Von: ka
Genua/Sestri Ponente – Acht Monate nach dem Tod einer 32-jährigen Frau, die aus dem Fenster ihrer Wohnung im Viertel Sestri Ponente von Genua in den Tod gestürzt war, wurde ihr Ehemann, der 44-jährige Ahmed Mustak, wegen Mordes verhaftet.
Die Ermittler waren zunächst von einer Verzweiflungstat ausgegangen, aber folgende Ermittlungen ergaben, dass die 32-jährige Sharmin Sultana einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen war. Neben Zeugenaussagen von Freundinnen des Opfers waren es insbesondere die Aussagen der beiden Kinder des Opfers, die die Ermittler zum Täter führten. Einer Kinderzeichnung, die der erst neun Jahre alte Sohn von Sharmin Sultana malte, kam dabei eine entscheidende Rolle zu.
Nach dem Tod der erst 32 Jahre alten, ursprünglich aus Bangladesch stammenden Sharmin Sultana glaubten die Ermittler zunächst, dass sich die junge Frau selbst aus dem Fenster ihrer Wohnung im zweiten Stock eines Kondominiums im Genueser Stadtviertel Sestri Ponente auf die darunterliegende Straße gestürzt hätte. Die vom Richter angeordnete Autopsie schloss weitgehend aus, dass die Frau vor ihrem Tod misshandelt worden war. In den folgenden Wochen und Monaten verdichteten sich jedoch die Hinweise, dass die junge Mutter von zwei Kindern keine Verzweiflungstat begangen hatte.
In den Monaten vor der Bluttat hatte sich die eheliche Beziehung laufend verschlechtert. Familienangehörige und Freundinnen der 32-Jährigen berichteten, dass ihr ebenfalls aus Bangladesch stammender Mann Sharmin Sultana immer wieder schikaniert hätte. Die Nachbarn sagten aus, dass es in der Wohnung der Familie immer wieder zu lautstarken Auseinandersetzungen gekommen war. Dem 44-jährigen Ahmed Mustak hätte besonders gestört, dass seine Frau in den sozialen Netzwerken, vor allem auf TikTok, aktiv war. Jedes Mal, wenn sie Nachrichten erhalten hätte, wäre dem 44-Jährigen die Zornesröte ins Gesicht gestiegen.
„Mein Mann ist sehr eifersüchtig. Er überprüft den ganzen Tag lang meinen Account. Wenn er sieht, dass mir jemand Nachrichten schickt, beschimpft er mich. Also schick mir bitte keine Nachrichten“, hatte Sharmin Sultana einer Freundin anvertraut. In zwei Fällen hatten die schweren Auseinandersetzungen sogar zu Polizeieinsätzen geführt.
Aufgrund der schwerwiegenden Hinweise auf eine wahrscheinliche Täterschaft des Mannes gingen die Ermittler daran, nach Beweisen zu suchen. Dank Wanzen, die die Carabinieri im Warteraum der Carabinieri-Kaserne installiert hatten, konnte bewiesen werden, dass der 44-jährige Ahmed Mustak versuchte, seine erst sieben Jahre alte Tochter dazu zu überreden, den Ermittlern nichts über ihre Mutter zu sagen, um auf diese Weise den Vater zu entlasten.
„Erzähl nichts von deiner Mutter. Sag, dass du nichts weißt und sag, dass die Mama immer nur aufs Smartphone geschaut hat“, so Ahmed Mustak zu seiner kleinen Tochter. Die Siebenjährige folgte den Anweisungen ihres Vaters und erzählte den Ermittlern, dass sie nichts wisse.
Äußerst dramatisch waren jedoch die Aussagen des neunjährigen Sohnes. Einer Kinderzeichnung, die das Kind von Sharmin Sultana malte, kam ebenfalls eine entscheidende Rolle zu. Der Bub, der aufgrund einer autistischen Störung Schwierigkeiten hat, sich auszudrücken, erzählte dem Psychologen, dass seine Mutter jedes Mal, wenn sie ihr Smartphone in die Hand genommen hätte, von seinem Vater misshandelt worden wäre. Dem Staatsanwalt zufolge zeigt die erschütternde Schilderung des Neunjährigen, dass er den Mord an seiner Mutter mitangesehen hatte. „Papa hat Mama auf den Kopf geschlagen, Mama ist gestorben“. Auf die Frage, ob er dann gesehen hätte, wie seine Mutter aus dem Fenster gestürzt war, antwortete er mit „Ja“.
An jenem fatalen 7. März 2023 hätte Sharmin Sultana zu einem Vorstellungstermin erscheinen sollen. Wie eine ihrer Freundinnen später erklärte, hatte sich die 32-Jährige sehr auf ihre neue Arbeit gefreut. Ihre Begeisterung, wieder zu arbeiten, hatte ihr Mann aber ganz und gar nicht geteilt. „Sharmin Sultana war voller Lebensenergie. Ich habe nie an eine Verzweiflungstat geglaubt“, so die Freundin.