörte.
Carmelo Miano stammt aus einer gut situierten Familie aus Gela auf Sizilien. Am wissenschaftlichen Lyzeum der sizilianischen Hafenstadt erkannten seine Professoren schon früh, dass der Jugendliche ein großes Talent für Mathematik und Informatik besaß. Später zog es ihn in die Ewige Stadt, wo er an der Privatuniversität Unicusano einen Abschluss in Computertechnik erwarb. Schon während seines Studiums und wahrscheinlich sogar noch früher begann er über seinen Computer “Handel” zu treiben und fremde Accounts zu hacken.
Una perquisizione ci fu già quattro anni fa e riguardò pure un agente di polizia gelese che risulta indagato…
Posted by Quotidiano di Gela on Sunday, October 6, 2024
Bereits in dieser Zeit wurde die Staatsanwaltschaft von Gela auf ihn aufmerksam. Weil er wissen wollte, wie weit die gegen ihn laufenden Ermittlungen – unter anderem wegen Versicherungsbetrugs – gediehen waren, drang er zunächst in die Computersysteme des Gerichts von Gela und später in jene der Staatsanwaltschaft von Brescia und des Justizministeriums ein. Von dort aus gelang es ihm, sich in die Seiten der Finanzwache, von Tim, von Telespazio und des Innenministeriums einzuschleusen. Es dauerte nicht lange, bis er auch im Darknet aktiv wurde.
Um im Netz und im Darknet nicht aufzufallen und Rückschlüsse auf seine Urheberschaft zu verhindern, soll Carmelo Miano fünf verdeckte, hintereinander geschaltete Identitäten benutzt haben. Für die finanziellen Abwicklungen hingegen benutzte er den Account seiner Eltern. Zu diesem Zweck schuf er sogar seinen eigenen digitalen Marktplatz, dem er den prestigeträchtigen Namen Berlusconi-Market gab und für den er seine Eltern als Strohleute einsetzte. Zusammen mit einem Polizisten, der ein Freund der Familie ist und als Mianos Komplize gilt, wurden daher auch gegen die beiden Eltern des 24-Jährigen Ermittlungen aufgenommen.
Carmelo Miano war überaus erfolgreich. Im Laufe der Jahre kamen nicht weniger als drei Millionen Dollar zusammen. Nach anderen Quellen soll er sogar insgesamt sieben Millionen Dollar illegal erwirtschaftet haben. Das Geld habe er jedoch nie angerührt. Viel interessanter fand er es offenbar, in stark gesicherte Computersysteme einzudringen und eine Unmenge von digitalen Dokumenten wichtiger staatlicher Behörden und Ministerien sowie Accounts von Richtern und hohen Beamten zu sammeln. Ironischerweise arbeitete Miano zur selben Zeit ganz offiziell bei NTTData, einem Unternehmen, das auf Cybersicherheit spezialisiert ist.
Besonders heikel und von den Ermittlungen her bereits jetzt gesichert ist, dass Carmelo Miano Kontakt mit russischen Hackern pflegte. Die Ermittler der Postpolizei fanden heraus, dass er dabei Seiten wie Russian Market 99 besuchte. “Bei Russian Market 99 handelt es sich um eine kriminelle Hacking-E-Commerce-Website, die sich dem illegalen Verkauf sensibler Informationen wie Passwörter, Bankdaten und Kreditkarten widmet und insbesondere auf Italien ausgerichtet ist”, heißt es im Haftbefehl gegen den 24-Jährigen.
Il più bravo hacker in Italia La vicenda incredibile del giovane hacker agli arresti a Roma. Aveva violato per mesi molti server del Governo, di grandi aziende e persino militari Francesca Sancin per il Tg3 delle 12 del 5 ottobre 2024
Posted by Tg3 on Saturday, October 5, 2024
Da die im Rahmen seiner Festnahme beschlagnahmten Millionen von Dateien erst noch untersucht werden müssen, bleibt die Frage, ob wertvolle digitale Inhalte nach Moskau verkauft wurden, noch unbeantwortet, aber es besteht der begründete Verdacht, dass der junge Hacker zu Putins Datensammlern gehörte.
Nicht weniger als vier Jahre lang jagte die Postpolizei den unbekannten Hacker, der immer einen Schritt voraus zu sein schien, aber dann beging der junge Mann, den selbst die Ermittler als den “besten Hacker Italiens” bezeichnen, einen fatalen Fehler. Als Carmelo Miano sich unvorsichtigerweise unverdeckt und ungesichert in eine Pornoseite einloggte, gelang es den Beamten der Postpolizei, die benutzte IP-Adresse bis zu ihm zurückzuverfolgen. Nach diesem leichtsinnigen Fehler des Kriminellen war es ein Leichtes, ihn zu überführen.
Interrogato l’hacker agrigentino Carmelo Miano.
Posted by Teleacras on Saturday, October 5, 2024
Um herauszufinden, welche Computerserver er verwendete, war es von hoher Wichtigkeit, ihn in flagranti online bei seiner “Arbeit” zu erwischen. Zu diesem Zweck wurden in seiner unauffälligen Wohnung im römischen Arbeiterviertel Garbatella von der Polizei mehrere Mikrokameras platziert. Nachdem die Beamten genügend belastendes Material gesammelt hatten, schlugen sie zu.
“Die Ermittler haben hervorragend gearbeitet. Es wurden neueste Ermittlungstechniken eingesetzt. Während der Verfolgung des Hackers wurde Neues gelernt, das zuvor nicht bekannt war”, freut sich der Staatsanwalt von Neapel, Nicola Gratteri.
Seit seiner Festnahme sitzt der “beste Hacker Italiens” im römischen Gefängnis Regina Coeli in einer Einzelzelle in Untersuchungshaft. Carmelo Miano, dem unbefugter Zugang zu Computereinrichtungen und Verbreitung von Schadprogrammen vorgeworfen werden, riskiert im Falle eines Schuldspruchs eine Gefängnisstrafe von bis zu 30 Jahren. Diese hohe Haftstrafe könnte insbesondere dann ausgesprochen werden, wenn sich der gegen ihn erhobene Spionageverdacht erhärten sollte.
Auf der anderen Seite könnte sich der 24-Jährige dazu entschließen, mit den Justizbehörden zusammenzuarbeiten. Sollte er italienische Behörden und Dienste sogar zu bisher unbekannten Erkenntnissen verhelfen, dürfte seine Hoffnung auf Gnade nicht unbegründet sein. Besser als den “besten Hacker Italiens” in einer Zelle verkümmern zu lassen, wäre es allemal, sein Talent für Italien und Europa gegen feindliche Hackerangriffe zu nutzen. In diesem Sinne könnte Carmelo Miano wie bisher gewohnt bald wieder vor einem Computer sitzen.
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