Von: ka
Senago/Sant’Antimo – Der Mörder der im siebten Monat schwangeren Giulia Tramontano sitzt in Untersuchungshaft. Alessandro Impagnatiello gestand zwar die Tat, beteuert aber in Affekt gehandelt zu haben. „Ich tat es ganz allein, nichts war geplant“, so die Aussage des 30-Jährigen.
Nach dem Ergebnis der Autopsie und der Auswertung des Computers und des Smartphones von Alessandro Impagnatiello sowie aller damit verbundenen Suchanfragen hegen die Ermittler der Carabinieri und der Staatsanwaltschaft aber keinen Zweifel mehr, dass der 30-Jährige bereits vor dem am 27. Mai verübten Mord monatelang versucht hatte, die schwangere Giulia Tramontano zu vergiften.
Das Ergebnis der am 9. Juni an der Leiche der Frau und des Fötus durchgeführten Autopsie ist schockierend. Den Laboranalysen zufolge hatte der 30-Jährige bereits vor dem am 27. Mai verübten Mord monatelang versucht, die schwangere Giulia Tramontano mit Rattengift zu töten. Im Blut und in den Haaren der 29-Jährigen sowie im Gewebe sowie in den Haaren des Fötus stellten die Experten Spuren des starken Antigerinnungsmittels Bromadiolon fest, das bei der Bekämpfung von Nagetieren verwendet wird. Das tödliche Gift war der 29-Jährigen vermutlich schon seit dem Dezember letzten Jahren unter das Essen oder in die Getränke gemischt worden, wobei die Menge in den letzten anderthalb Monaten sogar erhöht worden war.
Bereits als die Carabinieri Alessandro Impagnatiello in Besitz von zwei kleinen Bällchen Rattengift vorfanden, verdächtigten sie ihn, seine schwangere Freundin vergiftet zu haben, aber der 30-Jährige entgegnete den Beamten, dass das Gift dazu gedient habe, im Hotel, wo er arbeitete, Ratten zu bekämpfen. Diese Darstellung wurde von seinen Kollegen aber entschieden zurückgewiesen.
Vielmehr hatte Alessandro Impagnatiello das Rattengift, aber auch Chloroform, das ebenso dazu gedient hatte, die Schwangere zu ermorden, gezielt im Netz gesucht und bestellt. Aufgedeckte Suchanfragen wie „Wie tötet man eine schwangere Frau mit Gift“ und „Wie vergiftet man einen Fötus“, die der 30-Jährige bereits Monate vor der Bluttat in seinen Computer getippt hatte, lassen kaum Zweifel offen.
Wie die Auswertung seines Smartphones ergab, hatte er beispielsweise am Abend des 16. Februar während seiner Arbeit als Barkeeper im luxuriösen Café Armani eine Flasche mit Amylen stabilisierten Chloroform gekauft. Um seine wahre Identität zu verschleiern, hatte er für die Bestellung eigens eine neue E-Mail-Adresse geschaffen und sich mit dem fiktiven Namen „Andrea Valdi“ ausgegeben. Allerdings hatte er dabei seine richtige Anschrift verwendet und die Rechnung mit seinem persönlichen Paypal-Konto bezahlt. Da der Kurier die Adresse nicht gefunden hatte, hatte Alessandro Impagnatiello das Paket direkt beim Lieferdienst abgeholt.
Wie aus der Auswertung aller von Alessandro Impagnatiello getätigten Suchanfragen ebenfalls hervorging, hatte der 30-Jährige keine Kenntnisse über die Dosierung und Verwendung des Giftes besessen, wodurch seine Mordversuche monatelang misslungen waren. Unter anderem hatte er erst bei einer weiteren Suche im Netz erfahren, dass das Vermischen des Rattengifts mit warmen Getränken seine Wirkung erheblich verringert.
Allerdings hatte die Aufnahme des Gifts der 29-Jährigen gesundheitlich merklich geschadet. Einer Freundin hatte Giulia Tramontano berichtet, dass sie an Magenschmerzen leide und sich sehr abgeschlagen und schwach fühle, und gegenüber ihrer Mutter hatte sie sich darüber beklagt, dass das Wasser, das sie trinke, nach Chloroform schmecke. Ihre Mutter hatte ihr dazu geraten, das Wasser in den Abfluss zu gießen. Um seine schwangere Freundin endlich loszuwerden, hatte Alessandro Impagnatiello den Analysen zufolge im April die Dosierung des Gifts wesentlich erhöht.
Letzten Ermittlungserkenntnissen zufolge soll Alessandro Impagnatiello gleich mehrere Motive besessen haben, sich der 29-Jährigen zu entledigen. Vermutlich hatte die Entscheidung von Giulia Tramontano trotz der Aufdeckung der Doppelbeziehung ihres Freundes das Kind behalten zu wollen, ihr Todesurteil bedeutet. Laut der Aussage seines Bruders hätte Alessandro Impagnatiello geplant, eine Wohnung zu ersteigern, sie zu renovieren und sie mit Gewinn zu verkaufen. Die aus seiner Sicht trübe Aussicht, für ein weiteres Kind Alimente zahlen zu müssen – der 30-Jährige musste bereits für den Unterhalt für ein Kind aus einer vergangenen Beziehung aufkommen – hätte diese Pläne durchkreuzt.
Dadurch, dass die Schwangerschaft des Opfers die Umsetzung dieser Pläne, aber auch die Fortsetzung seines „gewohnten Lebens“ und seiner Doppelbeziehung verhindert hatte, soll Alessandro Impagnatiello beschlossen haben, dem Leben von Giulia Tramontano und des Ungeborenen ein grausames Ende zu setzen. Dem Autopsiebericht zufolge soll die 29-Jährige selbst nach den vielen Messerstichen noch gelebt haben und erst durch Verbluten gestorben sein.
Alle Ermittlungsergebnisse belasten Alessandro Impagnatiello schwer. Die monatelangen Versuche, die Schwangere mit Chloroform und Rattengift zu ermorden, widersprechen seiner Aussage, Giulia Tramontano im Affekt getötet zu haben. Zudem könnte der Tatbestand einer illegalen Unterbrechung einer Schwangerschaft in Tateinheit mit einem Mord in einen Doppelmord umgewandelt werden, wodurch zusammen mit der Anschuldigung, vorsätzlich einen Mord verübt zu haben, Alessandro Impagnatiello zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden könnte.
In Senago bei Mailand sowie im Geburtsort von Giulia Tramontano – Sant’Antimo bei Neapel – sitzt der Schock immer noch tief. Die grausame Erkenntnis, dass Giulia Tramontano monatelang Giftmordversuchen ausgesetzt war, ist für ihre trauernden Angehörigen und Freunde eine sehr schwere Belastung.