Hubschrauber-Rettungsaktion kostete fast 10.000 Euro

Großer Leichtsinn: Touristen im Hochgebirge mit Sandalen unterwegs

Donnerstag, 17. August 2023 | 08:20 Uhr

Von: ka

Claut/Pordenone/Udine – Eine Gruppe junger Bergwanderer, die leichtsinnigerweise anstatt mit geeigneten Bergschuhen nur mit Sandalen an den Füßen eine hochalpine Wanderung unternommen hatte, löste eine Rettungsaktion samt Hubschraubereinsatz aus.

Als die Gruppe in rund 2.000 Metern Seehöhe in von Muren durchzogenes, steiles Berggelände geriet, wo die fast glatten Sohlen ihrer Sandalen keinen Halt mehr fanden, blieb den beiden jungen Paaren nichts mehr anderes übrig als die Notrufnummer zu wählen. Zusammen mit einem Rettungshubschrauber stiegen die Bergretter des Bergrettungsdienstes von Forni di Sopra auf, um die Gruppe und ihren Hund aus dem steilen und felsigen Gelände zu bergen. Nach der erfolgreichen Rettungsaktion, die dem Steuerzahler rund 10.000 Euro kostete, ergoss sich über die leichtsinnigen und verantwortungslosen Bergwanderer im Netz ein wahrer Shitstorm. Viele Leser und Kommentatoren forderten, ihnen nicht nur die Kosten für den gesamten Rettungseinsatz zu berechnen, sondern sie auch mit einem Bußgeld zu belegen.

Facebook/Soccorso Alpino e Speleologico Friuli Venezia Giulia – CNSAS

Bergretter ärgern sich immer wieder, wenn sie zu einem Rettungseinsatz ausrücken müssen, um Bergwanderer und Bergsteiger zu retten, die für Hochgebirgstouren ungeeignete Kleidung oder Schuhe tragen. Schauplatz eines besonders eklatanten Falles dieser Art, der auf vollkommen ungeeignetes Schuhwerk zurückzuführen war, war das Berggebiet der Val Settimana in der Gemeinde Claut in den Friulanischen Alpen.

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Am Hochunserfrauentag gegen 10.00 Uhr brach eine vierköpfige Gruppe von Wanderern aus Padua – zwei Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 29 und 33 Jahren – samt ihrem Hund von der Pussa-Hütte in der Val Settimana auf, um eine längere und recht anspruchsvolle Ringwanderung zu unternehmen, die sie nach der Besteigung des Monte Rua über die Casera Pramaggiore nach mehreren Stunden schließlich wieder zur Pussa-Hütte zurückführen sollte. Anstatt für diese hochalpine Wanderung geeignetes Schuhwerk mit einer entsprechenden Sohle anzuziehen, trugen die vier jungen Leute aber nur Sandalen mit schwachem Profil, die sich für eine leichte Treckingtour, aber nicht für einen Hochgebirgspfad eigneten.

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Am späten Nachmittag, als die Sonne bereits tief am Horizont stand, geriet die Gruppe in rund 2.000 Metern Seehöhe in steiles Berggelände, wo einige Tage vorher nach einem schweren Unwetter mehrere Muren abgegangen waren. Da die fast glatten Sohlen ihrer Sandalen im vermurten Gelände keinen Halt mehr fanden und es bereits zu spät war, um vor Einbruch der Dunkelheit zur Hütte zurückkehren zu können, setzte die Gruppe einen Notruf ab.

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Von der Notrufzentrale alarmiert stiegen mit Unterstützung des Hubschraubers die Bergretter des Bergrettungsdienstes von Forni di Sopra am frühen Abend auf, um die Gruppe junger Leute und ihren Hund aus dem steilen und felsigen Gelände unter dem Monte Rua zu bergen. Mithilfe der Seilwinde wurden nacheinander die vier jungen Wanderer und ihr Hund aus dem vermurten Gelände in den Hubschrauber geholt und hinunter ins Tal gebracht.

Der Rettungseinsatz war allein auf dem Leichtsinn und der Verantwortungslosigkeit der offensichtlich vollkommen bergunerfahrenen Wanderer geschuldet. Das Wetter war für eine solche Wanderung zufriedenstellend. Hätten die vier jungen Paduaner Bergschuhe getragen und wären sie früh genug von der Hütte aufgebrochen, hätten sie nie Alarm schlagen müssen.

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In Anbetracht, dass die Kosten des Rettungshubschraubers des Typs Airbus H145 100 Euro pro Flugminute weit übersteigen, verschlang der Einsatz fast 10.000 Euro an öffentlichen Geldern. Zu bedenken ist auch, dass es sich bei den Bergrettern um ehrenamtliche Freiwillige handelt, die für ihre Einsätze ihre Freizeit opfern.

Im Gegensatz zu anderen Gebirgsregionen kostet es den Verunglückten derzeit jedoch noch nichts, sich in den Bergen von Friaul-Julisch Venetien zu verirren oder zu verletzen. Der Hubschrauber-Rettungsdienst für Bergunfälle ist kostenlos. Die Kosten für solche Einsätze werden in Friaul-Julisch Venetien noch immer zur Gänze von der Region, also vom Steuerzahler, übernommen.

Facebook/Soccorso Alpino e Speleologico Friuli Venezia Giulia – CNSAS

In anderen Regionen des Alpenbogens hingegen wurde für Einsätze, die nicht als lebensrettend gelten oder die auf den Leichtsinn der Geretteten zurückzuführen sind, eine Art „Super-Ticket“ eingeführt. In der Region Venetien beispielsweise können Leichtsinnige unter Umständen mit bis zu 7.500 Euro an den Rettungskosten beteiligt werden. Im Aostatal werden den Geretteten bei ähnlichen Rettungseinsätzen bis zu 137 Euro pro Minute berechnet. In unserer Region, in der Lombardei und im Piemont sind die geforderten Beträge zwar niedriger, liegen aber immer noch bei rund 1.000 Euro.

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Es ist daher keine Überraschung, dass nach der erfolgreichen Rettungsaktion, die dem Steuerzahler rund 10.000 Euro kostete, sich über die leichtsinnigen und verantwortungslosen Bergwanderer im Netz ein wahrer Shitstorm ergoss. Insbesondere auf der Facebook-Seite der Bergrettung wurden Forderungen laut, den vier „Bergwanderern“ nicht nur die Kosten für den gesamten Rettungseinsatz zu berechnen, sondern sie auch mit einem saftigen Bußgeld zu belegen. Zugleich ist unter den Lesern und Kommentatoren der Ärger darüber groß, dass in Friaul-Julisch Venetien – Zitat eines Internetnutzers – „selbst noch der letzte „Berg-Pollo“ gratis vom Berg geholt wird“. „Das Regionalgesetz muss unbedingt geändert werden“, so der Tenor der Kommentatoren.

Weniger heißblütige Internetnutzer weisen jedoch vielmehr darauf hin, dass der Rettungseinsatz erfolgreich war. In anderen zutiefst traurigen Fällen hatten Leichtsinn und Verantwortungslosigkeit von Bergfreunden oftmals ihnen selbst und manchmal auch ihren Rettern das Leben gekostet.