Ciro Caliendo des Mordes und versuchten Mordes verdächtigt – VIDEO

“Hat der mutmaßliche Bombenbauer auch seine Ehefrau umgebracht?”

Dienstag, 22. Oktober 2024 | 08:06 Uhr

Von: ka

Bacoli/San Severo – Die italienische Justiz beschäftigt der vielleicht spannendste Kriminalfall des Jahres. Die Ermittlungen, die nach einem vor eineinhalb Jahren verübten Mordversuch eingeleitet worden waren, führten die Ermittler nicht nur zur mutmaßlichen Auftraggeberin der Tat – die Ex-Frau des Opfers – und dem Attentäter, sondern auch zu jenem Mann, der die Bombe gebaut haben könnte. Überraschenderweise handelt es sich bei ihm um denselben Mann, den 46-jährigen Ciro Caliendo, der beschuldigt wird, seine Frau ermordet und ihren grausamen Tod als Unfall inszeniert zu haben. Auffällig ist, dass bei beiden Fällen ein Brand ausbrach.

Am 21. März 2023 zerriss ein lauter Knall die Ruhe eines Wohnviertels in Bacoli bei Neapel. Wenige Momente nach der Explosion ging ein Pkw des Typs Lancia Delta in Flammen auf. Der Lenker des Fahrzeugs, der Offizier der italienischen Finanzwache Gabriele Agostini, der gerade in seine Hauseinfahrt einbiegen wollte, blieb wie durch ein Wunder fast unverletzt. Bevor die Flammen sein Auto verschlangen, gelang es ihm, sich durch das Seitenfenster ins Freie zu retten. Von Anfang an bestanden kaum Zweifel, dass es sich um einen feigen Mordanschlag handelte.

Carabinieri Napoli

Intensive Ermittlungen brachten die Carabinieri bald auf die richtige Spur. Die Auswertung der Aufzeichnungen von vier Überwachungskameras ergaben, dass sich ein Mann, der 50-jährige Franco Pierno aus San Severo in Apulien, zum Zeitpunkt des Bombenanschlags in der Nähe des Tatorts befunden hatte. Zudem konnten die Carabinieri nachweisen, dass Franco Pierno in einem nur 400 Meter vom Attentatsort entfernten Hotel die Nacht vom 20. auf den 21. März verbracht hatte.

Carabinieri Napoli

Franco Pierno führte die Ermittler auch zur mutmaßlichen Auftraggeberin des Mordes, der Ex-Frau des Opfers, Viviana Pagliarone. Kaum zwei Wochen nach der Tat, am 6. April 2023, traf sich Pierno mit der 38-jährigen Rechtsanwältin aus San Vito Chietino in der Provinz Chieti in den Abruzzen. Das mehrere Stunden dauernde Treffen wurde von den Carabinieribeamten per Video dokumentiert.

Die 38-jährige Rechtsanwältin und der Offizier der italienischen Finanzwache, die einander angezeigt hatten, trugen um das Sorgerecht des gemeinsamen dreijährigen Sohns einen harten Gerichtsstreit aus. Viviana Pagliarone besaß daher ein starkes Tatmotiv. Um den Buben zu behalten, habe sie den Anschuldigungen zufolge vor nichts zurückgeschreckt, ihren Ex-Mann ein für alle Mal loszuwerden.

Eine weitere Wende erfuhr der Fall, als der mutmaßliche Bombenbauer von Bacoli, der 46-jährige Ciro Caliendo, festgenommen wurde. Der 46-jährige Inhaber einer Kellerei wird beschuldigt, die für den Mordanschlag bestimmte Bombe gebaut zu haben. Laut den von den Ermittlungsbehörden eingeschalteten Sprengstoffentschärfern habe Franco Pierno die mutmaßlich von Ciro Caliendo angefertigte Bombe direkt neben dem Treibstofftank des Lancia Delta platziert und über eine Fernbedienung, die ebenfalls vom 46-Jährigen zur Verfügung gestellt worden sei, zur Explosion gebracht. Auffällig ist, dass beide aus San Severo in Apulien stammen.

ANSA/Franco Cautillo

Ciro Caliendo ist jedoch in einen weiteren Fall verwickelt. Die Ermittlungsbehörden hegen den Verdacht, dass sich der 46-Jährige mittels eines fingierten Autounfalls seiner Frau, der 47-jährigen Lucia Salcone, entledigt hat. Einer ersten Rekonstruktion zufolge kam Lucia Salcone am Abend des 27. September auf einer Landstraße bei San Severo ums Leben, nachdem der Fiat 500L, in dem sie und ihr Mann Ciro Caliendo saßen, gegen einen Olivenbaum geprallt war und kurz darauf Feuer gefangen hatte. Während Ciro Caliendo fast unverletzt den Kleinwagen verlassen konnte, starb die 47-Jährige hilflos in den Flammen.

Facebook/Ciro Caliendo

Laut den Ermittlern weist der angebliche tragische Unfalltod der Frau eine ganze Reihe von Merkwürdigkeiten auf. Es scheint, dass der Aufprall des Kleinwagens gegen den Baum bei einer Geschwindigkeit von nur 30 Kilometern pro Stunde erfolgt sei. Die Karosserie des Fiat 500L sei beim Aufprall gegen den Baum kaum beschädigt worden, was auch die Auslösung der beiden Airbags verhindert habe.

Die große Unbekannte ist jedoch, wie der Fahrzeugbrand zustande kam. Den Ermittlern ist es ein Rätsel, wie der mit Diesel betriebene Kleinwagen nach dem Aufprall in Brand geraten konnte. Derzeit sind die Sachverständigen und die Beamten der wissenschaftlichen Abteilung der Polizei in Rom damit beschäftigt, die Kraftstoffspuren zu analysieren, die bei der minutiösen Untersuchung des ausgebrannten Wracks sichergestellt wurden. Sollte es sich bei den Spuren um Benzin oder eine andere brennbare Flüssigkeit handeln, könnte sich der Verdacht erhärten, dass der Tod von Lucia Salcone kein tragischer Unfall war. Vom Ergebnis der Autopsie der verbrannten Leiche und den damit einhergehenden toxikologischen Untersuchungen erhoffen sich die Ermittler weitere Erkenntnisse.

Facebook/Lucia Salcone

Der begründete Verdacht, dass der 46-jährige Kellereiinhaber der Bombenbauer des missglückten Mordanschlags auf den Offizier der italienischen Finanzwache ist, wirft auf Ciro Caliendo einen dunklen Schatten. Ciro Caliendo ist das Bindeglied zwischen beiden Fällen.

Es ist auffällig, dass sowohl beim Mordanschlag in Bacoli als auch beim angeblichen Autounfall mit Todesfolge ein Feuer ausbrach. Sollten sich die von der Staatsanwaltschaft von Neapel und jener von Foggia, die im Todesfall Lucia Salcone ermittelt, erhobenen Vorwürfe erhärten, könnte es für Ciro Caliendo knüppeldick kommen. “Hat der mutmaßliche Bombenbauer auch seine Ehefrau umgebracht?”, ist die große Frage, die nicht nur die Ermittler in Foggia und Neapel umtreibt.

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