Verletzte Höhlenforscherin in Italien befreit - VIDEO

Hasskommentare bei Rettungsaktion: „Das hat sie sich selbst zuzuschreiben“

Mittwoch, 18. Dezember 2024 | 08:06 Uhr

Von: ka

Fonteno/Lago Iseo – Nach einem mehrtägigen Einsatz ist eine schwer verletzte Forscherin aus einer Höhle in Norditalien gerettet worden. Die 32 Jahre alte Ottavia Piana war am Samstag beim Erkunden der Höhle Abisso Bueno Fonteno bei Bergamo abgestürzt. In der Nacht auf Mittwoch brachten die Rettungsteams die auf eine Trage gebundene Frau ins Freie, wie die Berg- und Höhlenrettung mitteilte. Ein Helikopter flog die Frau daraufhin ins Krankenhaus.

Dick eingepackt und fest verschnürt auf einer Trage liegend hieven mehrere Retter die verunglückte Höhlenforscherin Ottavia Piana durch die engen und rutschigen Gänge der Höhle Abisso Bueno Fonteno in Norditalien. Zentimeter für Zentimeter tasten sie sich im Licht der Stirnlampen vor. Um 2.59 Uhr atmete die 32-Jährige wieder frische Luft – im Freien wartete in der Luft stehend ein Helikopter, der sie über eine Seilwinde heraufzog, um sie anschließend ins Krankenhaus zu bringen.

Bei ihrem Absturz am Wochenende hatte sich die Frau schwer verletzt. Nach Angaben der Retter zog sie sich dabei Wirbel- und Rippenverletzungen und auch Verletzungen im Gesicht zu.

Mission lief seit Samstag

Am Ende ging es schneller als gedacht: Eigentlich war der Aufstieg zum Ausgang der Höhle am späten Mittwochabend oder sogar erst am Donnerstagmorgen erwartet worden. Überraschend gelang es den Rettern jedoch, den letzten Abschnitt des Labyrinths schneller als ursprünglich geplant zurückzulegen. Die Rettungsmission dauerte insgesamt rund 75 Stunden.

Seit Samstag lief in dem Höhlenlabyrinth am Nordufer des Iseo-Sees zwischen Bergamo und Brescia die aufwendige Aktion. Die Forscherin war mit mehreren weiteren Begleitern in der weitläufigen Höhle unterwegs, um den bisher unbekannten Teil zu erforschen. Beim Abstieg in einen engen Tunnel verlor sie offenbar den Halt und rutschte mehrere Meter in die Tiefe.

Mehr als 150 Rettungskräfte beteiligt

Mehr als 150 spezialisierte Berg- und Höhlenretter auch aus anderen Regionen beteiligten sich an der Bergung. Diese gestaltete sich äußerst schwierig. Die riesige Höhle wurde erst 2006 entdeckt. Dabei handelt es sich um ein enormes Labyrinth an unterirdischen Gängen, Wasserfällen und Seen mit einer Gesamtlänge von 50 Kilometern. Nicht einmal die Hälfte davon ist erforscht.

Ein Retter berichtete der Zeitung “Corriere della Sera”, wie kompliziert der Einsatz war: “In einigen Gebieten der Höhle kann man gehen und die Trage liegt auf den Schultern, in anderen Gegenden wird sie von einer Hand zu Hand gereicht, insbesondere in den engsten Schluchten. In diesen Gebieten arbeiten die Retter auch im Sitzen, indem sie die Trage über ihre Knie führen.”

Frau bereits zum zweiten Mal in Höhle eingeschlossen

In derselben Höhle war die junge Frau bereits im Juli 2023 eingeschlossen. Sie verletzte sich damals bei einem Absturz am Bein und musste in einer schwierigen Rettungsmission aus der Höhle ins Freie gebracht werden. Damals konnte sie nach zwei Tagen gerettet und ins Krankenhaus gebracht werden.

Zurück in eine Höhle will Piana jedoch nach dem jüngsten Absturz nicht mehr. Ei­nem am Einsatz beteiligten Arzt vertraute sie bereits an, nie wieder eine Höhle betreten zu wollen. Rino Bregani berichtete der Nachrichtenagentur Ansa, sie wolle die Höhlenforschung nun “endgültig aufgeben”.

In den vergangenen Jahren gab es mehrfach spektakuläre Rettungsaktionen, um Menschen aus Höhlen herauszuholen. International die meiste Aufmerksamkeit löste das Verschwinden einer Fußball-Jugendmannschaft im Juni 2018 in Thailand aus. Die zwölf Jungen und ihr Trainer wurden schließlich nach zwölf Tagen aus der Tham-Luang-Höhle gerettet. Ein Taucher starb dabei.

“Das hat sie sich selbst zuzuschreiben”

Auch wenn sich die Bergung der verletzten Höhlenforscherin Ottavia Piana als sehr schwierig gestaltete, gelang es der Rettungsmannschaft, die aus vier Teams besteht, dennoch die auf einer Bahre liegende Verletzte langsam, aber sicher zum Höhlenausgang zu transportieren. “In einer Stunde kommen wir rund 50 Meter voran”, erklärte einer der Höhlenretter.

Il lento viaggio di Ottavia Piana verso la salvezzaServiranno ancora almeno 36 ore portare Ottavia Piana fuori dalla grotta di Bueno Fonteno, in provincia di Bergamo. Le condizioni della speleologa sono stabili.L'inviata Maria Teresa Palamà per il Tg3 delle 14:20 del 17 dicembre 2024

Posted by Tg3 on Tuesday, December 17, 2024

Schmerzlich war für die Einsatzkräfte auch: Der schwierige Rettungseinsatz war von Hasskommentaren im Netz überschattet. Posts wie jener, dass die 32-Jährige sich das selbst zuzuschreiben habe, Fragen nach den Kosten des Einsatzes und sexistische Anwürfe, dass die Höhlenforscherin “besser hätte in der Küche bleiben sollen”, gehören dabei noch zu den harmloseren Kommentaren.

Die Hasskommentare und sonstigen Anwürfe veranlassten den Präsidenten der italienischen Gesellschaft für Höhlenforschung, Sergio Orsini, das Wort zu ergreifen, um die Bedeutung der Forschungsarbeit hervorzuheben, die Piana und ihre Höhlenforschungsgruppe im Abisso Bueno Fonteno durchführen.

Grotta Bueno Fonteno: i soccorritori con la barella hanno terminato il percorso nel ramo secondario della grotta – non esplorato – per ora ritrovarsi nella parte conosciuta della grotta. Le tempistiche di movimento sono scandite da un'ora e mezza di trasporto e un'ora di pausa per fornire assistenza sanitaria all'infortunata. Fino a questo momento sono stati impegnati 126 tecnici del Soccorso Alpino e Speleologico che hanno formato 5 squadre di soccorso: alcune dedicate al trasporto della barella, altre ad anticiparne il passaggio provvedendo a disostruire dei tratti che successivamente potrebbero risultare problematici – anche con l'utilizzo di piccole cariche esplosive. L'ingresso della sesta squadra è previsto per questa sera, quello della settima nella giornata di domani. I tecnici sono provenienti da Lombardia, Campania, Friuli-Venezia Giulia, Emilia-Romagna, Liguria, Marche, Piemonte, Trentino-Alto Adige, Toscana, Umbria e Veneto. È previsto l'arrivo di ulteriore personale dalla Sardegna. Le condizioni dell'infortunata, costantemente monitorata dal personale sanitario del Soccorso Alpino e Speleologico, sono stabili. Le comunicazioni tra l'esterno e l'interno della grotta sono garantite da un cavo telefonico che i soccorritori hanno posizionato lungo tutto il percorso delle operazioni di soccorso.

Posted by Corpo Nazionale Soccorso Alpino e Speleologico – CNSAS on Monday, December 16, 2024

Die drei Teams von „Bahnbrechern“, die im Höhlensystem mit der Aufgabe betraut sind, enge Stellen so stark zu erweitern, sodass die Bahre mit der Verletzten durch sie hindurchgetragen werden kann, arbeiten intensiv daran, ihre Aufgabe mit größter Sorgfalt und Geschwindigkeit zu bewältigen. Neben Bohrern und Schlagbohrern werden zu diesem Zweck auch Sprengladungen eingesetzt. “Sind die Zünder bereit?” “Bereit”. “Freigabe zum Sprengen”, sprachen die Retter im Abisso Bueno Fonteno sich untereinander ab, bevor ein lauter Knall ertönte.

Facebook/Corpo Nazionale Soccorso Alpino e Speleologico – CNSAS

“In einer Stunde kommen wir rund 50 Meter voran”, berichtet einer der Höhlenretter, zu denen auch drei Einsatzkräfte der Südtiroler Berg- und Höhlenrettung im CNSAS, Roland Wenter, Renato Tessari und Florian Weihrauter gehören.

Facebook/Corpo Nazionale Soccorso Alpino e Speleologico – CNSAS

Hinter den “Bahnbrechern” arbeitete sich das Team, das Ottavia Piana medizinisch betreut eund ihre Bahre trug, durch die engen Gänge des Höhlensystems voran. Obwohl sie Brüche an beiden Fußknöcheln, den mutmaßlichen Bruch einer Rippe sowie Gesichtsfrakturen aufwies, gebe ihre medizinische Gesamtverfassung Anlass zur Hoffnung, so der Arzt, der Ottavia Pianas Rettung begleitete.

Facebook/Soccorso Alpino e Speleologico Emilia Romagna – CNSAS

Die Teams, die in der Höhle mit der medizinischen Versorgung der Verletzten und dem Transport der Bahre beschäftigt waren, zählten rund 20 Höhlenretter. Weitere 70 Personen verschiedener Rettungskräfte waren am Eingang der Höhle im Einsatz. Hinzu kamen weitere Einsatzkräfte, die mit organisatorischen Aufgaben betraut sind. “Sie ist stark und macht auch uns Mut”, sagte Stefano Mancardi vom Bergrettungsdienst von Cuneo lächelnd, der zum Rettungsteam in der Höhle gehörte.

“Ihr Gesundheitszustand ist stationär, ihre Stimmung gut und wir kommen ausreichend schnell voran”, bestätigte Corrado Camerini, der bei der Berg- und Höhlenrettung der Lombardei als Arzt tätig ist. Das medizinische Team hielt an geeigneten Orten in der Höhle inne, um ein kleines Zelt aufzustellen. Um ihren Gesundheitszustand zu überprüfen, wurde während dieser Pausen die wärmende Verpackung geöffnet, in die die Verletzte eingewickelt war.

Facebook/Soccorso Alpino e Speleologico Veneto – CNSAS

Der schwierige Rettungseinsatz war jedoch von Hasskommentaren im Netz überschattet. Einige bemerken süffisant, dass eine Frau von einer Hundertschaft Männern gerettet werde, die Männer also doch noch zu etwas gut seien. Einige Hater hingegen ließen sich im Netz sogar zu Sätzen wie “Lasst sie dort unten” hinreißen.

Facebook/NarrAzioni Differenti

Die Hasskommentare veranlassten den Präsidenten der italienischen Gesellschaft für Höhlenforschung, Sergio Orsini, das Wort zu ergreifen, um die Bedeutung der Forschungsarbeit hervorzuheben, die Piana und ihre Höhlenforschungsgruppe im Abisso Bueno Fonteno durchführen. “Diese Erkundungen sind nicht nur ein sportliches Unterfangen, sondern stellen einen grundlegenden Beitrag zur Kartierung des Untergrunds und zur Untersuchung lebenswichtiger Ressourcen wie jene des Wassers, das wir trinken, dar”, verteidigt Sergio Orsini die Arbeit der Höhlengruppe des CAI von Lovere, zu der als einzige Frau auch Ottavia Piana gehört.

Facebook/NarrAzioni Differenti

Die Hater im Netz werden diese Worte aus dem Mund eines Experten mit langjähriger Erfahrung jedoch kaum berühren, aber die Retter und jene, die sich über die fast schon unverhoffte Rettung der jungen Höhlenforscherin freuen, wissen, dass sie das Herz auf dem rechten Fleck haben und auf der richtigen Seite stehen.

Lo speleologo Francesco Sauro: "Siamo gli ultimi geografi"Al Tg3 Francesco Sauro, speleologo celebre in Italia e all'estero, incluso da Time nella lista dei dieci millennials in grado di cambiare il mondo: "Ottavia tieni duro, non ti abbattere e non lasciarti demoralizzare".Francesca Malaguti per il Tg3 delle 19 del 17 dicembre 2024

Posted by Tg3 on Tuesday, December 17, 2024

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