Wilde Verschwörungstheorien ziehen weite Kreise – VIDEO

Hat Melonis Beziehungsaus politische Hintergründe?

Sonntag, 22. Oktober 2023 | 08:14 Uhr

Von: ka

Rom – Nach der öffentlichen Bekanntgabe ihrer Trennung von ihrem langjährigen Lebensgefährten, dem Journalisten Andrea Giambruno, ziehen in der italienischen Öffentlichkeit wilde Verschwörungstheorien weite Kreise.

Andrea Giambruno hatte bereits in den letzten Monaten immer wieder für negative Schlagzeilen gesorgt, aber aus Sicht der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni brachten die letzten, von der Satiresendung Striscia la notizia dokumentierten Enthüllungen das Fass endgültig zum Überlaufen. Sexistische Ausfälle sowie ein eindeutig sexuelles Angebot, das er an eine Kollegin gerichtet hatte, veranlassten Giorgia Meloni dazu, endgültig die Reißleine zu ziehen.

ANSA/Filippo Attili – Uff stampa Palazzo Chigi

Da Giorgia Meloni amtierende Ministerpräsidentin Italiens ist und die Satiresendung Striscia la notizia zum TV-Imperium des verstorbenen Politikers und Unternehmers Silvio Berlusconi gehört, dessen Partei Teil der Koalition der römischen Regierung ist, hat Melonis Beziehungsaus auch eine politische Dimension.

Es verwundert daher nicht, dass nach der Bekanntgabe des Endes der Beziehung wilde Verschwörungstheorien ins Kraut schossen. Dabei sorgt insbesondere der letzte Satz von Giorgia Meloni für Diskussionen. „All jene, die gehofft haben, mich zu schwächen, indem sie mich in meinem eigenen Haus treffen, sollten wissen, dass so sehr ein Tropfen auch hoffen mag, den Stein aushöhlen zu können, der Stein Stein bleibt und der Tropfen nur Wasser ist“, so Giorgia Meloni auf ihrer Facebook-Seite. Handelt es sich um eine Warnung an ihre politischen Gegner, die mit ihr in der gleichen Koalition sitzen?

La mia relazione con Andrea Giambruno, durata quasi dieci anni, finisce qui. Lo ringrazio per gli anni splendidi che…

Posted by Giorgia Meloni on Thursday, October 19, 2023

Nach der öffentlichen Bekanntgabe der Trennung zwischen Giorgia Meloni und Andrea Giambruno wird in Italien heftig über die politischen Hintergründe der zerbrochenen Beziehung der amtierenden Ministerpräsidentin mit dem Journalisten debattiert. Was meint Giorgia Meloni mit dem Postskriptum, das sich gegen diejenigen richtet, die sie schwächen wollen, indem sie sie „in ihrem eigenen Haus“ treffen? Seit den Enthüllungen um Andrea Giambruno und seiner „öffentlichen Kündigung als First Gentleman“ durch Giorgia Meloni blicken Politik und Presse auf der Suche nach möglichen Verschwörungen hinter die Kulissen.

Eine davon besagt, dass die Berlusconi-Familie Andrea Giambrunos peinliche und sexistische Ausfälle genutzt habe, um der Regierung eine Ohrfeige zu verpassen und Italiens erste Regierungschefin zu schwächen. Hintergrund dieser Interpretation ist, dass die Familie Berlusconi mit einigen Gesetzesvorlagen der römischen Regierung, die nicht im Interesse von Forza Italia und Mediaset lägen, nicht einverstanden sei und dass es sich bei den Enthüllungen um einen „Wink mit dem Zaunpfahl“ gehandelt habe.

Facebook/Giorgia Meloni

Diese Verschwörungstheorie wird von Antonio Tajani, der mit Giorgia Meloni unter vier Augen darüber sprach, und auch von der Familie Berlusconi heftig bestritten. Wie die römische Tageszeitung La Repubblica schreibt, habe der Chef von Mediaset und Anteilseigner von Fininvest, Pier Silvio Berlusconi, Giorgia Meloni vielmehr bereits vor einem Monat über die Existenz der heimlich aufgenommenen Gespräche von Giambruno bei der Arbeit in der Redaktion seiner Talkshow Diario del giorno informiert.

Mediaset-Insider halten es zudem für undenkbar, dass Enthüllungen dieser politischen Tragweite ohne die persönliche Genehmigung von Pier Silvio Berlusconi ausgestrahlt werden könnten. Bei einem Treffen in Rom zwischen Pier Silvio Berlusconi und Giorgia Meloni, so La Repubblica, bei dem es auch um die Anliegen der Familie Berlusconi gegangen sei, habe der Chef von Mediaset die Ministerpräsidentin über die peinlichen und sexuellen Ausfälle ihres Lebenspartners in Kenntnis gesetzt.

Da es scheint, dass ein Teil der peinlichen Enthüllungen, die von der Satiresendung Striscia la notizia veröffentlicht wurden, bis in den vergangenen Juni zurückreichen, halten politische Beobachter diese Darstellung durchaus für plausibel.

Dadurch, dass ihr Lebensgefährte Andrea Giambruno wegen seiner Äußerungen über Vergewaltigungen, für die er des „Victim Blaming” beschuldigt worden war, und seiner Kritik an dem deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach, dem er geraten hatte, „zu Hause im Schwarzwald zu bleiben“, bereits mehrfach negativ aufgefallen war, wusste Giorgia, dass ihre Beziehung mit dem Journalisten zu einer tickenden Zeitbombe geworden war.

APA/APA/AFP/JOHN MACDOUGALL

Über das Verhalten ihres Lebensgefährten gewarnt, habe die Ministerpräsidentin erkannt, dass ihr Lebensgefährte und Vater ihrer Tochter für sie nicht nur zu einer persönlichen Belastung, sondern auch eine Gefahr für ihr politisches Ansehen und ihr internationales Ansehen als Ministerpräsidentin eines großen europäischen Landes geworden war. Da neue Ausrutscher und Enthüllungen drohten, habe Giorgia Meloni beschlossen, die Reißleine zu ziehen.

APA/APA/AFP/JOHANNA GERON

Was Andrea Giambruno anbelangt, so politische Beobachter, sei dies ab nun eine interne Angelegenheit von Mediaset. Der Journalist, der nach den peinlichen und sexistischen Enthüllungen von seiner journalistischen Arbeit in seiner Sendung vorläufig suspendiert wurde, droht die Entlassung. Der Fall von Andrea Giambruno vom „First Gentleman“ und erfolgreichen TV-Journalisten ins Nichts scheint aus heutiger Sicht als fast sicher.

Instagram/Striscia la notizia

Giorgia Meloni hingegen, die privat weniger konservativ als in der Politik ist, dürfte die Trennung von ihrem Lebenspartner schadlos überstehen. Nach der öffentlichen Bekanntgabe des Endes der Beziehung erhielt sie auch von Frauen, die eigentlich ihre politischen Gegnerinnen sind, sehr viele Solidaritätsbekundungen. „Meloni wird eines Tages entdecken, dass ich ihr einen Gefallen getan habe“, so der vielsagende Kommentar des Striscia la notizia-Drehbuchautors Antonio Ricci.