Von: ka
Cagliari – Während die Italiener und ganz besonders die Südtiroler unter der Last der Coronapandemie stöhnen, blicken die Sarden wieder zuversichtlich in die Zukunft.
Nachdem Sardinien mit der Farbe „weiß“ die niedrigste Corona-Gefahrenstufe zugewiesen worden war, unterschrieb der Präsident der glücklichen Mittelmeerinsel, Christian Solinas, im Einvernehmen mit dem technisch-wissenschaftlichen Komitee(CTS) eine Verordnung, die sehr weitgehende Lockerungen vorsieht. Die Sarden und ihr Präsident, die sich derzeit sehr niedriger Corona-Zahlen erfreuen, wissen aber, dass es schwierig war, „weiß“ zu werden, und es noch schwieriger sein wird, „weiß“ zu bleiben.
Um eine erneute Einschleppung der Viren zu verhindern, will Sardinien in allen Fähr- und Flughäfen ein lückenloses Test- und Kontrollsystem einführen. Nicht zuletzt dank einer Massenimpfung hofft Solinas aber, das Virus komplett von seiner Insel zu verbannen und Sardinien in eine coronafreie Insel zu verwandeln.
Auch am ersten „weißen“ Tag verzeichnete Sardinien außerordentlich gute Corona-Zahlen. Am Montag meldete Sardinien lediglich 45 Neuinfektionen und acht Todesopfer. Da insgesamt 6.514 Abstriche ausgewertet wurden, fiel das Verhältnis zwischen den neuen Fällen und den durchgeführten Tests auf 0,7 Prozent. Südtirol hingegen, das nur ein Drittel der Einwohner der Mittelmeerinsel besitzt, meldete am selben Tag 121 Neuinfektionen. Zugleich ist in Südtirol das Verhältnis zwischen den neuen Fällen und den durchgeführten Tests höher als auf der Mittelmeerinsel. Mit lediglich 210 stationär aufgenommenen Corona-Patienten, von denen 19 intensivmedizinisch betreut werden – in Südtirol sind es zum Vergleich respektive 375 und 38 Patienten – ist auf Sardinien auch der Druck auf die Krankenhäuser spürbar geringer als hierzulande.
Diese optimistisch stimmenden Corona-Zahlen ermöglichen es nun den Sarden, weitgehende Lockerungen in die Wege zu leiten, die fast schon einer „neuen Normalität“ ähneln.
Die neue Verordnung des Präsidenten Sardiniens, Christian Solinas, erlaubt nicht nur den 207.268 Schülern und Studenten der Insel die Rückkehr in ihre Klassenräume, sondern sieht auch für die Gastronomie eine weitgehende Lockerung der Corona-Einschränkungen vor. Seit Montag dürfen die Bars bis 21.00 Uhr und die Restaurants sogar bis 23.00 Uhr geöffnet halten, wobei lediglich einige die Gesichtsmaske und die soziale Distanzierung betreffende Corona-Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden müssen. Die Sperrstunde hingegen verschiebt sich von bisher 22.00 Uhr auf 23.30 bis 5.00 Uhr. Zudem dürfen sich die Sarden, von denen nur die Einhaltung der Maskenpflicht und der sozialen Distanzierung verlangt wird, auf der ganzen Insel frei bewegen. Im Gegensatz zu den Südtirolern dürfen sich die glücklichen Inselbewohner auch über geöffnete Boutiquen und Geschäfte freuen, wobei in den Geschäftslokalen auch in diesem Fall die Einhaltung der elementarsten Corona-Maßnahmen gilt.
In den vergangenen Monaten war es den Sarden gelungen, dank eines durchdachten Konzepts, das im Wesentlichen aus Coronatests und der häuslichen Isolierung der Kontaktpersonen der positiv Getesteten bestanden hatte, die Corona-Zahlen nach unten zu drücken. Natürlich hatten dabei einige Charakteristiken Sardiniens – der Inselstatus, die dünne Besiedelung und die geringe Verstädterung – einen großen Beitrag geleistet. Die Sarden und ihr Präsident wissen aber auch, dass „weiß“ zu bleiben eine noch größere Herausforderung sein wird, als es zu werden.
Vermutlich mit den begangenen Fehlern im letzten Sommer noch im Hinterkopf kündigte Christian Solinas eine neue Verordnung an, mit der in allen Fähr- und Flughäfen ein lückenloses Kontrollsystem eingeführt werden soll. Für dieses Vorhaben soll laut dem Präsidenten Sardiniens Personal der Region abgestellt werden, das Personen, die auf die Insel gelangen, auf das Virus testen soll. Ausgenommen davon sollen nur jene Inselbesucher sein, die am Hafen oder am Flughafen ein erst kürzlich durchgeführtes negatives Testergebnis vorweisen können.
Der Traum der Sarden und ihres Präsidenten ist aber, Sardinien in eine Covid-19-freie Insel zu verwandeln. Zu diesem Zweck schlug Christian Solinas Ministerpräsident Mario Draghi vor, Sardinien die notwendigen Impfdosen zur Verfügung zu stellen, um alle Sarden innerhalb von 45 Tagen durchimpfen zu können.
Eine Herdenimmunität der Inselbewohner, verbunden mit einer lückenlosen Anti-SARS-CoV-2-Barriere an allen „Eingangstoren“, soll im Sinne des Präsidenten Sardinien in eine Art „Inselfestung“ verwandeln, die den Sarden alle Freiheiten und gleichzeitig den Touristen sorgenlose Urlaube ermöglichen soll.
Ob das gelingen kann, wird bald die Zukunft weisen. In jedem Fall wollen die Sarden nach dem „weißen“ Erfolg das ambitionierte Ziel, coronafrei zu werden, in Angriff nehmen.