Ein gefährliches Spiel mit der Sucht

Glücksspiel-Weltmeister Italien: Ausbau zugunsten der Mafia

Sonntag, 01. Dezember 2024 | 08:02 Uhr

Von: Ivd

Rom – In Italien wächst das Glücksspiel zu einem immer bedeutenderen Wirtschaftsfaktor heran – mit enormen gesellschaftlichen Folgen. Während die italienische Bevölkerung im Jahr 2023 eine Summe von 147,7 Milliarden Euro in Lotterien, Sportwetten und Spielautomaten investierte, übertreffen die Schätzungen für 2024 sogar den Wert des Vorjahrs – etwa 160 Milliarden Euro. Damit gibt Italien pro Kopf mehr für Glücksspiele aus als jedes andere europäische Land. Verglichen mit dem Durchschnittsgehalt ist Italien sogar Weltspitze.

Die italienische Regierung unter Giorgia Meloni setzt dennoch auf eine Ausweitung des Angebots. Im neuen Haushaltsentwurf sind zusätzliche Einnahmen durch neue Lottoziehungen eingeplant, während gleichzeitig 50 Millionen Euro für die Prävention und Bekämpfung der Spielsucht gestrichen werden. Der Soziologe Maurizio Fiasco kritisiert: „Wir fördern das Glücksspiel weiter – mit fatalen Folgen für die Gesellschaft.“

Business Model Sucht

Denn die Gewinne haben einen hohen Preis: Anderthalb Millionen Italiener (knapp drei Prozent) gelten als gefährdet oder bereits süchtig, wie Studien zeigen. Spielsucht führt nicht nur zu sozialen und finanziellen Krisen, sondern auch zu einem immensen Verlust an Arbeitszeit – etwa 140 Millionen Tage pro Jahr.

Doch das Glücksspiel bringt dem italienischen Staat weiterhin beträchtliche Steuereinnahmen – allein 2022 waren es 11,5 Milliarden Euro. Die verhältnismäßig niedrige Besteuerung von maximal neun Prozent macht es lukrativ für Spieler und Betreiber gleichermaßen. Kritiker wie Roberto Montà von der Antikorruptionsorganisation Avviso Pubblico warnen zudem vor der Rolle der organisierten Kriminalität, die legale und illegale Glücksspielangebote zunehmend als Geldwäsche-Instrument nutzt.

Das illegale Geschäft mit den Süchtigen

Die Ausweitung kommt auch der Mafia zugute: Jährlich werden etwa 20 Milliarden Euro durch illegales Wettplattformen umgesetzt. Auf den Plattformen sind meist höhere Einsätze und demzufolge Gewinne möglich als bei legalen Angeboten. Das zieht viele Süchtige noch tiefer in die Abhängigkeit und Verschuldung. Verschuldete Spieler leihen sich dann wiederum Geld bei der Mafia, um ihre Schulden zu begleichen und geraten erst recht in die Abhängigkeit. Die Mafia nutzt die Spielhallen gleichzeitig oft als Möglichkeit Geld zu waschen.

Die gesellschaftlichen Folgen des Glücksspielbooms treffen vor allem die finanziell Schwächeren. Fachleute betonen, dass ein starker Fokus auf Prävention und Regulierung nötig wäre, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Stattdessen setzt Italien auf die kurzfristigen finanziellen Vorteile und fördert so die Abhängigkeit vieler Spieler weiter, was soziale Probleme und die organisierte Kriminalität nur verschärft.

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