Von: Ivd
Rom – In der italienischen Regierungskoalition eskaliert der Streit um die strategische Ausrichtung des Landes. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Außenminister Antonio Tajani zeigen sich zunehmend irritiert über das Verhalten von Vizepremier Matteo Salvini. In einem Telefonat mit Tajani soll Meloni am Sonntag ihren Frust deutlich gemacht haben: „Wenn es genug ist, ist es genug.“ Zeichnet sich dort etwa der Bruch der Regierungskoalition ab?
Der Konflikt in der Führungsriege Italiens schwelt seit Monaten, hat aber in den letzten Tagen eine neue Dimension erreicht. Hintergrund ist eine öffentlich ausgetragene Auseinandersetzung über die Außenpolitik Italiens. Die Lega, angeführt von Verkehrsminister Salvini, hat wiederholt Kritik an Tajani geübt und seine Rolle als Außenminister infrage gestellt. In einem Interview mit italienischen Medien stellte der stellvertretende Lega-Chef Claudio Durigon sogar die These auf, Tajani sei „in Schwierigkeiten“ und benötige die Hilfe der Lega, um mit US-Präsident Trump zu kommunizieren.
Während Tajani die Darstellung umgehend zurückwies, wertete Meloni die Attacke als gezielten Angriff auf das ohnehin angespannte Verhältnis der Regierungsparteien innerhalb der Dreierkoalition. In der Regierung wird immer deutlicher, dass Meloni die Eskapaden ihres Vizepremiers als Belastung empfindet. Das Umfeld Melonis berichtet, dass sie Salvinis spalterisches Spiel durchschaue. Hinter den Angriffen auf die zweite Reihe der Meloni-Regierung und der Destabilisierung der Politik soll der Versuch stecken, an Melonis Ast zu sägen.
Ultimatum von Forza Italia
Tajani, der in der aktuellen Regierung für Stabilität steht, will die ständigen Attacken der Lega nicht länger hinnehmen. Nach Informationen aus Kreisen von Forza Italia machte er in dem Telefonat mit Meloni seine Position unmissverständlich klar. „Wir sind loyal und wir arbeiten für die Stabilität dieser Regierung. Aber wenn Salvini nach dem 6. April weiter gegen uns schießt, müssen wir eine Überprüfung der Regierungszusammenarbeit verlangen“, so der stellvertretende Premier über den zweiten Vizepremier.
Ein solches Regierungsüberprüfung könnte die Regierung ins Wanken bringen und der Opposition neue Angriffsflächen bieten. Dennoch scheint Tajani bereit, diesen Schritt zu gehen, sollte sich die Lage nicht beruhigen. Noch vor dem von Emmanuel Macron einberufenen Gipfel zur Ukraine am kommenden Donnerstag könnte ein Treffen zwischen Meloni, Tajani und Salvini stattfinden. Allerdings fürchtet die Ministerpräsidentin, dass eine solche Zusammenkunft die Risse in der Koalition noch offensichtlicher machen würde.
Melonis Dilemma: Abwarten oder Handeln?
Die Ministerpräsidentin steckt in einer Zwickmühle. Einerseits möchte sie die Spannungen innerhalb der Koalition nicht weiter anheizen und ein Zeichen der Stabilität senden. Andererseits kann sie die ständigen Attacken ihres Vizepremiers nicht einfach hinnehmen. Doch der jüngste Kurs der Lega, insbesondere deren demonstrative Nähe zu Trump und der Versuch, Meloni in außenpolitischen Fragen zu überholen, sorgt für wachsenden Unmut in ihrem Lager.
Salvini scheint einen Keil in das Regierungsbündnis treiben zu wollen. Ein führendes Mitglied der Fratelli d’Italia drückte es wie folgt aus: „Matteo ist clever genug, um zu beteuern, dass er und Giorgia beste Freunde sind. Aber er ist auch sehr geschickt darin, Regierungen zu Fall zu bringen.“ Wie sich die jüngsten Streitigkeiten entwickeln, werden die kommenden Gespräche zeigen.
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